An der digitalen Autobahn führt kein Weg vorbei. Neue Technologien zwingen Unternehmen aller Branchen, Grössen und Erdteile, ihr analoges Geschäftsmodell zu hinterfragen. Wir wollten wissen, wie Schweizer KMU diese Herkulesaufgabe angehen, wo sie heute stehen und sich morgen sehen. Dazu haben wir die Studie «Digitalisierung – Wo stehen Schweizer KMU?» durchgeführt, gemeinsam mit Google Schweiz GmbH und Digital Switzerland. Nachfolgend die Schlüsselantworten und – noch viel wichtiger – handfeste Empfehlungen, was Ihr KMU als Nächstes tun sollte.
Mit der Studie «Digitalisierung – Wo stehen Schweizer KMU?» beleuchten wir das Thema der Digitalisierung aus unterschiedlichen Blickwinkeln: Zum einen gehen wir dem Digitalisierungsgrad der Studienteilnehmer nach. Zum anderen spüren wir die Treiber und Bremsbacken einer erfolgreichen Digitalisierung auf. Und schliesslich wollen wir mehr über die weichen Faktoren des Digitalisierungsgrads als neuer harter Kenngrösse erfahren. Dazu haben wir über 300 Schweizer KMU um ihre Selbsteinschätzung gebeten, uns mit Entscheidungsträgern namhafter Unternehmen unterhalten und drei dieser Gespräche in einer Fallstudie festgehalten.
So siehts aus
Schweizer KMU sind unterschiedlich digitalisiert. Der Digitalisierungsgrad korreliert positiv mit der Grösse der Unternehmen und negativ mit dem Alter der Geschäftsleitung. Je jünger die Führungsetage, desto stärker digitalisiert sind Unternehmen. Die Studienunternehmen konzentrieren sich auf interne Prozesse und die Mitarbeiterweiterbildung in Digitalisierungsthemen. Die Kundeninvolvierung findet sich leider ganz unten auf dieser Prioritätenliste.
Dieser Fokus auf Bestehendes lässt sich damit begründen, dass eine Neukonzeption des Geschäftsmodells für das Unternehmen einschneidender ist als diejenige betrieblicher Abläufe. Damit wird deutlich, dass die meisten KMU neue Geschäftsmodelle selten als Chance angehen und bei der Interaktion mit dem Kunden nach wie vor auf konventionelle Modelle setzen.Die meisten KMU fördern aktiv eine digitale Unternehmenskultur. Dazu nutzen sie Weiterbildungsmassnahmen sowie Schulungen und setzen auf die Rekrutierung von Experten.
Unternehmen, die sich teilweise oder ganz digitalisiert haben, sehen sich heute als wettbewerbsstärker. Die Investitionen in die Digitalisierung und das Plus an Konkurrenzfähigkeit gehen Hand in Hand. Ein Grossteil der stärker digitalisierten Studienunternehmen ist der Ansicht, ihr finanzieller Einsatz habe sich unter dem Strich ausbezahlt.
«Digitalisierung – Wo stehen Schweizer KMU?»
Im August 2016 wurden Vertreter von mehr als 300 KMU in der Schweiz befragt. Diese haben den Status quo ihres Unternehmens auf den Gebieten «Prozesse und Infrastruktur», «Digitaler Verkauf», «Kundeninvolvierung» und «Digitale Kultur» auf einer Skala von 1 bis 4 eingeschätzt. Aus dem Durchschnitt dieser Werte wurde der Digitalisierungsgrad der einzelnen Unternehmen errechnet. Zusätzlich haben wir die Fragen themenspezifisch verfeinert. Die Auswertung basiert in den meisten Fällen auf einer Gegenüberstellung des Digitalisierungsgrades und der Antworten auf andere Fragen.
Die vollständige elektronische Studie finden Sie hier.
Jetzt erst recht
Aufgrund der Resultate unserer Studie, zahlreicher Gespräche mit Führungspersönlichkeiten und unserer Praxiserfahrung mit der digitalen Transformation von KMU haben wir Empfehlungen herausgegeben. Diese sollen Ihnen als Entscheidungsträger den Einstieg in die Digitalisierung und ein erfolgreiches Voranschreiten erleichtern. An dieser Stelle so viel: Schweizer KMU sind gut beraten, ihren Markt bis in den hintersten Winkel zu durchleuchten und im Thema Digitalisierung mutiger zur Tat zu schreiten. Aber alles der Reihe nach:
Zur Aufgabe des C-Levels erklären
Unabhängig von Märkten oder Segmenten tragen diverse Faktoren zum Erfolg eines Unternehmens bei: das richtige Geschäftsmodell, die gekonnte Marktleistungsgestaltung, schlanke Prozesse, ein hoher Innovationsgrad und der gezielte Einsatz finanzieller und personeller Ressourcen. Da die Digitalisierung in all diesen Bereichen zum Tragen kommt, ist sie schon lange kein reines IT-Thema mehr, sondern verändert ein Unternehmen grundlegend. Darum gehört das Traktandum auf die Agenda der obersten operativen und strategischen Führungsetage. Diese sollte den Mut aufbringen, sich der Komplexität des Themas zu stellen, Kundenbedürfnisse in den Mittelpunkt zu rücken, Ineffizienzen zu beseitigen und digital zu beschleunigen.
Mit kleinen Schritten grosse Sprünge machen
Wer in die digitale Welt eintritt, lässt sich auf einen stetigen Lernprozess ein. Ein digitales Projekt lässt sich nicht im klassischen Stil mit einem grossen Fernziel, langwierigen Etappen und Meilensteinen angehen. Der digitale Prozess verlangt kleine, flinke Schritte mit unmittelbarem Feedback und Lerneffekt. Ganz nach dem Motto «launch fast, fail fast, learn fast» (lanciere schnell, scheitere schnell, lerne schnell). Heisst: In der Digitalisierung bringen auch kleine Schritte grosse Erfolge. Unter Umständen wird zum Beispiel mit einer neuen Projektmanagementplattform eine epochale Entwicklung angestossen.
Den Kunden zurück auf den Thron holen
Schon immer haben sich erfolgreiche Schweizer Unternehmen entlang ihrer Kunden entwickelt und deren Bedürfnisse in ihre Entwicklung eingebunden. Das gilt auch für die Digitalisierung. Darum sollten sie das, was Schlüsselkunden erwarten, ernst nehmen. Die Hauptaufgabe liegt darin, die Digitalisierung so voranzutreiben, dass ein Produkt oder eine Dienstleistung für den Kunden besser wird – nicht für den CEO. Dabei muss das Unternehmen nicht alles umsetzen, was technisch möglich wäre. Sondern nur das, was der Kunde auch tatsächlich will.
Den Markt mit Argusaugen beobachten
Nichts ist schlimmer und aussichtsloser, als in der digitalen Welt starken Mit- oder Querbewerbern hinterherzulaufen. Denn die Digitalisierung ist ein gnadenloser Tempomacher und läuft ihre eigene, nicht unbedingt geradlinige Strecke. Darum braucht ein Unternehmen genaue Kenntnisse seines Marktes und eine akribische Einschätzung seiner Konkurrenz. Diese kann auch aus anderen Industrien stammen, wie dies der Vormarsch der Sharing Economy zeigt.
Sich grundlegend hinterfragen
Die Studie zeigt: Schweizer KMU sind zurückhaltend punkto Umbau ihres Geschäftsmodells. Leider, denn wer andere Akteure und Industrien beobachtet, Erfolg versprechende Ansätze erkennt und diese für sein eigenes Unternehmen adaptiert, stellt zwar sein bisheriges Geschäftsmodell infrage, macht aber ebendiese Selbstkritik zu seiner grössten Stärke. Wer sich nämlich selber kannibalisiert, nimmt seinen Mitbewerbern den Wind aus den Segeln und legt das gewünschte Tempo vor. Und schliesslich präsentiert er sich seinen Kunden als innovativ und hält so seine Attraktivität hoch und die Wechselbereitschaft tief.
Zeitig die nötigen Ressourcen freimachen
Unsere Studie zeigt, dass ein Grossteil der Unternehmen, die in die Digitalisierung investiert haben, dieses Engagement nicht bereuen. Im Gegenteil. Sie halten sich heute für konkurrenzfähiger und schlagkräftiger. Aus diesem Grund sollte ein Unternehmen die Entwicklungen seines Geschäftsfelds im Auge behalten und rechtzeitig die passenden Ressourcen für digitale Massnahmen sprechen. Das kann ein Engagement in ein Start-up sein, der Aufbau eines Digi-Teams oder die Einbindung des Digitalisierungsgrads in die Führungs- und Personalpolitik.
Mitarbeiter fördern und Talente ins Boot holen
Eine klare Mehrheit der Studienteilnehmer verfügt nach eigenen Angaben über ausreichendes Know-how, um den digitalen Anforderungen gerecht zu werden. Unternehmen mit einem ohnehin tiefen Digitalisierungsgrad weisen deutlich weniger internes digitales Wissen aus. Da der Mensch auch im digitalen Universum einen Schlüsselparameter darstellt, sollte das Unternehmen sein Personal über seine Digitalisierungsabsichten ins Bild setzen, gezielt einbinden und angemessen schulen. Denn dem digitalen Erfolg liegen ein technisches Verständnis und ein ausgeprägter digitaler Teamgeist zugrunde. Dafür braucht es allenfalls neue Talente, die es zu finden und zu binden gilt.
Innovationskultur etablieren
Erfolgreiche Schweizer Unternehmen pflegen seit je eine ausgeprägte Optimierungskultur. Das geht aus der PwC-Studie «Swiss Champions 2016» hervor, in der wir den Zutaten des Schweizer Erfolgsrezepts auf den Grund gegangen sind. Dieses typisch schweizerische Streben nach Bestleistungen und Innovation sollten sich die Unternehmen auch in der Digitalisierung aneignen. Es beeinflusst nämlich ihre Suche nach effizienteren Lösungen wesentlich. Und da sie sich den Stillstand nicht leisten können, sind sie gut beraten, auch die digitale Zukunft ihres KMU auf das solide Fundament eines kultivierten Innovationsgeists zu bauen.