Seit 1926 ist der Trust – zu Deutsch Treuhänderschaft – in Liechtenstein im Personen- und Gesellschaftsrecht (PGR) verankert. Die Schweiz anerkennt zwar ausländische Treuhänderschaften, hat aber kein eigenes Trustrecht. Ein Treuhänder in Liechtenstein trägt demzufolge eine umfassendere Verantwortung als ein Treuhänder in der Schweiz. Er muss für sein Wirken eine Lizenz erlangen und untersteht der liechtensteinischen Finanzmarktaufsicht (FMA).
In treuen Händen
Bei einer Treuhänderschaft wird das Treuhandvermögen (Treugut) vom Treugeber einem Treuhänder übertragen. Dieser geht die Verpflichtung ein, dass er das Treugut als selbstständiger Rechtsträger im eigenen Namen zugunsten eines oder mehrerer Begünstigter verwaltet oder einsetzt. Die Treuhänderschaft ist keine juristische Person, sondern ein vertragliches Rechtsverhältnis ohne Rechtspersönlichkeit. Demnach übergibt der Treugeber sein Vermögen dem Treuhänder im Vertrauen in dessen Fähigkeiten und Rechtschaffenheit – daher der Name.
Treuhänderschaften sind für wohltätige, soziale, kulturelle oder sinnverwandte Zwecke gedacht. Ähnlich wie Stiftungen orientieren sie sich an globalen Trends und internationalen Standards. Die liechtensteinische Treuhänderschaft eignet sich besonders zur langfristigen Sicherung eines Firmen- oder Familienvermögens, zum Beispiel, um Besitztümer in Ländern mit Enteignungsrisiko zu schützen, um Konzernstrukturen über Generationen zusammenzuhalten oder für nachhaltige Nachfolgelösungen. Besonders interessant ist die Treuhänderschaft aufgrund ihres individuellen Gestaltungsspielraums: Mit einem Trustvertrag lässt sich beinahe alles regeln.
Vertrauen in der DNA
Verwalten von Vermögen mit entsprechenden Rechtsformen hat in Liechtenstein Tradition. Die Fürstenfamilie selbst verkörpert das Denken in Dynastien und hat ihr Vermögen mehrheitlich in Stiftungen und Trusts angelegt. Auch die liechtensteinischen Banken haben sich auf die Vermögensverwaltung für Privatkunden und institutionelle Anleger spezialisiert. Die Liechtensteinische Landesbank (LLB) als erste Bank Liechtensteins entstand 1861. Ihr damaliges Ziel war es, die Spar- und Kreditbedürfnisse der kleinbäuerlich-handwerklichen Bevölkerung abzudecken. Die 1920 gegründete und 1930 vom liechtensteinischen Fürstenhaus übernommene LGT Bank konzentrierte sich von Anfang an auf die Betreuung ausländischer Vermögen. Auch die 1956 entstandene Verwaltungs- und Privat-Bank (VP Bank) ist eng mit dem Treuhandwesen verbunden. Liechtenstein hat sich als Land der Vermögensverwaltung positioniert und Vertrauen als Grundwert etabliert. Heute ist der Finanzdienstleistungssektor mit rund 23% der Wirtschaftsleistung ein wichtiges Standbein der liechtensteinischen Wirtschaft (vgl. Abbildung 1).