Der Zollwert eingeführter Waren hingegen soll grundsätzlich dem Transaktionswert entsprechen, das heißt dem für die Waren bei einem Verkauf zur Ausfuhr in ein Zollgebiet tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis.
Dieser Preis muss allenfalls um Hinzurechnungen wie bspw. Lizenzzahlungen, Provisionen, Transportkosten, Verpackung, etc. erhöht werden, sofern diese Komponenten nicht bereits im zu zahlenden Preis enthalten sind. Besteht kein Transaktionswert, muss der Zollwert mit einer anderen geeigneten Methode ermittelt werden. Die Zollwertbestimmung erfolgt dabei im Grundsatz nach den im Übereinkommen zur Durchführung des Artikels VII des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens von 1994 (General Agreement on Tariffs and Trade, GATT) genannten Zollwertmethoden.
Die Höhe der Verrechnungspreise hängt von der Charakterisierung der involvierten Parteien in einer Transaktion ab (basierend auf Funktionen, Risiken und eingesetzten Wirtschaftsgütern). Dementsprechend kann das gleiche Produkt abhängig vom angewandten Geschäftsmodell aus Verrechnungspreissicht einen anderen (höheren oder niedrigeren) Verrechnungspreis haben. Beispielsweise werden die Verrechnungspreise an eine Routinevertriebsgesellschaft über die Zeit so angepasst, dass eine angemessene Vertriebsmarge generiert werden kann, damit diese dem Fremdvergleichsgrundsatz nach den OECD Verrechnungspreisrichtlinien entspricht. Im Vergleich dazu hat eine Vertriebsgesellschaft, welche die Marktaufbaurisiken trägt, zu Beginn vermutlich relativ höhere Verrechnungspreise, wodurch sie in dieser Phase Verluste generiert. Über die Zeit relativieren sich diese Preise jedoch gegenüber den eigenen Vertriebskosten, so dass höhere Gewinne erzielt werden können, um die Marktaufbaukosten zu kompensieren.
Zollabgaben hingegen werden bis auf wenige Ausnahmen ad valorem erhoben. Je höher der Transaktionswert demnach ist, desto mehr Zollabgaben, aber auch in Abhängigkeit des Einfuhrlandes weitere Abgaben wie Verbrauchssteuern oder auch Einfuhrumsatzsteuer, sind im Einfuhrland zu entrichten. Zollverwaltungen verfolgen daher das Ziel, die Zollwerte möglichst hoch anzusetzen.
Aufgrund des Vorgenannten lässt sich ableiten, dass zwischen der Bestimmung des Verrechnungspreises und derjenigen des Zollwertes eine gewisse Gegenläufigkeit besteht. Das (Konkurrenz-)Verhältnis zwischen Verrechnungspreis und Zollwert ist nicht neu und wurde in der Vergangenheit sowohl auf internationaler als auch auf nationaler Ebene rege diskutiert. Die Wirtschaft hat dabei insbesondere kritisiert, dass Zollverwaltungen die vorhandenen Verrechnungspreisinformation auch für zollwertrechtliche Aspekte verwenden, d. h. insbesondere für die Identifizierung der Transaktionen zwischen verbundenen Unternehmen als auch für nachträgliche Preisanpassungen, obwohl die Verrechnungspreise für direktsteuerliche Aspekte konzipiert sind. Man kam zum Schluss, dass eine Abstimmung oder sogar ein Verschmelzen der verschiedenen Methodologien aufgrund der unterschiedlichen Rechtsgrundlagen aber nicht möglich ist.
Aus zollwertrechtlicher Sicht lässt sich jedoch die Frage stellen, inwiefern und in welchem Ausmaß die in einer Verrechnungspreisdokumentation vorhandenen Informationen zu den konzerninternen Transaktionen im Einzelfall auch für die Bestimmung des Zollwertes herangezogen werden können. Aus zollwertrechtlicher Sicht spielt dabei die Konzernverbundenheit eine wichtige Rolle, da die Zollverwaltungen in diesen Fällen den Transaktionswert in der Praxis häufig anzweifeln. Es bietet sich aus unternehmerischer Sicht daher an, die Ermittlung der Zollwerte ebenfalls schriftlich in einer Zollwertdokumentation zu verfassen. Auszüge aus der Verrechnungspreisdokumentation können als Diskussionsgrundlage für Zollwertzwecke dienlich sein, auch wenn die Verrechnungspreisdokumentation nicht für die Zollverwaltung geschrieben ist. Im Bedarfsfall kann die Zollwertdokumentation den lokalen Zollbehörden für zollwertrechtliche Zwecke vorgelegt werden.
Im internationalen Handel tätige Unternehmen sollten wissen, welche Vorgänge ein zollwertrechtliches Risiko auslösen können. Unternehmen können sich daher folgende Fragen stellen:
Die finanziellen als auch administrativen Folgen bei einer Falschabwicklung können enorm sein. Ein Unternehmen sollte daher klare Zollwertrichtlinien schaffen und diese innerhalb der Konzerngruppe konsequent umsetzen.
Das Spannungsfeld zwischen Verrechnungspreis und Zollwert dürfte Unternehmen auch zukünftig erhalten bleiben. Unternehmen sollten daher sicherstellen, dass nebst den Verrechnungspreisen auch die Zollwerte nach den gesetzlichen Vorgaben ermittelt und vor allem dokumentiert sind. Eine bereichsübergreifende Abstimmung ist dabei unerlässlich, denn der richtige Zollwert bietet nebst der gesetzeskonformen Entrichtung der Einfuhrabgaben auch Potential für Kostenoptimierungen.
Oliver Hulliger