Dr Antonios Koumbarakis
Partner, Sustainability & Strategic Regulatory Leader, PwC Switzerland
Um ihre Klimaziele zu erreichen, müssen Unternehmen und Finanzinstitute eine klare Dekarbonisierungsstrategie entwickeln, die weit über die Reduktion ihrer unternehmenseigenen Emissionen hinausgeht. Die Integration von Transitionsplänen erfüllt nicht nur regulatorische Anforderungen, sondern sichert auch Nachhaltigkeit und eröffnet neue Geschäftsmöglichkeiten. Das Engagement der Geschäftsleitung und das Verständnis für Transitionspläne auf höchster Ebene sind entscheidend für ihre erfolgreiche Umsetzung. Darüber hinaus werden Unternehmen in Zukunft an der Qualität und Effektivität ihrer Transitionspläne gemessen, da diese im Vergleich zu Nachhaltigkeitsberichten an Bedeutung gewinnen und sich auch Ratingagenturen vermehrt darauf fokussieren.
Weltweit führen Regierungen und Regulierungsbehörden Netto-Null-Ziele zur Dekarbonisierung der Wirtschaft über die nächsten zwei bis drei Jahrzehnte ein. Alle Industrien sind davon betroffen, da sie ihre Treibhausgasmissionen in Einklang mit diesen Zielen reduzieren müssen. Die Schweizer Regierung strebt ab 2050 Netto-Null-Emissionen an, und die EU zielt darauf ab, ihren Treibhausgasausstoss bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber den Werten von 1990 zu senken.
Für die strategische Ausrichtung der Unternehmen hinsichtlich der globalen Klimaziele sind Transitionspläne von entscheidender Bedeutung. Sie beschreiben, wie Unternehmen ihre Klimaziele und -verpflichtungen entlang der ganzen Wertschöpfungskette innerhalb eines festgelegten Zeitraums erreichen – und wie diese Ziele in die allgemeine Geschäftsstrategie integriert werden.
Finanzdienstleister stehen speziellen Herausforderungen gegenüber. Ihre Emissionen umfassen nicht nur eigene betriebliche Aktivitäten, sondern vor allem auch jene, die in ihrer Wertschöpfungskette “downstream” anfallen, nämlich durch Finanzierungen, Investitionen und Versicherungstätigkeiten. Im Gegensatz dazu fallen bei Unternehmen der Realwirtschaft viele Emissionen “upstream” (Produktion und Transport) an. Überzeugende Transitionspläne richten die Geschäftsaktivitäten auf das 1,5-Grad-Ziel aus und setzen auf transparente Klimaindikatoren und robuste Überwachungsprozesse. Sie sind besonders wichtig für die Identifizierung von Risiken und für die Bewertung des Fortschritts im Hinblick auf sich ändernde Markt- und Gesellschaftsbedingungen. Transitionspläne sind also nicht nur eine Antwort auf regulatorische Anforderungen, sondern auch ein zentraler Aspekt der Unternehmensstrategie, der die Transparenz und Glaubwürdigkeit gegenüber Stakeholdern wie Investoren, Kunden und der Öffentlichkeit erhöht.
Die regulatorische Landschaft für Transitionspläne umfasst verschiedene nationale und internationale Vorgaben. In der Schweiz sind grosse Unternehmen gemäss TCFD-Empfehlungen ab 2024 (Berichtsjahr 2025) zur Erstellung verpflichtet. International fordern Standards wie der IFRS S2 und die CSRD/ESRS die Offenlegung von Transitionsplänen, die Strategien zur Reduzierung von Kohlenstoffemissionen umfassen. Auch die neue Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) verlangt solche Pläne. Diese Vorschriften werden durch freiwillige internationale Initiativen ergänzt.
Elemente eines erfolgreichen Transitionsplans
Die Integration eines Transitionsplans in die Unternehmensstrategie ist entscheidend, um langfristige Nachhaltigkeit und Rentabilität zu sichern und gleichzeitig neue Geschäftschancen in einer kohlenstoffarmen Wirtschaft zu nutzen.
Ein Transitionsplan umfasst sechs Kernkomponenten:
Die Erstellung von Transitionsplänen stellt Unternehmen vor verschiedene Herausforderungen. Eine wesentliche Schwierigkeit liegt in der Bestimmung und Berechnung des CO₂-Ausstosses, der nicht nur die direkten Emissionen (Scope 1) umfasst, sondern auch die indirekten Emissionen vor- und nachgelagerter Aktivitäten (Scope 2 und 3). Die Qualität und Verfügbarkeit der Daten sowie die Komplexität der Messmethoden erschweren diesen Prozess erheblich.
Ein weiteres Problem ist das Festlegen von Absenkpfaden für die kommenden Jahre, einschliesslich der Auswahl geeigneter Strategien wie Desinvestition, Kundenengagement oder die Ausübung von Stimmrechten. Dabei gilt es, profitable Unternehmen nicht vorschnell zu desinvestieren, sondern durch gezieltes Engagement zu einer Reduktion der Emissionen zu bewegen. Sollte danach immer noch eine Lücke bestehen, müssen Unternehmen zusätzliche Massnahmen wie den Einsatz von erneuerbaren Kohlenstoffenergien (Carbon Renewables) in Betracht ziehen. Zudem erfordert die Planung regelmässige Stresstests und Szenarioanalysen.
Ein erfolgreicher Transitionsplan setzt das dezidierte Engagement der Geschäftsleitung voraus. Verwaltungsrat, CEOs und andere Führungskräfte müssen den Plan aktiv unterstützen und die strategische Ausrichtung des Unternehmens darauf abstimmen, ob es als Vorreiter in Sachen Klimaschutz agiert oder lediglich den regulatorischen Anforderungen folgt.
Obwohl langsam die meisten Unternehmen mit Reporting und Regulierung vertraut sind, mangelt es oft noch an Verständnis für den Transitionsplan. Dieser ergänzt das rückblickende Reporting durch eine zukunftsorientierte Perspektive und bietet so einen umfassenderen Überblick über die Unternehmensstrategie. In Zukunft wird die Bewertung von Unternehmen zunehmend anhand der Qualität und Effektivität ihrer Transitionspläne erfolgen, was auch Auswirkungen auf ihre Finanzierung haben wird.