Kontrollen lassen sich grundsätzlich in zwei Kategorien einteilen: Anwendungs- und IT-Kontrollen. Letztere betreffen den Systembetrieb, also auch kritische Benutzerzugriffe innerhalb der gesamten IT. Anwendungskontrollen hingegen umfassen den Zugriff auf Geschäftsdaten, automatisierte konfigurierbare Kontrollen und manuelle Kontrollen.
IT-Kontrollen zielen darauf ab, die Integrität der Daten zu erhalten und Manipulationen auszuschliessen. Anwendungskontrollen stellen die Einhaltung der Geschäftsprozesse und regulatorischen Anforderungen sicher. Damit ein Kontrollsystem dem Unternehmen maximal nützt, muss es so ausgestaltet sein, dass die Prozesse eingehalten werden und die Nutzer den Kennzahlen vertrauen können – nicht nur, dass die externen Auditoren zufrieden sind. Für eine detaillierte Betrachtung nehmen wir nachfolgend spezifische Bereiche von SAP S/4 HANA unter die Lupe.
Weniger Aufwand dank konfigurierbarer Kontrollen
SAP S/4 HANA bietet verschiedene Möglichkeiten, Geschäftsprozesse zu verbessern und zu vereinfachen. Die meisten Unternehmen nutzen den Wechsel in zweierlei Hinsicht: Die einen nutzen neue Funktionen – etwa zur Optimierung des Return on Investment – als Chance, mit der Einführung von SAP S/4 HANA ihre Geschäftsprozesse zu transformieren; hier geht es also um eine Form des Change Managements. Die anderen reduzieren die Prozesskomplexität ihrer Altsysteme, holen also organisatorische Verbesserungen nach.
Zahlreiche neue Funktionalitäten von SAP S/4 HANA sind fakultativ. Andere hingegen sind obligatorisch und zwingen die Unternehmen, die Geschäftsprozesse anzupassen und ihre Kontrollen neu darauf auszurichten.
Die Auswirkungen auf automatisierte Kontrollen (die je nach Umfang der SAP S/4 HANA Lösung variieren) betreffen spezifische Bereiche, in denen SAP die Funktionalität geändert hat. Dazu einige Beispiele:
- Neu wird die Funktion des Geschäftspartners verwendet. Diese vereint und ersetzt Kunden, Lieferanten und andere Partner in einer Funktion. Das wirkt sich direkt auf automatisierte und manuelle Kontrollen aus.
- Automatisierte Kontrollen im Kreditmanagement
- Integration des Moduls Finance (FI) und Controlling (CO) mit Auswirkungen auf die Reports für den Jahresabschluss
Die neue SAP-Funktionalität Central Finance birgt gewisse Risiken:
- Korrektheit der Erstzuordnung von Geschäftsfällen und Konten sowie deren Verwaltung im Zeitverlauf
- Überwachung und Fehlerbehandlung
- Konfiguration mit Auswirkungen auf Transaktionen im Quell-/Zentralsystem
- In der Quelle gebuchte Rechnungen können von Central Finance nicht bezahlt/verrechnet werden.
- Hingegen können in Central Finance gebuchte Rechnungen in Central Finance bezahlt/verrechnet werden.
Unsere SAP-Experten haben bisher über 80 Änderungen identifiziert, weswegen die meisten Unternehmen mit der Einführung von SAP S/4 HANA ihre internen Kontrollen anpassen müssen. Wer den Wechsel zu SAP S/4 HANA als Gelegenheit nutzt, die Schlüsselprozesse zu überarbeiten, muss auch die Kontrollen hinsichtlich Abdeckung neuer oder angepasster Geschäftsrisiken grundlegend prüfen. Hier nur einige Beispiele von Veränderungen, bei denen ein Unternehmen sein Kontrolldesign neu bewerten muss:
- Kontenplanstandardisierung: Zusammenführung von mehreren Kontenplänen zu einem einzigen Kontenplan
- Standardisierung und Vereinfachung von Geschäftsprozessen (z. B. manuelle Buchungen, Verwendung von Dokumentenarten in Finanzen)
- SAP-Berechtigung: Harmonisierung von Zugriffen/Rollen, die zu grösserer/geringerer Verlässlichkeit von Zugriffskontrollen führt
- Einführung neuer Anwendungen wie beispielsweise Ariba, Successfactors, Concur, Central VIM oder Central Payment
Überprüfen Sie Ihr Kontrollumfeld
Der Wechsel auf SAP S/4 HANA ist im Weiteren eine Chance, das Kontrollumfeld zu vereinfachen. Dafür bietet SAP S/4 HANA diverse Optionen, etwa zur kontinuierlichen Kontrollüberwachung (über Fiori oder Embedded BW) und Betrugserkennung (beispielsweise über Leonardo oder Business Integrity Screening). Mit diesen Optionen lassen sich bestimmte manuelle detektive Kontrollen ersetzen.
Mit SAP S/4 HANA werden die Geschäftsprozesse weniger statisch. SAP wird weitere Versionen von S/4 HANA herausgeben, um ein möglichst breites Prozessspektrum abzudecken. Es werden zahllose weitere Fiori Apps zur Verfügung stehen und der Trend zu Cloudlösungen (wie Ariba, Successfactors, Concur und Fieldglass) wird sich fortsetzen. Sämtliche Änderungen werden sich direkt auf das Verhalten der Endbenutzer im System auswirken und könnten neue Risiken mit sich bringen. So wird es für die internen Kontrollexperten immer schwieriger, sich auf die Stabilität des Kontrollsystems und jährliche Überprüfungen zu verlassen.
Daher führen immer mehr Unternehmen Process-Mining-Funktionen ein. Damit überwachen sie die System- und Prozesskonformität der Endbenutzer. Einige Tools – zum Beispiel Process, Controls & Transaction Analytics (PCT) von PwC – helfen neue Geschäftsprozesspfade von Benutzern zu erkennen. Diese weisen darauf hin, dass Geschäftsprozesse wie etwa die SAP-Konfiguration verändert, neue Tools eingeführt oder erweitert wurden (z. B. Ariba, Concur oder Fieldglass); oder dass die Benutzer schlicht neue Wege finden und gehen.