Alle Änderungen treten am 1. Januar 2022 in Kraft.
Die veröffentlichten Änderungen beinhalten Folgendes:
IAS 16 verlangt, dass die Anschaffungs- oder Herstellungskosten einer Sachanlage alle direkt zurechenbaren Kosten einschliessen, die anfallen, um einen Vermögenswert zu seinem Standort und in den erforderlichen, vom Management beabsichtigten, betriebsbereiten Zustand zu bringen. Ein Beispiel für diese direkt zurechenbaren Kosten sind Kosten für Testläufe, mit denen überprüft wird, ob der Vermögenswert ordnungsgemäss funktioniert.
Die nun veröffentlichte Änderung von IAS 16 untersagt es einem Unternehmen, von den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten einer Sachanlage Erlöse abzuziehen, die es aus dem Verkauf von Gegenständen erzielt, die während der Zeit, in welcher der Vermögenswert zu seinem Standort und in den betriebsbereiten Zustand gebracht wurde, hergestellt wurden (wie z. B. Erlöse aus dem Verkauf von auf einer Testanlage gefertigten Mustern). Der Erlös aus dem Verkauf solcher Muster ist künftig zusammen mit den Kosten für deren Herstellung direkt erfolgswirksam im Gewinn oder Verlust zu erfassen. Zur Bewertung der Herstellungskosten dieser Muster ist IAS 2 "Vorräte“ anzuwenden, wobei Abschreibungen der Sachanlage, mit der die Muster gefertigt wurden, nicht mit einzubeziehen sind, da diese noch nicht für ihren beabsichtigten Gebrauch bereit ist.
Die Änderung stellt auch klar, was unter „Kosten für Testläufe“ zu verstehen ist. Hierunter fallen Kosten zur Feststellung, ob der Vermögenswert technisch und physisch in der Lage ist, seinen bestimmungsgemässen Gebrauch durchzuführen. Das Erreichen einer bestimmten finanziellen Leistungsfähigkeit (z. B. eine vom Management angestrebte operative Gewinnmarge) ist hingegen für die Beurteilung irrelevant. Ein Vermögenswert kann daher bereits als „betriebsbereit“ gelten und mit der Abschreibung begonnen werden, bevor er das vom Management erwartete Niveau der Betriebsleistung erreicht hat.
Die Änderung verlangt, dass Unternehmen Erlöse und Kosten im Zusammenhang mit produzierten Gegenständen, die nicht aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit des Unternehmens stammen, getrennt ausweisen und den Posten der Gesamtergebnisrechnung angeben, in dem diese Erlöse erfasst werden.
Die Änderung kann erhebliche Auswirkungen auf Unternehmen haben, die bereits während des Zeitraums, in welchem eine Sachanlage zu ihrem Standort und in ihren erforderlichen, vom Management beabsichtigten, betriebsbereiten Zustand gebracht wird, Güter herstellen und verkaufen sowie auf Unternehmen, die bislang bei der Beurteilung, ob eine Sachanlage betriebsbereit ist, das Erreichen einer bestimmten finanziellen Leistungsfähigkeit mit einbezogen haben (z. B. Bergbauindustrie).
Möglicherweise müssen neue Prozesse eingeführt werden, um die Kosten der verkauften Artikel zu bestimmen und Sachanlagen früher als bisher als betriebsbereit zu bilanzieren und demnach abzuschreiben.
lAS 37 definiert einen belastenden Vertrag als einen Vertrag, bei dem die unvermeidbaren Kosten zur Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen höher sind als der erwartete wirtschaftliche Nutzen des Unternehmens aus dem Vertrag. Unvermeidbare Kosten sind dabei der niedrigere Betrag aus den Erfüllungskosten und etwaigen aus der Nichterfüllung resultierenden Entschädigungszahlungen oder Strafgeldern. Die Änderung stellt die Bedeutung von "Kosten der Vertragserfüllung" klar.
Die Änderung stellt klar, dass zu den Erfüllungskosten eines Vertrags alle direkt dem Vertrag zurechenbaren Kosten gehören. Diese umfassen:
Zudem erfolgt eine Klarstellung, wonach sich eine etwaige vorrangige Wertminderung auf die zur Vertragserfüllung eingesetzten (bisher: mit dem Vertrag verbundenen) Vermögenswerte erstreckt.
Die Änderung könnte bei Unternehmen, die bislang als Vertragserfüllungskosten lediglich die zusätzlich für die Vertragserfüllung anfallenden Kosten (incremental cost) angesehen haben, dazu führen, bestehende Rückstellungen für belastende Verträge zu erhöhen oder solche ggf. erstmals zu bilden.
Mit der veröffentlichten Änderung wird der Verweis in IFRS 3 auf das Rahmenkonzept der IFRS aktualisiert, um sich auf das im Jahr 2018 aktualisierte Rahmenkonzept zu beziehen.
Darüber hinaus wird IFRS 3 um die Vorschrift ergänzt, dass ein Erwerber bei der Identifizierung von übernommenen Verpflichtungen, die in den Anwendungsbereich des IAS 37 oder IFRIC 21 fallen, die Regelungen des IAS 37 oder IFRIC 21 anstelle des Rahmenkonzepts anzuwenden hat. Ohne diese neue Ausnahme hätte ein Unternehmen bei einem Unternehmenszusammenschluss einige Verbindlichkeiten angesetzt, die gemäss IAS 37 bzw. IFRIC 21 nicht bilanziert werden dürften und daher unmittelbar nach dem Erwerb erfolgswirksam auszubuchen gewesen wären.
Des Weiteren wird IFRS 3 um ein explizites Ansatzverbot für erworbene Eventualforderungen ergänzt.
IFRS 9: Gebühren, die in den 10%-Test für die Ausbuchung von finanziellen Verbindlichkeiten einzubeziehen sind
Die Änderung von IFRS 9 befasst sich damit, welche Gebühren in den 10%-Test für die Ausbuchung finanzieller Verbindlichkeiten einzubeziehen sind. Kosten oder Gebühren können entweder an den Gläubiger einer Verbindlichkeit oder an Dritte gezahlt werden. Die Änderung stellt klar, dass nur solche Kosten und Gebühren einzubeziehen sind, die vom Unternehmen an den Gläubiger und vice versa bzw. in deren Namen gezahlt werden. An Dritte gezahlte Kosten oder Gebühren dürfen hingegen nicht in den 10%-Test einbezogen werden.
Änderung des erläuternden Beispiels Nr. 13 zu IFRS 16 „Leasingverhältnisse“
Das erläuternde Beispiel Nr. 13 zu IFRS 16 „Leasingverhältnisse“ (Illustrative Example 13) enthält ein Beispiel zur Erst- und Folgebewertung eines Nutzungsrechts und einer Leasingverbindlichkeit im Rahmen eines 10jährigen Leasingvertrags über ein Gebäudestockwerk mit Verlängerungsoption. Das Beispiel beinhaltete u. a. auch Aussagen zu Zahlungen des Leasinggebers an den Leasingnehmer zur Erstattung von Ausgaben für Mietereinbauten, die – ohne dies näher zu erläutern – nicht als Leasinganreiz i. S. d. IFRS 16.24(b) eingestuft wurden. Da dies oftmals zu Missverständnissen führte, strich der IASB nunmehr die Passagen zur Erstattungszahlung und deren Erfassung aus dem Beispiel.
IFRS 1: Tochterunternehmen als Erstanwender
IFRS 1 enthält für Tochterunternehmen, die später als ihr Mutterunternehmen ein erstmaliger Anwender der IFRS werden, das Wahlrecht, Vermögenswerte und Schulden mit den bisher im Konzernabschluss des Mutterunternehmens hierfür angesetzten Buchwerten (ohne Konsolidierungsanpassungen und Anpassungen wegen der Auswirkungen des Unternehmenszusammenschlusses) zu bewerten (Ausnahme: Investmentgesellschaften).
Die Änderung erweitert diese Vorschrift um die kumulierten Währungsumrechnungsdifferenzen des Tochterunternehmens, d. h. diese können künftig ebenfalls unverändert mit den bisher in den Konzernabschluss des Mutterunternehmens eingebrachten Werten weitergeführt werden. Die Änderung gilt auch für assoziierte Unternehmen und Gemeinschaftsunternehmen, die die entsprechende IFRS 1-Regelung in Anspruch nehmen.
IAS 41: Berücksichtigung von Steuereffekten bei der Fair-Value-Bewertung
Der IASB hat die Nichtberücksichtigung von Zahlungsströmen für Steuern im Zusammenhang mit der Bewertung biologischer Vermögenswerte zum beizulegenden Zeitwert gestrichen. Damit werden die Anforderungen des IAS 41 an die Regelungen des IFRS 13 angeglichen und mit einer Änderung des IAS 41 aus 2008 in Einklang gebracht. Demnach ist im Rahmen der Bestimmung des beizulegenden Zeitwerts nicht zwingend ein Vorsteuerzinssatz für die Diskontierung zu verwenden.
Alle Änderungen treten am 1. Januar 2022 in Kraft. Eine Übersicht über die einzelnen Übergangsbestimmungen bietet nachfolgende Tabelle:
Geänderter Standard | Übergangsbestimmungen |
IAS 16 | Rückwirkend anzuwenden, jedoch nur auf Sachanlagen und immaterielle Vermögenswerte, die am oder nach dem Zeitpunkt der frühesten Periode, die im Abschluss, in der die neue Regelung zum ersten Mal angewendet wird, dargestellt wird, an ihren Standort und in den erforderlichen vom Management beabsichtigten, betriebsbereiten Zustand gebracht werden. Der kumulierte Effekt der erstmaligen Anwendung der Änderung ist in als Anpassung der Gewinnrücklagen (oder einer anderen geeigneten Eigenkapitalkomponente) in der Eröffnungsbilanz der frühesten dargestellten Periode zu erfassen. |
IAS 37 | Anzuwenden auf Verträge, für die zu Beginn der jährlichen Berichtsperiode, in der die Änderungen erstmals angewendet werden (Datum der erstmaligen Anwendung), noch nicht alle Verpflichtungen erfüllt sind. Vergleichszahlen sind nicht anzupassen. Der kumulierte Effekt der erstmaligen Anwendung ist in der Eröffnungsbilanz zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung in den Gewinnrücklagen oder einer anderen Eigenkapitalposition zu erfassen. |
IFRS 3 | Anzuwenden auf Unternehmenszusammenschlüsse, bei denen das Erwerbsdatum am oder nach dem Beginn der ersten jährlichen Berichtsperiode liegt, die am oder nach dem 1. Januar 2022 beginnt. |
IFRS 1 | Keine besonderen Übergangsbestimmungen. |
IFRS 9 | Gilt für finanzielle Verbindlichkeiten, die zu Beginn oder nach Beginn der jährlichen Berichtsperiode, in der das Unternehmen die Änderung erstmals anwendet, modifiziert oder ausgetauscht werden. |
IFRS 16 | Keine besonderen Übergangsbestimmungen. |
IAS 41 | Gilt für Bewertungen zum beizulegenden Zeitwert am oder nach Beginn der ersten jährlichen Berichtsperiode, die am oder nach dem 1. Januar 2022 beginnt. |