Revidiertes Schweizer Erbrecht sorgt für neue Freiheiten

Haben Sie Ihre Nachlassplanung bereits angepasst?

Norbert Kuehnis

Norbert Kühnis
Leiter Familienunternehmen und KMU, Mitglied der Geschäftsleitung, PwC Schweiz

Erfahrungen vererben sich bekanntlich nicht. Wohl aber Geld und Vermögensteile, zum Beispiel bei einem Familienunternehmen. Im aktuellen INTES UnternehmerBrief erläutert PwC-Partner Jürg Niederbacher im Gastbeitrag, was sich mit der Revision des Schweizer Erbrechts für Unternehmer:innen ändert und warum die Neuregelung für mehr Freiheiten bei der Nachlassplanung und Rechtssicherheit sorgt.

Nachlassplanung

Die Nachlassplanung gehört zu den schwierigsten unternehmerischen Aufgaben. Schliesslich will man das Beste für die Hinterbliebenen und für das Unternehmen. Doch wie plant man die Erbteilung gerecht und regelkonform? Wer muss was kriegen und wem darf man was geben – oder eben nicht? Antworten auf diese und ähnliche Fragen hat der Bundesrat mit der Revision des Erbrechts konkretisiert. Im INTES UnternehmerBrief von Dezember 2022 leuchtet Jürg Niederbacher die Inhalte der Revision für uns aus. Diese Lektüre kann ich nur empfehlen, denn das revidierte Zivilgesetzbuch (ZGB) tritt am 1. Januar 2023 in Kraft.


Angepasste Quoten für Pflichtteile und Nutzniessung

Zu den Hauptänderungen des Erbrechts gehört die Pflichtteilsquote. Den Nachkommen steht neu die Hälfte des gesetzlichen Erbteils zu (bisher 75 Prozent). Für Eheleute und eingetragene Partnerschaften gilt unverändert die 50-Prozent-Regelung. Im Weiteren entfällt der Pflichtteilsanspruch der Eltern. Diese Anpassungen verschaffen dem oder der Erblasser:in mehr Freiheit in der Gestaltung ihres Nachlasses. Hinterlässt er oder sie zum Beispiel einen oder eine Partner:in und zwei Kinder, so beträgt der frei verfügbare Teil des Nachlasses neu 50 Prozent (bisher 32,5 Prozent). Die frei verfügbare Quote zur Nutzniessung wurde ebenfalls auf die Hälfte erhöht (bisher 25 Prozent). Der oder die Erblasser:in kann seinem oder seiner Partner:in damit 50 Prozent des Erbes zuweisen und die andere Hälfte zur Nutzniessung überlassen.

«Da die neuen Regelungen schon bald in Kraft treten, sollten Familienunternehmer:innen ihre bestehende Nachlassplanung überprüfen und bei Bedarf überarbeiten.»

Norbert KühnisLeiter Familienunternehmen und KMU, Mitglied der Geschäftsleitung, PwC Schweiz

Laufende Scheidungsverfahren neu geregelt

Mit der Erbrechtsrevision hat der Bundesrat den Anspruch an den Pflichtteil der überlebenden Eheperson bei einem laufenden Scheidungs- oder Auflösungsverfahren aufgehoben. Damit die Begünstigung tatsächlich erlischt, wird vorausgesetzt, dass beide Parteien das Verfahren gemeinschaftlich eingereicht oder die zweijährige Trennungsfrist eingehalten haben. Bis das Scheidungsverfahren rechtskräftig abgeschlossen ist, behält die ehelich verbundene Person den gesetzlichen Erbanspruch; dieser bleibt unangetastet.

Fragezeichen ausgeräumt

Der Regulator hat das Erbrecht unter anderem revidiert, um gewisse Unsicherheiten aus der bisherigen Gesetzgebung zu eliminieren. Zum Beispiel sind in Erbverträgen Schenkungen neu verboten – ausgenommen Gelegenheitsgeschenke. Wird der oder die Erblasser:in von dieser Regelung abweichen, so muss das im Erbvertrag festgehalten sein. Ansonsten gelten Schenkungen als Herabsetzung. Im Weiteren hat der Bundesrat Guthaben aus einer gebundenen Vorsorge bei einer Bankenstiftung vom Nachlass ausgeschlossen. Trotzdem werden diese Guthaben bei der Berechnung der Pflichtteile hinzugerechnet. Sie unterliegen mit ihrem Rückkaufswert der Herabsetzung.

«Neben der Schaffung von Planungsfreiheiten werden mit der Revision einige Rechtsunsicherheiten beseitigt.»

Jürg NiederbacherPartner im Steuerbereich und Leiter Private Clients & Family Offices, PwC Schweiz

Familieninterne Nachfolgeregelung geplant

Der Regulator hat sich ein weiteres grosses Traktandum auf die Agenda gesetzt: die Revision der familieninternen Nachfolgeplanung. Mit seiner Botschaft vom 10. Juni 2022 will er die familieninterne Unternehmensnachfolge im Erbrecht erleichtern. Er schlägt vor, dass Erb:innen ein Familienunternehmen übernehmen können, wenn der oder die Erblasser:in die Nachfolge nicht schriftlich verfügt hat. Diese Anpassung soll zur höheren Stabilität insbesondere von Schweizer Familienunternehmen und KMU beitragen und Arbeitsplätze sichern. Sie hat den politischen Prozess noch nicht vollständig durchlaufen. Damit bleibt unklar, wann diese Reform in Kraft tritt.

Mit dem revidierten Erbrecht können Erblasser:innen zukünftig über einen grösseren Teil ihres Nachlasses frei verfügen. Die Reduktion des Pflichtteils wird zu mehr Flexibilität bei der erbrechtlichen Unternehmensnachfolge führen und dadurch die Übertragung eines Unternehmens auf die NextGen erleichtern. Das revidierte Erbrecht tritt am 1. Januar 2023 in Kraft. Wir raten Familienunternehmer:innen darum dringend, ihre heutigen Nachlassplanungen zu analysieren und gegebenenfalls anzupassen. Und: Wer das schwierige Thema noch nicht in Angriff genommen hat, kann diese Gesetzesänderung als Anlass dazu nehmen. Wir unterstützen Sie gerne dabei:

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