Index
Die vorliegende Publikation fasst die neuen Regelungen sowie bereits zuvor vom IASB veröffentlichte Regelungen, mit verpflichtendem Anwendungszeitpunkt in Berichtsperioden, die am oder nach dem 1. Januar 2020 beginnen, zusammen. Sie richtet sich gleichermassen an Abschlussersteller, -leser und –prüfer und enthält eine tabellarische Übersicht der Regelungen nach Anwendungszeitpunkt mit Hinweis darauf, ob eine frühzeitige Anwendung der Regelungen zulässig ist.
Die Publikation gibt Ihnen einen Überblick über die Auswirkungen der Änderungen, um Ihnen dabei zu helfen, zu eruieren, inwieweit ihr Unternehmen betroffen ist und ggf. die Einführung neuer Prozesse und Systeme für die Implementierung notwendig sind.
Standard | Frühere Anwendung |
Ab 1. Januar 2020 geltende Regelung | |
Änderungen an IFRS 3 „Unternehmenszusammenschlüsse“ – Definition eines Geschäftsbetriebs | Zulässig |
Änderungen an IAS 1 „Darstellung des Abschlusses“ und IAS 8 „Rechnungslegungsmethoden, Änderungen von rechnungslegungsbezogenen Schätzungen und Fehler“ – Definition von Wesentlichkeit | Zulässig |
Änderungen an IFRS 9 „Finanzinstrumente“, IAS 39 „Finanzinstrumente: Ansatz und Bewertung“ und IFRS 7 „Finanzinstrumente: Angaben“ – Reform der Referenzzinssätze | Zulässig |
Änderungen am Rahmenkonzept zur Rechnungslegung | Zulässig |
Ab 1. Juni 2020 geltende Regelung | |
Änderungen an IFRS 16: Mietzugeständnisse im Zusammenhang mit COVID-19 | Zulässig |
Ab 1. Januar 2021 geltende Regelungen | |
Phase 2 der IBOR-Reform: Änderungen an IFRS 9, IAS 39, IFRS 7, IFRS 4 und IFRS 16 | Zulässig |
Ab 1. Januar 2022 geltende Regelung | |
IASB veröffentlicht eine Reihe kleinerer Standardänderungen an IFRS 3, IAS 16 und IAS 37 sowie Jährliche Verbesserungen der IFRS 2018-2020 | Zulässig |
Ab 1. Januar 2023 geltende Regelungen | |
Änderungen an IAS 1 „Darstellung des Abschlusses“ – Klassifizierung von Verbindlichkeiten als kurz- oder langfristig | Zulässig |
IFRS 17 „Versicherungsverträge“ | Zulässig, wenn IFRS 9 und IFRS 15 bereits angewendet werden oder zeitgleich zur Anwendung kommen |
Neue Regelung
Um als Geschäftsbetrieb zu gelten, muss ein Erwerb Ressourcen (inputs) und einen substanziellen Prozess (substantive process) umfassen, die zusammen wesentlich zu der Fähigkeit beitragen, Ergebnisse (outputs) hervorzubringen. Die neuen Regelungen bieten ein Rahmenwerk zur Beurteilung, wann ein substanzieller Prozess vorliegt. Zukünftig wird z. B. bei Start-Ups, die noch keine Umsätze erzielt haben, die Übernahme einer organisierten Belegschaft erforderlich sein, um die Definition eines Geschäftsbetriebs zu erfüllen.
Die Definition des Begriffs „Outputs“ wird enger gefasst und betrifft nur noch Waren und Dienstleistungen für Kunden, die Erzielung von Kapitalerträgen und sonstigen Erträgen; Renditen in Form von Kosteneinsparungen und sonstigem wirtschaftlichen Nutzen sind somit künftig ausgeschlossen.
Darüber hinaus ist eine Beurteilung, ob Marktteilnehmer in der Lage sind, nicht übernommene Inputs und Prozesse zu ersetzen oder die erworbenen Tätigkeiten und Vermögenswerte zu integrieren, nicht mehr notwendig.
Unternehmen dürfen optional einen sog. „concentration test“ durchführen. Dabei wird geprüft, ob sich im Wesentlichen der gesamte Fair Value der erworbenen Bruttovermögenswerte in einem Vermögenswert oder einer Gruppe gleichartiger Vermögenswerte konzentriert. Ist dies der Fall, wird gefolgert, dass kein Geschäftsbetrieb erworben wurde. Eine weitere Prüfung ist dann nicht notwendig.
Auswirkungen
Die Änderungen bezüglich der Definition eines Geschäftsbetriebs werden wahrscheinlich dazu führen, dass branchenübergreifend, insbesondere im Immobilienbereich, in der Pharmaindustrie sowie der Öl- und Gasbranche, weniger Erwerbe als Erwerb von Geschäftsbetrieben qualifizieren werden. Die Anwendung der Änderungen hat auch Auswirkungen auf die Bilanzierung von Veräusserungsgeschäften hinsichtlich der Beurteilung ob den betroffenen abgehenden Einheiten Geschäfts- oder Firmenwert zugeordnet wird oder nicht.
Unterschiede zwischen der Bilanzierung des Erwerbs von Geschäftsbetrieben und des Erwerbs von Vermögenswerten bestehen unter anderem bei der Erfassung von Geschäfts- oder Firmenwerten, der Bilanzierung und Bewertung von bedingten Gegenleistungen, der Bilanzierung von Transaktionskosten und der Bilanzierung von latenten Steuern.
Zeitpunkt des Inkrafttretens
Die Änderungen sind von EU-Unternehmen – vorbehaltlich eines noch ausstehenden Endorsements - auf Erwerbstransaktionen anzuwenden, deren Erwerbszeitpunkt am oder nach dem Beginn der ersten jährlichen Berichtsperiode liegt, die am oder nach dem 1. Januar 2020 beginnt. Eine frühere Anwendung ist zulässig.
Sachverhalt
Die Änderungen an IAS 1 „Darstellung des Abschlusses” und IAS 8 „Rechnungslegungsmethoden, Änderungen von rechnungslegungsbezogenen Schätzungen und Fehler” und entsprechende Folgeänderungen an anderen IFRS:
Die geänderte Definition lautet:
“Informationen sind wesentlich, wenn vernünftigerweise zu erwarten ist, dass ihr Weglassen, ihre falsche Darstellung oder ihre Verschleierung in Abschlüssen für allgemeine Zwecke, die Finanzinformationen über ein Berichtsunternehmen enthalten, die Entscheidungen der primären Abschlussadressaten beeinflusst.“
Die Änderungen stellen klar, dass sich der Verweis auf die Verschleierung von Informationen auf Situationen bezieht, bei denen die Auswirkungen mit dem Weglassen oder der falschen Darstellung dieser Informationen vergleichbar sind. Sie besagt ausserdem, dass ein Unternehmen Wesentlichkeit in Zusammenhang mit dem Abschluss als Ganzes zu bewerten hat.
Zusätzlich wird die Bedeutung von “primären Abschlussadressaten von Abschlüssen für allgemeine Zwecke” klargestellt, indem diese als “bestehende und potentielle Investoren, Kreditgeber und andere Gläubiger“ definiert werden, die im Hinblick auf von ihnen benötigte Finanzinformationen mehrheitlich auf die in den Abschlüssen gegebene Informationen zurückgreifen müssen.
Auswirkungen
Die Änderungen stellen die Definition von „wesentlich“ klar und vereinheitlichen diese innerhalb der IFRS. Eine wesentliche Auswirkung auf die Erstellung von Abschlüssen ist nicht zu erwarten.
Zeitpunkt des Inkrafttretens
Die Änderungen sind von Unternehmen erstmals in der ersten Berichtsperiode eines am 1. Januar 2020 oder danach beginnenden Geschäftsjahres anzuwenden. Eine frühere Anwendung ist zulässig.
Sachverhalt
Der IASB hat Änderungen an IFRS 9, IAS 39 und IFRS 7 veröffentlicht, die bestimmte Erleichterungen im Zusammenhang mit der IBOR-Reform vorsehen. Die Erleichterungen beziehen sich auf die Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen und haben zur Folge, dass die IBOR-Reform nicht generell zur Beendigung des Hedge Accountings führt. Etwaige Ineffektivitäten sind jedoch weiterhin in der Erfolgsrechnung zu erfassen. Angesichts der weiten Verbreitung von Sicherungsbeziehungen mit IBOR-basierten Verträgen, werden die Erleichterungen Unternehmen aller Branchen betreffen.
Auswirkungen
Wie im Folgenden näher erläutert, sehen die Änderungen der ersten Phase eine vorübergehende Befreiung von der Anwendung spezifischer Hedge Accounting-Anforderungen für Sicherungsbeziehungen vor, die direkt von der IBOR-Reform betroffen sind. Die Erleichterungen haben zur Folge, dass die IBOR-Reform nicht generell zur Beendigung des Hedge Accountings führen sollte. Etwaige Ineffektivitäten sind jedoch weiterhin sowohl nach IAS 39 als auch nach IFRS 9 in der Erfolgsrechnung zu erfassen. Darüber hinaus enthalten die Änderungen Bedingungen für ein Ende der Anwendbarkeit der Erleichterungen, zu denen insbesondere auch das Ende der sich aus der IBOR-Reform ergebenden Unsicherheit gehört.
„highly probable-Kriterium“
Sowohl nach IFRS 9 als auch nach IAS 39 ist es erforderlich, dass die abgesicherten zukünftigen Zahlungsströme „hochwahrscheinlich" sind. Wenn diese Cashflows von einem IBOR abhängen (beispielsweise LIBOR-basierte Zinszahlungen auf einen emittierten Schuldtitel, abgesichert über einen Zinsswap), stellt sich die Frage, ob diese Cashflows über den Zeitpunkt hinaus, an dem die Veröffentlichung des massgeblichen IBORs voraussichtlich eingestellt werden könnte, als „hochwahrscheinlich" angesehen werden können.
Die durch die Änderungen gewährte Erleichterung verlangt, dass ein Unternehmen davon ausgeht, dass sich der Zinssatz, auf dem die gesicherten Cashflows basieren, durch die Reform nicht ändert. Wenn sich die abgesicherten Cashflows infolge der IBOR-Reform ändern (z. B. wenn die abgesicherte Schuld fortan mit SONIA + X% statt mit GBP LIBOR + Y% verzinst wird), führt dies, solange die Erleichterungen anwendbar sind, nicht dazu, dass das „highly probable-Kriterium" verletzt wird.
Prospektive Beurteilungen (wirtschaftliche Beziehung und hochwirksames Sicherungsgeschäft)
Sowohl IAS 39 als auch IFRS 9 verlangen eine zukunftsgerichtete prospektive Beurteilung, um Hedge Accounting anwenden zu können. IAS 39 verlangt, dass das Sicherungsgeschäft erwartungsgemäss hochwirksam sein muss, während IFRS 9 eine wirtschaftliche Beziehung zwischen dem gesicherten Grundgeschäft und dem Sicherungsinstrument fordert.
Derzeit wird erwartet, dass die Cashflows nach dem jeweiligen IBOR- und die IBOR-Ersatzraten in etwa gleich hoch sein werden, was Ineffektivitäten minimiert. Wenn das Datum der Reform näher rückt, könnte dies jedoch nicht mehr der Fall sein. Dies könnte zu einer Ineffektivität der Sicherungsbeziehung bei der prospektiven Beurteilung führen, insbesondere wenn der Austausch des Referenzzinssatzes für das Grundgeschäft und das Sicherungsinstrument zu unterschiedlichen Zeitpunkten erwartet wird.
Gemäss den Änderungen an IFRS 9 und IAS 39 hat ein Unternehmen zu unterstellen, dass der Referenzzinssatz, auf dem die Cashflows des Grundgeschäfts, des Sicherungsinstruments oder des abgesicherten Risikos basieren, durch die IBOR-Reform nicht verändert wird.
Ausnahme vom retrospektiven Effektivitätstest nach IAS 39
Die vorstehend beschriebenen Unsicherheiten könnten sich auch auf die retrospektive Effektivitätsanforderung des IAS 39 auswirken. Insbesondere könnte die IBOR-Reform dazu führen, dass eine Sicherungsbeziehung ausserhalb der erforderlichen Bandbreite von 80-125% liegt. IAS 39 wurde daher geändert und enthält nun eine Ausnahme vom retrospektiven Effektivitätstest, so dass eine Sicherungsbeziehung während der Dauer der IBOR-bezogenen Unsicherheit nicht nur deshalb zu beenden ist, weil die retrospektive Effektivität ausserhalb der erforderlichen Bandbreite von 80-125% liegt. Die übrigen Voraussetzungen für das Hedge Accounting, einschliesslich der prospektiven Beurteilungen, müssen jedoch weiterhin erfüllt sein.
Risikokomponenten
Bei einigen Sicherungsbeziehungen ist das abgesicherte Grundgeschäft oder das abgesicherte Risiko eine nicht vertraglich spezifizierte IBOR-Risikokomponente. Ein Beispiel ist ein Fair Value Hedge einer festverzinslichen Schuld, bei dem als abgesichertes Risiko Änderungen des beizulegenden Zeitwerts der Schuld, die auf Änderungen eines IBOR zurückzuführen sind, designiert wird. Sowohl IFRS 9 als auch IAS 39 verlangen für die Anwendung des Hedge Accountings, dass die designierte Risikokomponente separat identifizierbar und zuverlässig bewertbar ist. Nach den Änderungen an IFRS 9 und IAS 39 muss die Risikokomponente nur bei der anfänglichen Designation der Sicherungsbeziehung und nicht fortlaufend separat identifizierbar sein. Im Rahmen eines Makro-Hedges, bei dem ein Unternehmen eine Sicherungsbeziehung regelmässig zurücksetzt, gilt die Erleichterung ab dem Zeitpunkt, zu dem ein gesichertes Grundgeschäft erstmals als Teil dieser Sicherungsbeziehung designiert wurde.
Angaben
Die Änderungen an IFRS 7 verlangen die Angabe des Nominalbetrags der Sicherungsinstrumente, auf die die Erleichterungen angewendet werden, aller wesentlichen Annahmen oder Beurteilungen, die bei der Anwendung der Erleichterungen getroffen wurden sowie qualitative Angaben darüber, wie sich die IBOR-Reform auf das Unternehmen auswirkt und dieses den Übergangsprozess steuert.
Zeitpunkt des Inkrafttretens
Die Änderungen sind von Unternehmen erstmals in der ersten Berichtsperiode eines am 1. Januar 2020 oder danach beginnenden Geschäftsjahres anzuwenden. Eine frühere Anwendung ist zulässig.
Sachverhalt
Der IASB hat sein Rahmenkonzept zur Rechnungslegung (conceptual framework) überarbeitet. Dies wird keine unmittelbaren Änderungen an den IFRS zur Folge haben, der IASB und das IFRS IC werden das überarbeitete Rahmenkonzept jedoch bei der Erarbeitung zukünftiger Standards zugrunde legen, weshalb es sinnvoll ist, die darin enthaltenen grundlegenden Konzepte sowie die Art und Weise, wie diese sich gegebenenfalls auf zukünftige Regelungen auswirken, zu verstehen
Bedeutung in der IFRS-Hierarchie
Das Rahmenkonzept ist kein IFRS-Standard und setzt auch keine Standardregelungen ausser Kraft: kurzfristig wird sich also nichts ändern. Das überarbeitete Rahmenkonzept wird jedoch in Zukunft bei der Entwicklung neuer Standards und Interpretationen verwendet werden; an bestehenden IFRS werden derzeit keine fachlichen Änderungen vorgenommen. Abschlusserstellern hilft das Rahmenkonzept möglicherweise auch bei der Entwicklung von Rechnungslegungsmethoden für Sachverhalte, für die es bislang noch keine IFRS-Regelungen gibt (s. IAS 8.11).
Wesentliche Änderungen
Zusammenfassung der wesentlichen Änderungen:
Im Hinblick auf die Frage der Klassifizierung von Finanzinstrumenten mit Eigen- und Fremdkapitalcharakter nahm der Board bewusst noch keine Änderungen am bislang bestehenden Rahmenkonzept vor. Dies geschah im Hinblick auf das derzeitige Agenda-Projekt des IASB zu dieser Thematik. Nach Abschluss des Projekts werden ggf. weitere Änderungen am Rahmenkonzept notwendig sein.
Zeitpunkt des Inkrafttretens
Die Änderungen sind von Unternehmen erstmals in der ersten Berichtsperiode eines am 1. Januar 2020 oder danach beginnenden Geschäftsjahres anzuwenden. Eine frühere Anwendung ist zulässig.
Sachverhalt
Am 28. Mai 2020 veröffentlichte der IASB eine Änderung des IFRS 16, die eine optionale Erleichterung für Leasingnehmer enthält, die es diesen erlaubt, auf die Beurteilung, ob ein Mietzugeständnis im Zusammenhang mit COVID-19 nach IFRS 16 eine Modifikation des Leasingverhältnisses darstellt, zu verzichten.
Zeitpunkt des Inkrafttretens
Die Änderungen treten für jährliche Berichtsperioden, die am oder nach dem 1. Juni 2020 beginnen, in Kraft. Eine frühere Anwendung ist für Abschlüsse zulässig, die zum 28. Mai 2020 noch nicht zur Veröffentlichung freigegeben waren.
Sachverhalt
Der IASB hat Änderungen an IFRS 9, IAS 39, IFRS 7, IFRS 4 und IFRS 16 veröffentlicht, die Themen adressieren, die i. Z. m. der Reform von Referenzzinssätzen (sog. IBOR-Reform) auftreten, einschliesslich des Austausches eines Referenzzinssatzes durch einen anderen Referenzzinssatz. Angesichts der weiten Verbreitung von IBOR-basierten Verträgen betreffen die Erleichterungen Unternehmen aller Branchen.
Hier finden Sie eine kurze Übersicht:
Laden Sie hier unsere In Depth-Publikation herunter (Englisch):
Zeitpunkt des Inkrafttretens
Die Änderungen sind für Geschäftsjahre anzuwenden, die am oder nach dem 1. Januar 2021 beginnen. Eine frühere Anwendung ist – vorbehaltlich eines noch zu erfolgenden Endorsements – zulässig.
Der IASB veröffentlichte am 14. Mai 2020 drei kleinere Standardänderungen an IFRS 3, IAS 16 und IAS 37 sowie jährliche Verbesserungen der IFRS-Standards 2018-2020, die IFRS 1, IFRS 9, IFRS 16 und IAS 41 betreffen.
Zeitpunkt des Inkrafttretens
Alle Änderungen treten am 1. Januar 2022 in Kraft. Eine frühere Anwendung ist zulässig.
Sachverhalt
Am 23. Januar 2020 veröffentlichte der IASB eine eng gefasste Änderung zu IAS 1, um klarzustellen, dass sich die Klassifizierung von Verbindlichkeiten als kurz- oder langfristig nach den Rechten, über die das Unternehmen am Abschlussstichtag verfügt, richtet. Gemäss der Änderung gilt Folgendes:
Auswirkungen
Die Änderung ändert die Vorschriften für die Klassifizierung von Verbindlichkeiten als kurz- oder langfristig. Sofern Unternehmen bislang die Absichten des Managements bei der Bestimmung der Klassifizierung berücksichtigt haben, können sich Auswirkungen ergeben. Dies gilt auch für einige Verbindlichkeiten, die in Eigenkapital umgewandelt werden können. Alle Unternehmen haben daher ihre bestehenden Klassifizierungen im Lichte der neuen Regelungen zu überdenken und festzustellen, ob Umgliederungen erforderlich sind.
Zeitpunkt des Inkrafttretens
Die Änderungen sind für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2023 beginnen, rückwirkend in Übereinstimmung mit IAS 8 anzuwenden. Eine frühere Anwendung ist zulässig. Sofern von der Möglichkeit einer frühzeitigen Anwendung Gebrauch gemacht wird, ist diese Tatsache anzugeben.
Sachverhalt
Am 18. Mai 2017 schloss der IASB sein langjähriges Projekt zur Entwicklung eines Rechnungslegungsstandards zur Bilanzierung von Versicherungsverträgen ab und veröffentlichte IFRS 17 “Versicherungsverträge.” IFRS 17 ersetzt IFRS 4, der gegenwärtig eine Vielzahl unterschiedlicher Bilanzierungspraktiken zulässt. IFRS 17 wird die Bilanzierung von allen Unternehmen, die Versicherungsverträge begeben und Investmentverträge mit ermessensabhängiger Überschussbeteiligung anbieten, grundsätzlich ändern.
Anwendungsbereich
IFRS 17 ist anzuwenden auf herausgegebene Versicherungsverträge, auf alle Rückversicherungsverträge und auf Investmentverträge mit ermessensabhängiger Überschussbeteiligung, wenn das Unternehmen auch Versicherungsverträge herausgibt. Bei Serviceverträgen mit fixem Entgelt (fixed-fee service contracts), deren Hauptzweck in der Erbringung eines Services besteht, haben Unternehmen ein Wahlrecht, diese nach IFRS 17 oder IFRS 15 zu bilanzieren. Entsprechend der Regelung in IFRS 4 besteht für Finanzgarantien ein Wahlrecht, diese in den Anwendungsbereich des IFRS 17 zu nehmen, wenn das Unternehmen in der Vergangenheit ausdrücklich erklärt hat, dass es derartige Verträge als Versicherungsverträge betrachtet und dies auch entsprechend bilanziert hat. Versicherungsverträge (ausser Rückversicherungsverträge), bei denen das Unternehmen Versicherungsnehmer ist, fallen nicht in den Anwendungsbereich von IFRS 17.
Bestimmte eingebettete Derivate und eigenständig abgrenzbare (distinct) Investment- und Dienstleistungskomponenten sind zu trennen (unbundling) und einzeln in Übereinstimmung mit den entsprechenden IFRS zu bilanzieren. Ein freiwilliges Heraustrennen anderer Komponenten ist untersagt.
Bewertungsmodelle
IFRS 17 fordert ein laufendes Bewertungsmodell, bei dem die Schätzungen in jeder Berichtsperiode aktualisiert werden müssen. Die Bewertung basiert auf einem sog. Building Block Approach aus diskontierten wahrscheinlichkeitsgewichteten Zahlungen, einem Risiko-Zuschlag und der vertraglich vereinbarten Servicemarge (contractual service margin), d. h. den noch nicht realisierten Gewinnen, die der Versicherer im Zuge der Leistungserbringung erfasst. Ein vereinfachtes Verfahren, der Premium Allocation Approach, zur Ermittlung der Rückstellung zur Deckung künftiger Versicherungsansprüche ist zulässig, wenn es nicht zu einem Wertansatz führt, der wesentlich abweicht vom Building Block Approach oder wenn die Deckungsperiode ein Jahr oder weniger beträgt. Die Ermittlung der Rückstellung für bereits eingetretene aber noch nicht abgewickelte Schadensfälle muss weiterhin nach dem Building Block Approach basierend auf den Bausteinen diskontierter, risikoadjustierter, wahrscheinlichkeitsgewichteter Zahlungen erfolgen.
Für die Darstellung und Bewertung müssen die Bilanzierenden im Zugangszeitpunkt Portfolien von Versicherungsverträgen (Versicherungsverträge, die ähnlichen Risiken unterliegen und gemeinsam gesteuert werden) in mindestens drei Gruppen aufteilen: Verträge, die bereits bei Vertragsabschluss verlustträchtig sind, Verträge, bei denen kein signifikantes Risiko besteht, dass sie verlustträchtig werden und alle übrigen Verträge. Verträge, die in einem zeitlichen Abstand von mehr als einem Jahr abgeschlossen wurden, können nicht zu einer Gruppe zusammengefasst werden.
Änderungen der Zahlungsströme, die sich auf zukünftig zu erbringende Leistungen beziehen, führen zu einer Anpassung der Servicemarge. Die Servicemarge darf nicht negativ werden, so dass für Änderungen der erwarteten Zahlungsströme, die grösser sind als der Buchwert der Servicemarge, ein entsprechender Betrag in der Erfolgsrechnung zu erfassen ist. Für die Aufzinsung der Servicemarge ist der bei Zugang des Vertrags festgeschriebene Zins zu verwenden. Um die erbrachte Leistung widerzuspiegeln, ist die Servicemarge zeitanteilig ergebniswirksam über die Erfolgsrechnung aufzulösen.
Für Buchwertänderungen auf Grund von Änderungen des Zinssatzes oder anderer finanzieller Variablen besteht nach IFRS 17 ein Bilanzierungswahlrecht, den Gesamtbetrag der Änderungen ergebniswirksam in der Erfolgsrechnung oder erfolgsneutral im sonstigen Ergebnis zu erfassen. Das Wahlrecht zur Erfassung der Änderungen des Erfüllungsbetrags im sonstigen Ergebnis vermindert die Volatilität in der Erfolgsrechnung in den Fällen, in denen finanzielle Vermögenswerte gemäss IFRS 9 zu fortgeführten Anschaffungskosten oder erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert bewertet werden.
Der sog. Variable Fee Approach ist auf bestimmte Versicherungsverträge anzuwenden, für die eine Verbindung zwischen Zahlungen des Bilanzierenden an den Versicherungsnehmer und den Erträgen aus den zugrundeliegenden Referenzwerten festgelegt wurde. Die Aufzinsung der Servicemarge für diese Versicherungsverträge erfolgt implizit über die Erfassung der Änderungen in der variablen Gebühr. Die variable Gebühr stellt den Anteil des Versicherers an der Wertänderung der Referenzwerte abzüglich der Zahlungen an den Versicherungsnehmer, die nicht von den Referenzwerten abhängig sind, dar. Die Servicemarge ist darüber hinaus anzupassen für den Zeitwert des Geldes und den Effekt aus geänderten finanziellen Risiken, die nicht aus den zugrundeliegenden Referenzwerten resultieren, wie etwa Optionen und Garantien.
Die Vorschriften des IFRS 17 gleichen die Erfassung von Umsätzen an die anderer Industrien an. Die (Prämien-)Einnahmen werden entsprechend des Wertes der erwarteten künftigen Deckung sowie der sonstigen (Versicherungs)leistungen vereinnahmt und Verpflichtungen, wenn sie entstanden sind. Kapital-Komponenten (d. h. Zahlungen an den Versicherungsnehmer unabhängig davon, ob ein Versicherungsfall eingetreten ist, sind von der Umsatzerfassung ausgenommen.
Versicherer haben Angaben zur Höhe, Ermessensentscheidungen und Risiken aus Versicherungsverträgen zu machen. Die Angabepflichten sind detaillierter als derzeit gemäss IFRS 4.
Bei Übergang auf IFRS 17 hat der Bilanzierende die Regelungen des IFRS 17 retrospektiv auf Gruppen von Versicherungsverträgen anzuwenden, es sei denn, dies ist nicht durchführbar. In diesem Fall darf das Unternehmen zwischen der modifiziert retrospektiven Anwendung und dem Fair-Value-Ansatz wählen. Bei der modifiziert retrospektiven Anwendung strebt der Bilanzierende das der retrospektiven Anwendung am nächsten kommende Ergebnis an, das sich unter Verwendung angemessener und vertretbarer Informationen und vorgegebener Vereinfachungsverfahren ergibt. Alternativ kann die Bilanzierung der Servicemarge im Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung von IFRS 17 auf dem beizulegenden Zeitwert beruhen. Die unterschiedlichen Methoden zum Übergang auf IFRS 17 können in der Praxis zu wesentlichen Unterschieden führen, die den Gewinn in Folgeperioden für im Übergangszeitpunkt im Bestand befindliche Versicherungsverträge beeinflussen.
Auswirkungen
IFRS 17 hat Auswirkungen auf Unternehmen, die über die Bereiche Finanzen, Versicherungsmathematik und Systementwicklung hinausgehen (wie etwa Produktdesign und Vertrieb, Entwicklung neuer Bonus- und Rückvergütungspolicen, Neugestaltung der Investitions- und Planungsrechnung). Analysen der Unterschiede in den Vorschriften und der Auswirkungen sind erforderlich, um einen Umsetzungsplan zu erstellen, der als Grundlage für einen detaillierten und spezifischen Projektplan der betroffenen Unternehmen dient. Eine wesentliche Änderung könnte sich auch für die Art und Weise ergeben, in der Daten erhoben, gespeichert und analysiert werden, mit einer Verschiebung von der bisher eher prospektiven hin zu einer retrospektiven Analyse und einer mehr granularen Bewertung sowie umfangreicheren Angabepflichten. Vor der Anwendung von IFRS 17 müssen Versicherer sowohl ihre „IFRS 17 – Story“ für Investoren und Analysten vorbereiten, als auch ihre grundlegenden Steuerungsgrössen für die Zukunft festlegen.
Zeitpunkt des Inkrafttretens
Die Änderungen sind für Geschäftsjahre anzuwenden, die am oder nach dem 1. Januar 2023 beginnen. Eine frühere Anwendung ist zulässig, wenn IFRS 9 und IFRS 15 bereits angewendet werden oder zeitgleich zur Anwendung kommen.
David Baur
Partner and Leader Corporate Reporting Services, PwC Switzerland
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