Die Unternehmen haben ihre statutarischen Einzelabschlüsse auf das neue Rechnungslegungsrecht umgestellt. Die Umsetzung der neuen Bestimmungen macht deutlich, dass nicht nur die Gruppenbewertung für Beteiligungen wegfällt, sondern auch mit weiteren Fallstricken zu rechnen ist.
Die Übergangsfrist ist per 31. Dezember 2014 abgelaufen. Deshalb haben die meisten Gesellschaften ihre statutarischen Einzelabschlüsse des Geschäftsjahrs 2015 auf das neue Rechnungslegungsrecht umgestellt. Einige Knackpunkte wurden bereits im Vorfeld erwartet, andere liessen sich kaum vorwegnehmen. Nachfolgend gehen wir auf drei Kernprobleme ein, die allerdings keine abschliessende Liste darstellen.
Einzelbewertung
Unter dem alten Recht hatte sich die Verrechnung von Mehr- und Minderwerten artgleicher Vermögensgegenstände innerhalb der gleichen Bilanzposition etabliert. So mussten Bewertungsverluste auf einzelnen Beteiligungen oder Liegenschaften nur dann erfolgswirksam gebucht werden, wenn diese nicht durch entsprechende (nicht gebuchte) Mehrwerte auf artgleichen Vermögensgegenständen kompensiert werden konnten. Eine Gruppenbewertung war also auch unter dem alten Recht nur dann sinnvoll, wenn für die jeweilige Bilanzposition überhaupt Mehrwerte möglich waren; so etwa für Beteiligungen oder Liegenschaften, bei denen die Differenz zwischen den Anschaffungskosten und dem Marktwert einen Mehrwert ergeben konnte. Der Maximalbetrag für Darlehen und eigenkapitalähnliche Darlehen hingegen entspricht dem Nominalwert. Auf dieser Bilanzposition lassen sich demnach keine Mehrwerte generieren. Also ist eine Gruppenbewertung der Darlehen de facto gar nicht möglich. Über verschiedene Bilanzpositionen hinweg war eine solche auch unter den alten Bestimmungen nicht zulässig.
Der Wegfall der Gruppenbewertung für Beteiligungen und Liegenschaften galt vorgängig als Hauptänderung des neuen Rechnungslegungsrechts. Diese Debatte wurde im Vorfeld hitzig geführt. Zwar hat sich in der Praxis mit der Umstellung bei einzelnen Unternehmen ein schmerzhafter Wertberichtigungsbedarf ergeben, die breite Masse war jedoch nicht betroffen. Dies mag zum einen an der grosszügigen Übergangsfrist gelegen haben. Diese hat ausreichend Zeit eingeräumt, um entsprechende Sanierungs- oder Reorganisationsmassnahmen vorzunehmen. Zum anderen fordern die neuen Bestimmungen nicht absolut die Einzelbewertung, sondern stellen die Frage nach der korrekten Bewertungseinheit. Sofern Vermögensgegenstände aufgrund ihrer Gleichartigkeit für die Bewertung üblicherweise zusammengefasst werden, gilt dies auch unter den neuen Bestimmungen als sachgerechte Bewertungseinheit. Zentral dabei ist jedoch, dass die Erfordernisse in Bezug auf Gleichartigkeit und wirtschaftliche Einheit erfüllt sind. Eine transparente Offenlegung wird zudem als zwingend erachtet.
Gewinnverwendung bei Abschlüssen in Fremdwährungen
Nach dem neuen Rechnungslegungsrecht darf ein Unternehmen seine Jahresrechnung in der funktionalen (Fremd-)Währung präsentieren. Allerdings muss es in diesem Fall zusätzlich die Werte in Schweizer Franken (CHF) und die verwendeten Umrechnungskurse aufführen. Die Überarbeitung des Buchführungs- und Rechnungslegungsrechts erfolgte losgelöst von derjenigen des Gesellschaftsrechts. Daher kann das nominelle Aktienkapital einer Schweizer Aktiengesellschaft ausschliesslich in CHF notieren. Somit sind alle für den Gläubigerschutz relevanten Schwellenwerte, die sich auf das nominelle Aktienkapital beziehen, ebenfalls in CHF zu ermitteln.
Dies ist für jene Schwellenwerte, die sich am Bilanzstichtag ausrichten, relativ einfach auf Basis der ohnehin offenzulegenden Zusatzangaben in CHF möglich. Kritischer hingegen ist die Ermittlung des frei verwendbaren Eigenkapitals in CHF im Rahmen der Gewinnverwendung. Hier stellt sich die Frage, auf welchen Zeitpunkt und damit zu welchem Umrechnungskurs das frei verfügbare Eigenkapital in CHF zu ermitteln ist. Zur Auswahl stehen:
- der Bilanzstichtag
- das Datum des Berichts der Revisionsstelle
- das Datum der Generalversammlung, die eine Dividendenausschüttung beschliesst
Das folgende Beispiel legt die Problematik dar. Es zeigt das Eigenkapital der Gesellschaft A per Bilanzstichtag in ihrer Darstellungswährung USD und zusätzlich in CHF:
USD | Kurs USD/CHF | CHF | |
Aktienkapital | 400 | 0.800 | 320 |
Gesetzliche Kapitalreserven | 200 | 0.800 | 160 |
Bilanzgewinn | 20 | 0.800 | 18 |
Umrechnungsdifferenz | -16 | ||
Jahresgewinn | 120 | 108 | |
Total Eigenkapital | 740 | 590 | |
Frei verwendbares EK per Bilanzstichtag | 140 | 110 | |
Vorgeschlagene Dividendenausschüttung | USD | Kurs USD/CHF | CHF |
Am Bilanzstichtag | 120 | 0.900 | 108 |
Am Datum des Revisionsberichts | 120 | 0.950 | 114 |
Am Datum der GV | 120 | 0.975 | 117 |
Ist eine Dividendenausschüttung geplant, so muss das Unternehmen am Bilanzstichtag über ausreichend frei verfügbares Eigenkapital verfügen (in Fremdwährung und in CHF). Gesellschaft A in Abbildung 1 weist per Bilanzstichtag ein frei verfügbares Eigenkapital von USD 140 (Bilanzgewinn zuzüglich Jahresgewinn) bzw. CHF 110 (Bilanzgewinn abzüglich Umrechnungsdifferenz und zuzüglich Jahresgewinn) auf; eine geplante Dividendenausschüttung von USD 120 erscheint als unproblematisch.
Allerdings ist auch die Kursentwicklung zu berücksichtigen. Die geplante Dividendenausschüttung von USD 120 beträgt per Datum des Revisionsberichts CHF 114 und am Tag der Generalversammlung bereits CHF 117 – sofern sich die Kurse weiter aufwärts bewegen. In beiden Fällen wird das am Bilanzstichtag frei verfügbare Eigenkapital von CHF 110 überschritten. Da weder der Verwaltungsrat noch die Revisionsstelle bei der Prüfung die Kursentwicklung für das Datum der Generalversammlung voraussehen können, empfiehlt sich der folgende Ansatz:
Der Gewinnverwendungsantrag des Verwaltungsrats lautet auf USD 120 und wird um einen Maximalwert in CHF ergänzt:
Gewinnverwendungsvorschlag | USD | CHF |
Ausschüttbar | 140 | 110 |
Vorgeschlagene Dividende | -120 | |
Vortrag auf neue Rechnung | 20 |
Gemäss Abbildung 2 würde der Gewinnverwendungsvorschlag unseres Beispiels zu einer Dividende von CHF 110 oder USD 112.82 führen (CHF 110 dividiert durch den Umrechnungskurs von 0.975).
Ausweis eigener Beteiligungsrechte unter Einbezug von Kapitaleinlagereserven
Die Mindestgliederungsvorschriften des neuen Rechnungslegungsrechts sehen den Ausweis der eigenen Kapitalanteile als separate Minusposition am Schluss des Eigenkapitals vor. Gemäss Kreisschreiben 29a der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) bewirkt jedoch nur der Ausweis der eigenen Beteiligungsrechte als Minusposten unter den gesetzlichen Kapitaleinlagereserven, dass sich Einkommens- oder Verrechnungssteuerfolgen z.B. bei der Vernichtung von Anteilen vermeiden lassen. Es fragt sich also, ob es eine Ausweismöglichkeit für eigene Beteiligungsrechte gibt, die sowohl den handelsrechtlichen als auch den steuerlichen Bestimmungen gerecht wird.
Die ESTV (Eidgenössische Steuerverwaltung) und die Kommission für Rechnungslegung von EXPERTsuisse haben sich auf einen Kompromiss geeinigt. Dieser sieht vor, dass die eigenen Kapitalanteile separat am Schluss des Eigenkapitals als Minusposition aufgeführt werden. Dabei muss das Unternehmen gleichzeitig jenen Anteil nennen, den es aus Reserven aus Kapitaleinlagen gebildet hat.
Aktienkapital | 20 | |
Gesetzliche Kapitalreserven | ||
Reserve aus Kapitaleinlagen | 40 | |
Übrige Kapitaleinlagen | 160 | 200 |
Gesetzliche Gewinnreserven | 30 | |
Freiwillige Gewinnreserven / kum. Verluste | 50 | |
Eigene Kapitalanteile | ||
Gegen Reserven aus Kapitaleinlagen | -40 | |
Übrige | -10 | -50 |
Total Eigenkapital | 250 | |
Quelle: Kreisschreiben Nr. 29a datiert 9. September 2015 der Eidgenössischen Steuerverwaltung ESTV |