Um die Umgehung von Exportkontrollen zu bekämpfen, wurde mit dem 12. Sanktionspaket der EU vom 18. Dezember 2023 sanktionshistorisch zum ersten Mal eine konkrete Vertragspflicht durch die sogenannte «No-Russia-Klausel» eingeführt.
Seit dem 20. März 2024 müssen Unternehmen, die bestimmte Güter und Technologien exportieren, diese neue Regelung beachten. Diese Vorschrift, die in Artikel 12g der EU-Verordnung 833/2014 verankert ist, zielt darauf ab, die Umgehung von Sanktionen gegen Russland zu verhindern.
Der Bundesrat hat am 31. Januar 2024 entschieden, das 12. Sanktionspaket der EU gegen Russland zu übernehmen und somit dessen Wirkung zu verstärken. Damit einhergehend wurde nun auch die «No-Russia-Klausel» mit Artikel 14f in die Verordnung über Massnahmen im Zusammenhang mit der Situation in der Ukraine (SR 946.231.176.72) aufgenommen, welche zum 20. März 2024 (AS 2024 51) in Kraft getreten ist: Die Verordnung vom 4. März 2022 über Massnahmen im Zusammenhang mit der Situation in der Ukraine.
Folgendes ist dabei zu beachten: Unternehmen, die von dieser Regelung betroffen sind, müssen in ihren Verträgen eine Klausel aufnehmen, die die Wiederausfuhr von Gütern nach Russland oder deren Verwendung in Russland vertraglich verbietet. Dies betrifft insbesondere Unternehmen, die Güter in den Bereichen Luft- und Raumfahrt, Flugturbinenkraftstoffe und Kraftstoffadditive, Feuerwaffen sowie elektrische Geräte herstellen oder vertreiben. Um sicherzustellen, ob sie von dieser Regelung betroffen sind, sollten Unternehmen die in Artikel 14f genannten Güterlisten überprüfen. Details finden Sie auf der Webseite des Staatssekretariats für Wirtschaft SECO.
Artikel 14f der Verordnung über Massnahmen im Zusammenhang mit der Situation in der Ukraine verpflichtet Unternehmen, in ihre Verträge über:
von Gütern oder Technologien in Drittländer eine Klausel aufzunehmen, die die Wiederausfuhr nach Russland und die Wiederausfuhr zur Verwendung in Russland untersagt.
Zusätzlich sieht Artikel 14f Absatz 3 eine Meldepflicht der Unternehmen gegenüber den zuständigen nationalen Behörden (in der Schweiz das Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung WBF, Staatssekretariat für Wirtschaft, SECO) im Falle der Kenntniserlangung eines Verstosses der Gegenpartei vor.
Zur Einhaltung der «No-Russia-Klausel» ist gem. Absatz 2 des Artikels 14f die zusätzliche vertragliche Vereinbarung «angemessener Abhilfemassnahmen» für den Fall eines Verstosses der Gegenpartei gegenüber der Klausel verpflichtend. Diese Rechtsmittel müssen angemessen stark sein und darauf abzielen, Unternehmen ausserhalb der Schweiz von Verstössen abzuschrecken. Angemessene Abhilfemassnahmen sind beispielsweise die Beendigung des Vertrags oder die Zahlung einer Vertragsstrafe im Falle eines Vertragsbruchs.
Folgende Waren und Technologien sind von der neuen Regelung betroffen:
Von der Regelung ausgeschlossen sind Verträge mit Geschäftspartnern aus dem EWR oder eines der aufgeführten Partnerländer:
Gemäss Artikel 35 Absatz 29 der Ukraine-Verordnung ist die Vertragspflicht zur Verhinderung der Wiederausfuhr nach Artikel 14f Absatz 1 nicht auf Geschäfte anwendbar, die vor dem 1. Februar 2024 vertraglich vereinbart und bis zum 20. Dezember 2024 erfüllt wurden oder deren Verträge abgelaufen sind, wobei das frühere Datum gilt.
Verträge, die vor dem 1. Februar 2024 vertraglich vereinbart wurden und über den 20. Dezember 2024 hinaus laufen, sind gemäss Artikel 14f zu aktualisieren und müssen eine entsprechende «No-Russia-Klausel», im Zweifel nachträglich vereinbart, enthalten.
Die Vereinbarung einer «No-Russia-Klausel» muss spätestens zum Zeitpunkt der Ausfuhr, des Verkaufs, der Lieferung oder der Weitergabe der betreffenden Güter ins Drittland nachweisbar sein.
Wichtig: Dies betrifft auch Unternehmen, die seither von Massnahmen zu den Russlandsanktionen unberührt geblieben sind.
Gleichzeitig kann die Klausel als Leitfaden für Unternehmen dienen, die vorausschauend oder aus eigenem Interesse an einer Beteiligung an den Russlandsanktionen interessiert sind und diese vertraglich implementieren wollen.
Die veröffentlichten Auslegungshilfen sind nicht rechtsverbindlich und enthalten Musterklauseln, welche nicht als allgemeingültige Lösung übernommen werden können. Hier sind die spezifischen Anforderungen im Einzelfall und in Bezug auf das jeweilige Partnerland sowie die gelieferten Güter zu prüfen. Auch ist zu berücksichtigen, inwiefern Vertragsanpassungen möglich sind. In diesem Zusammenhang weisen wir darauf hin, dass beispielsweise Deutschland und China die Abgabe von Boykott-Erklärungen im Aussenwirtschaftsverkehr reglementieren, respektive verbieten.
Gerne unterstützen wir Sie in diesem Zusammenhang, insbesondere bei der strategischen Definition der abgeleiteten Anforderungen und der operativen Umsetzung zur Auslegung und Implementierung entsprechender Mechanismen und Klauseln in Ihren Vertragsregelwerken.
Editorial
Dieser Artikel gibt den Stand vom 13. Mai 2024 wieder. Wir weisen darauf hin, dass die politische Lage äusserst dynamisch ist und es zu kurzfristigen Gesetzesänderungen kommen kann. Wir halten Sie über alle weiteren Entwicklungen auf dem Laufenden.