Dass chinesische Geldgeber ein Jahrhundertprojekt wie BRI nicht allein stemmen können, ist der chinesischen Regierung bewusst und war auch ein Beweggrund, die Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB) zu gründen. Anlässlich des Weltwirtschaftsforums in Davos setzten sich daher viele chinesische Akteure mit der Finanzierung von BRI-Projekten auseinander. Chinesische Regierungsdelegationen diskutierten mit anderen Regierungsdelegationen, wie das in Europa verfügbare Kapital eingesetzt werden kann, welche Bedingungen erfüllt werden müssen, um hiesige institutionelle Investoren zu gewinnen, und wie bereit die chinesischen Unternehmen sind, diese Bedingungen zu erfüllen. Ein konkretes Ergebnis war die Gründung des Global Fund of Funds Summit durch die China Fund of Funds Alliance, zu deren Aufgaben die Finanzierung von BRI-Projekten gehört.
Unternehmen wie ABB, Siemens oder Schindler sind weltweit in Hunderte von Projekten eingebunden. Die Power Construction Cooperation of China engagiert sich nach eigenen Aussagen in 1.500 BRI Projekten. Einige davon, wie das Solarkraftwerk Noor in Marokko, sind bereits realisiert, andere, wie das Expressway-Projekt in Polen, befinden sich erst in der Planung. Weltweit führend in der Realisierung von BRI-Projekten sind mächtige chinesische Anbieter von Engineering, Procurement und Constructing (EPC). Sie stossen jedoch an ihre Grenzen. Lehren aus bereits realisierten Projekten, aber auch die Erwartungshaltung der externen Stakeholder veranlassen China, nun auf internationale Finanzgeber zuzugehen.
In Sachen Transparenz werden die BRI-Projekte der chinesischen EPCs Anforderungen erfüllen müssen, die europäische Finanzunternehmen bei der Prüfung von Finanzierungen voraussetzen.
Einheitliche Messkriterien wie die „List of PPP Standards“ der UNECE oder andere in der Finanzindustrie gängige Kriterien sollen vereinbart, eingeführt und eingehalten werden. Dazu gehört auch die Finanzierung von Projekten unabhängig vom Ersteller. Politische Akteure und Medien haben die Anwendung von Standards bereits in der Vergangenheit gefordert; Chinakenner haben in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass Fortschritte in diesem Bereich idealerweise durch wirtschaftliche Zusammenarbeit erreicht werden können. Dieser Zeitpunkt scheint nun gekommen zu sein.
Zudem haben chinesische Unternehmen lernen müssen, dass Projektrisiken in die Gesamtkosten einzurechnen sind. Das bietet europäischen Finanzunternehmen die Chance, sich einzubringen. Das Wissen, wie Länder- und Währungsrisiken erkannt, berechnet und vermieden und wie gesamtwirtschaftliche Projektionen erstellt werden, ist nicht durchgängig vorhanden. Europäische Fachleute können nicht nur Wissen vermitteln, sondern auch ein nachhaltiges Beurteilungssystem einführen und seine einheitliche Anwendung unterstützen.
Ein solches System umfasst nicht nur die technische Umsetzung von Kriterien, sondern muss in eine entsprechende Führungs-, Entscheidungs- und Kommunikationskultur eingebettet werden.
Europäische Unternehmen wenden erhebliche Mittel auf, um eine solche Kultur auf allen Managementstufen zu erreichen. Das kann chinesischen Unternehmen als Beispiel dienen. Zu berücksichtigen sind jedoch auch kulturelle Herausforderungen, denn der europäische Ansatz kann nicht eins zu eins auf China übertragen werden.
Beim Management von Projektrisiken müssen chinesische Unternehmen noch viel lernen
An der Gewinnung und Ausbildung von Talenten sind Unternehmen aus dem Fernen Osten ebenso interessiert wie an den finanziellen Mitteln. Jetzt müssen die entsprechend qualifizierten Arbeitskräfte nur noch überzeugt werden, für chinesische Unternehmen zu arbeiten. Chinesische Unternehmen müssen lernen, was ein europäisches Talent motiviert, seine Arbeitskraft einem chinesischen Arbeitgeber langfristig zur Verfügung zu stellen.
Eine solche Zusammenarbeit von chinesischen und europäischen Unternehmen ist eine grosse Chance für hiesige kleine und mittelgrosse Unternehmen (KMU). Über deren Netz von Beziehungen zur Finanzindustrie können sie Kontakte zu chinesischen Unternehmen knüpfen und ihr technisches Wissen in BRI-Projekte einbringen. Das Projekt, die verschiedenen Wirtschaftsakteure zu verknüpfen, steckt noch in den Kinderschuhen, wird jedoch die zum grossen Teil von KMUs getragene europäische Wirtschaft langfristig stärken.
Bei PwC arbeiten viele Spezialisten, die sich mit der Finanzierung von umfangreichen Projekten auskennen. Das Unternehmen berät zurzeit bei mehreren Hundert BRI-Projekten.
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