In dem vom Bundesverwaltungsgericht (BVGer) entschiedenen Fall ging es um die Frage der Vorsteuerabzugsberechtigung einer nicht spezialfinanzierten Dienststelle «Liegenschaftsverwaltung» im Zusammenhang mit der Errichtung eines neuen Gemeindehauses, welches fast vollumfänglich steuerbar genutzt wird.
Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) vertrat entsprechend ihrer publizierten Verwaltungspraxis die Auffassung, dass einer nicht spezialfinanzierten Dienststelle kein Anspruch auf Vorsteuerabzug auf Investitionen zusteht, da die Finanzierung der Investitionen nicht aus steuerbaren Zweckgebühren, sondern aus Steuergeldern erfolgt. Diese steuerfinanzierten Investitionsmittel erhält die Dienststelle «Liegenschaftsverwaltung» von der Finanzabteilung ihres «Muttergemeinwesens» und seien als Subvention bzw. andere öffentlich-rechtliche Beiträge zu qualifizieren, welche einen Anspruch auf Vorsteuerabzug ausschliessen.
In Anwendung der jüngsten Rechtsprechung des Bundesgerichts (2C-356/2020) kommt das BVGer zum Schluss, dass es sich bei den vom «Muttergemeinwesen» zur Verfügung gestellten Finanzierungsmitteln entgegen der Auffassung der ESTV nicht um Subventionen oder andere öffentlich-rechtliche Beiträge handelt, sondern vielmehr um eine Einlage in ein Unternehmen, welche keine Kürzung des Vorsteuerabzugs nach sich zieht. Der Dienststelle «Liegenschaftsverwaltung» steht insofern im Hinblick auf die Investitionen im Zusammenhang mit dem neu errichteten Gemeindehaus der Vorsteuerabzug im Rahmen der steuerbaren Verwendung zu. Die Art der Finanzierung mittels Steuergeldern führt zu keiner Vorsteuerkürzung.
Das BVGer korrigiert mit seinem Urteil die langjährige Verwaltungspraxis der ESTV, welche zu massiven Kostenbelastungen bei zahlreichen Gemeinwesen geführt hat. Es ist daher davon auszugehen, dass die ESTV den Fall an das Bundesgericht weiterziehen wird.
Gemeinwesen sollte prüfen, inwieweit sie in den vergangenen Jahren in Anwendung der Verwaltungspraxis der ESTV Vorsteuerkürzungen auf Investitionen nicht spezialfinanzierter Dienststellen vorgenommen haben. Insbesondere im Hinblick auf abgerechnete Vorsteuerkürzungen im Jahr 2016 besteht dringender Handlungsbedarf, damit ein allfälliger Rückerstattungsanspruch nicht mit dem Jahreswechsel verjährt.