Wer an der Spitze mitlaufen will, muss sich alles abverlangen und Bestleistungen erbringen. Viele Unternehmer fragen sich, wie das mit der bestehenden Crew gehen soll. Wir meinen: Es geht. Denn in einem guten Team steckt mehr als die Fähigkeit jedes Einzelnen. Wer Vertrauen etabliert, Nähe schafft, eine gesunde Streitkultur einführt und sicherstellt, dass alle das gemeinsame Ziel und ihren Beitrag dazu klar erkennen, kann dieses Potenzial ausschöpfen – und die Power von High Performing Teams für das Unternehmen nutzen.
Das Beste des Einzelnen liegt im Team
Joyce Caroll [1], General-Managerin einer globalen Biotechfirma, steht mit ihrem Unternehmen vor einer tief greifenden Veränderung. Gelingt sie, wird das Unternehmen im hart umkämpften Onkologiemarkt als Sieger hervorgehen. Wenn nicht, dann stehen die Existenz des Unternehmens und zahlreiche Arbeitsplätze auf dem Spiel. Darum stellt Caroll ihr Managementteam komplett neu auf. Im Rahmen eines Workshops will sie das Führungsteam befähigen, den bevorstehenden Quantensprung erfolgreich zu meistern. Der Workshop beginnt, und schon bald wird klar: Das Management funktioniert nicht als Team und wird nicht die kleinste Veränderung vollziehen können. Die Gruppe ist von einer negativen Eigendynamik, Spannungen, einer unklaren Ausrichtung und Unerfahrenheit in der neuen Führungsrolle geprägt. Kurz: Das Team ist seiner Herkulesaufgabe nicht gewachsen. Die Transformation droht zu scheitern, bevor sie begonnen hat.
[1] Hier handelt es sich um ein reales Kundenbeispiel. Der Name der General-Managerin wurde geändert.
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Diese Situation beschreibt keine Ausnahme, gerade auf oberster Führungsetage. In der Wirtschaft haben sich Teams bisher selten als Teams entwickelt. Im Gegenteil: Meistens schicken die Chefs die Beförderten in Führungskurse und bezahlen ihnen kostspielige Weiterbildungen in teuren Business Schools. Das Resultat: Individuen entwickeln sich weiter, treffen aber auf die alte Teamdynamik und können das Gelernte nicht optimal umsetzen. Vor diesem Hintergrund ist der Ansatz des «High Performing Teams» entstanden. Denn die Unternehmen stehen vor immer komplexeren Aufgaben. Sie müssen digitalisieren, regulatorische Entwicklungen gesetzeskonform umsetzen, schneller und effizienter liefern. Diese Herausforderungen sind unweigerlich multidisziplinär. Alleine kommt man der neuen Dynamik nicht mehr bei.
Heute sind Teams gefragt, die sich – wie im Sport – gemeinsam vorbereiten und ihre Aufgaben gemeinsam angehen – auf allen Hierarchiestufen und mit Vorbildfunktion für alle anderen Teams. Klar, jede/r Einzelne muss sich im eigenen Kompetenzfeld weiterentwickeln. Ein Torwart muss Tore verhindern, ein Stürmer Tore schiessen. Das Spiel werden sie aber nur gewinnen, wenn sie sich als Team weiterentwickeln. Kein Trainer eines Fussballnationalteams käme auf die Idee, seine Spieler ins Einzeltraining zu schicken, ihnen eine halbe Stunde vor Spielbeginn die Aufstellung und Taktik zu verkünden und sie so spielen zu lassen.
Ruderer vs. Fussballer
Klassisch definiert ist ein High Performing Team ein Team, das eine überproportional starke Leistung erbringt und dabei die Leistungsfähigkeit der einzelnen Teammitglieder optimal ausnützt. Hier kommt die Unterscheidung von Team und Gruppe zum Ausdruck. In einem Team herrschen Verbindlichkeit und Nähe unter den Mitgliedern, es gibt ein gemeinsames Ziel und Leitplanken für den gemeinsamen Weg dorthin. Ein High Performing Team ist somit nicht bloss eine Gruppe, in der sich Experten treffen, sich austauschen und wieder eigene Wege gehen.
Gruppe |
Ansammlung von Einzelpersonen |
Möglichkeit, sich selbst zu identifizieren |
Einfach, Mitglied zu werden / Austritt -> keine Verantwortung und kein Engagement |
Mangel an Engagement hat keine Auswirkung auf das Ergebnis |
Keine gemeinsamen Ziele (aber geteilte Merkmale) |
Konflikte werden selten angegangen |
Statisch |
Team |
Gemeinsames Ziel (Einzelpersonen können dieses beeinflussen) |
Vertrauen ineinander |
Eigenverantwortung / Selbstverantwortung |
Klare Rollen und Verantwortung |
Nutzung von komplementären Fähigkeiten |
Offene und transparente Kommunikation |
Ein gutes Team muss trainiert werden |
Einzelpersonen sind bereit, Kompromiss einzugehen, um die Ziele des Teams zu verlassen |
Das Resultat ist entscheidend |
Hochleistungsteams haben min. und max. Anzahl an Mitgliedern |
Vielfalt |
Wettbewerb mit und Erfolge gegenüber anderen Teams |
Mehr Führung (im Vergleich zu Gruppen) |
Ein High Performing Team kann unterschiedliche Rollen haben. Auch hier drängt sich die Analogie zum Sport auf: Wir unterscheiden zwischen Fussball- und Ruderteams. Im Fussball herrscht eine hohe Dynamik, der Spielverlauf ist nicht vorhersehbar; alle müssen ständig bereit sein und Führung übernehmen, sobald sie am Ball sind. Die Rollen sind zwar festgelegt, aber ein Verteidiger muss zum Beispiel auch in der Lage sein, ein Tor zu schiessen – wenn es die Situation erfordert und obwohl das nicht in seinen eigentlichen Verantwortungsbereich fällt. Im Ruderteam gibt der Schlagmann die Schlagzahl und damit das Tempo vor, die anderen Ruderer (z.B. in einem Achter) setzen diesen Rhythmus millisekundengenau um. Ihre Fähigkeit liegt insbesondere in der gleichgeschalteten und detailtreuen Umsetzung.
Im Geschäftskontext braucht ein Unternehmen gleichsam ein «Fussballteam» für Innovationen, schnelles Wachstum, die Verarbeitung von Informationsfluten oder marktfähige Lösungen. In Krisenzeiten, bei einer uneinheitlichen Umsetzung oder für eine Gleichschaltung von Lösungen eignet sich ein «Ruderteam» besser.
Ein High Performing Team zeichnet sich dadurch aus, dass es «Rudern» und «Fussballspielen» perfektioniert. Es herrscht zu jedem Zeitpunkt Klarheit darüber, welche Fähigkeit in welcher Situation gerade gefordert ist. So kann das Team rasch von einer «Sportart» zur anderen wechseln.
Fünf Komponenten
Welche Teamart auch immer im Vordergrund steht, die Dynamik innerhalb jedes High Performing Teams zeichnet sich durch fünf Kernaspekte aus:
1. Vertrauen
Damit ein Team Spitzenleistungen erbringen kann, braucht es ein Grundvertrauen («psychological safety»). Das gilt sowohl für den Teamleiter als auch für die Teammitglieder. Alle sollen darauf zählen können, dass sie das tun können und dürfen, was von ihnen verlangt wird – und dass keiner übermässig eigennützig handelt. Dieses Vertrauen bedingt eine Nähe untereinander. Ebenfalls Teil des Vertrauens ist eine gesunde Kultur der Auseinandersetzung («healthy debates»). Ein High Performing Team streitet konstruktiv und macht damit die Lösung besser. Die Mitglieder gehen dem Konflikt nicht aus dem Weg, sondern nutzen ihn als aufbauendes Momentum. Schliesslich müssen sie ihre Verletzlichkeit zeigen dürfen («gear-down zone») und sicher sein, dass sie deshalb nicht angegriffen oder als «schwache» Teammitglieder angesehen werden.