Die Kunst des Verkaufens perfektionieren

Im Dialog mit der Messeindustrie

Im Dialog mit der Messeindustrie

Christine Bolt amtiert seit 2020 als Direktorin der Olma Messen St. Gallen AG. Im Interview gewährt sie uns Einblick in die gezielte Ausrichtung eines zukunftsgerichteten Vertriebs in einem sich stark verändernden Markt.

«Wir meinen: Erfolg hängt nicht in erster Linie von Gästezahlen oder Umsätzen der Ausstellenden ab, sondern von der Qualität der Kontakte.»

Christine Bolt,CEO, Olma Messen St.Gallen AG

Roland Schegg: Die Messe- und Veranstaltungsbranche wurde von Covid-19 hart getroffen und bis Frühling 2022 in eine Zwangspause geschickt. Wie schaffen Sie es, Ihre Ausstellungsflächen und Veranstaltungen wieder erfolgreich zu vermarkten und die Menschen zurück aufs Messegelände zu holen?

Christine Bolt: Zum Glück ist der Wunsch nach persönlicher Begegnung, Austausch, Erleben und Entdecken tief in den Menschen verankert. Das spüren wir aktuell sehr stark. Deshalb sind wir überzeugt, dass es immer eine Nachfrage nach Live-Kommunikation geben wird. Erfolgreiche Messen und Events müssen sich mit den Bedürfnissen ihrer Zielgruppen weiterentwickeln. Wir haben die veranstaltungsfreie Zeit genutzt, um Inhalte, Konzepte und Prozesse zu hinterfragen und uns zukunftsfit zu positionieren. Dazu haben wir uns unter anderem in den Bereichen Produktentwicklung, Innovationsmanagement und Marketing verstärkt und professionalisiert. Unsere Projekt- und Produktpipeline ist gut gefüllt.

Wie haben sich die Anforderungen Ihrer Kundschaft und Besuchenden seit der Pandemie verändert?

Die Unsicherheit in einigen Märkten führt bei gewissen Veranstaltenden zu Sparmassnahmen. Steigende Kosten etwa für Lebensmittel, Personal oder Energie schlagen zu Buche. Das Online-Business hat durch Corona einen Schub erlebt. Die Positionierung von Live-Kommunikation muss neu gefestigt werden. Dazu gehört die Diskussion, woran der Erfolg eines Events gemessen wird. Wir meinen: Erfolg hängt nicht in erster Linie von Gästezahlen oder Umsätzen der Ausstellenden ab, sondern von der Qualität der Kontakte. Live-Kommunikation ermöglicht maximale Kontaktqualität und ist das stärkste Marketinginstrument in der Beziehungspflege. Besuchende erwarten an einer Messe nicht einfach nur ein temporäres Einkaufszentrum. Sie suchen ein stimmiges Gesamterlebnis.

Ihr Experte bei Rückfragen
Roland Schegg

Roland Schegg
Director, Leiter Consulting Familienunternehmen & KMU, PwC Schweiz
Tel.: +41 79 215 29 31
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Man hört, dass sowohl Publikums- als auch Fachmessen mit schwindenden Aussteller- und Besucherzahlen konfrontiert seien. Der Onlinebereich, aber auch neue Formate wie die Meta-World bedrängen klassische Messe- und Veranstaltungsformate. Was ist Ihre Beobachtung und weshalb sind physische Messen und Veranstaltungen nach wie vor erfolgreich?

Messen bieten Unterhaltung, Erlebnis und Inspiration. Erleben, Ausprobieren, Anfassen ist digital kaum oder gar nicht möglich. Dass Menschen sich persönlich begegnen wollen, belegen auch unsere Besucherzahlen 2022. Sie liegen auf halbem Weg nach den Einschränkungen Richtung Niveau vor der Pandemie. Hybride Formate machen vor allem bei Fachkongressen Sinn. Darum haben wir sie bereits mehrfach umgesetzt. Vor, während und nach der Messe gezielt eingesetzt machen digitale Kanäle und Elemente eine physische Messe besser und attraktiver – für Besuchende und Ausstellende.

«Live-Kommunikation ist ein wichtiger Kanal im Omnichannel-Modell.»

Welche Rolle spielen Ihrer Meinung nach Messen, Kongresse und Veranstaltungen als Absatzkanäle im Rahmen eines Omnichannelling-Modells? Wie gehen Sie damit um?

Live-Kommunikation ist ein wichtiger Kanal im Omnichannel-Modell. Mit Messen, Kongressen und Events bieten wir den Unternehmen die Möglichkeit, potenzielle Kund:innen im persönlichen Kontakt zu erreichen, Interaktionen mit bestehenden Kund:innen zu gestalten und Produkte und Dienstleistungen direkt der Zielgruppe zu präsentieren. Live-Kommunikation ist als wichtiger Teil eines zielgerichteten Marketingmix zu verstehen, ergänzend zu anderen Kanälen wie Social Media, Search, Public Relations. Wir von den Olma Messen sind gefordert, einen nahtlosen Übergang zu den anderen Kanälen unserer Kunden zu gewährleisten und ein konsistentes Markenerlebnis zu bieten. Um das zu erreichen, entwickeln wir unsere digitale Infrastruktur laufend weiter.

Die Olma Messen stehen für einzigartige Erlebnisse. Sie bringen jährlich rund 800’000 Menschen zusammen. Über welche Kanäle erreichen Sie Ihre Kundschaft heute und in Zukunft? Was verändern die Olma Messen beispielsweise an der eigenen Vertriebsstrategie?

Wir sprechen unsere Zielgruppen dort an, wo sie sich aufhalten. Sie sind heterogen, deshalb variiert der Kanalmix von Produkt zu Produkt. Die Mediennutzung verändert sich laufend. Deshalb sind wir gefordert, Ort und Art der Ansprache ständig zu verbessern. Dazu optimieren wir unser Besucherdatenmanagement und treten mit unseren Gästen direkt in Kontakt.

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Olma Messen St.Gallen AG

Die Olma Messen St. Gallen sind der bedeutendste Begegnungsort der Ostschweiz und einer der grössten drei Messestandorte der Schweiz. Rund 90 Mitarbeitende sorgen dafür, dass auf dem Messegelände jährlich rund 800'000 Menschen im Rahmen von Messen, Kongressen und Events zusammenfinden – sei es mit Eigen- oder Gastformaten. Die Olma Messen zählen zu den grössten und wichtigsten Messeveranstalterinnen der Schweiz und sind gleichzeitig ein wichtiges Stück St. Galler Identität. Gemeinsam mit ihren zahlreichen Ausstellenden, Veranstaltenden und Besuchenden generieren sie in der Ostschweiz jährlich 177 Mio. CHF Umsatz. Damit verbunden sind Beschäftigungseffekte von rund 1’350 Vollzeitstellen.

«Wir arbeiten an der Datenqualität, um Automatisierungsmöglichkeiten zu nutzen.»

Mit der neuen Halle 1 realisieren die Olma Messen ein Generationenprojekt. Im Herbst 2023 erfolgt eine erste Teilnutzung, die Eröffnung ist auf Frühling 2024 geplant. Die Haupthalle umfasst eine Fläche von 9'000 Quadratmetern, im Foyer stehen weitere 3'300 Quadratmeter zur Verfügung. Für Events finden hier bis zu 12'000 Menschen Platz. Das sind neue, in der Bodenseeregion sicherlich einzigartige Dimensionen. Wie gehen Sie marktseitig mit der neuen Infrastruktur um? Wie binden Sie Ihr Team und Ihre Organisation für diesen grossen Schritt ein?

Die Halle 1 ist kein Einzelprodukt. Sie erweitert das Angebot der Olma Messen und funktioniert im Zusammenspiel mit den bestehenden Angeboten. Sie erlaubt uns nicht nur, grössere Veranstaltungen auf einer Fläche durchzuführen, sondern macht uns auch flexibler bei Parallelnutzungen. Wir sprechen potenzielle und bestehende Kund:innen und Veranstaltende auf vielfältige Weise an. Sei es mit Telefonmarketing, Mailings, persönlichen Gesprächen, Verkaufspräsentationen, Ortsbegehungen oder durch Beiträge in Fachzeitschriften, Raumfindern und auf Veranstaltungen. Darüber hinaus bewerben wir unsere Angebote über Websites und Social Media. Wir arbeiten an der Datenqualität, um Automatisierungsmöglichkeiten zu nutzen.

Die Olma Messen öffnen sich derzeit weiter auch kapitalmässig gegenüber Wirtschaft, Gewerbe und Privatpersonen. Die Wandlung von der Genossenschaft zur Aktiengesellschaft ist vollzogen, die kommunizierte Kapitalerhöhung ist in vollem Gange. Das Unternehmen verändert sich mit hohem Tempo. Wie erleben Sie persönlich diese Transformation?

Ich bezeichne sie als «wohl aktuell grösste und spannendste Entwicklungsgeschichte der Ostschweiz». Sie ist sehr anspruchsvoll, da auf vielen Dimensionen mit wenig Zeit und Geld viel verändert und entwickelt werden muss. Das ist spannend, anspruchsvoll, manchmal belastend und sehr intensiv. Wir tragen eine grosse Verantwortung und stehen unter der Beobachtung von Öffentlichkeit, Politik, Medien und unserem Aktionariat. Ich persönlich erachte es als Privileg, an dieser einzigartigen Geschichte teilzunehmen.

Carolina Thomaz

Über Christine Bolt

Christine Bolt ist seit 2020 CEO der Olma Messen St. Gallen. Zuvor war sie unter anderem Mitglied der Geschäftsleitung vom St. Galler Tagblatt und Direktorin von Toggenburg Tourismus.

#social#

Hinweis: Bilder von Michael Huwiler

Erfolg ist keine Frage der Grösse, sondern des Qualitätsanspruchs.

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Roland Schegg

Director, Leiter Consulting Familienunternehmen & KMU, St. Gallen | Chur | Vaduz, PwC Switzerland

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Hanspeter Rytz

Senior Manager, Consulting Familienunternehmen, KMU & Public, Bern, PwC Switzerland

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