Die Teilrevision des Geldwäschereigesetzes – Denkanstösse einer Revisionsgesellschaft

Martin Zuan Director, Compliance & Regulation, PwC Switzerland 23 Jun 2021

Die Teilrevision des Geldwäschereigesetzes durchläuft aktuell die Referendumsfrist und tritt voraussichtlich per Beginn des kommenden Jahres in Kraft. Vorgesehen ist unter anderem eine gesetzliche Pflicht zur systematischen Überprüfung und Verifizierung der Identität des wirtschaftlich Berechtigten sowie die periodische Überprüfung und Aktualisierung sämtlicher Kundendaten. Die diesbezüglichen Herausforderungen und Umsetzungsmöglichkeiten sollen im Nachfolgenden beleuchtet werden.

Die Teilrevision des Geldwäschereigesetzes geht mit der gesetzlichen Verankerung der expliziten Pflicht des Finanzintermediärs zur risikoorientierten Überprüfung der Identität der wirtschaftlich berechtigten Person einher. Demnach muss sich der Finanzintermediär vergewissern, dass es sich bei der auf den Formularen gemäss Standesregeln genannten Person tatsächlich um die wirtschaftlich berechtigte Person handelt. Dies stellt eine wesentliche Massnahme zur Erkennung von Strohmännern und -frauen dar.

Zudem muss der Finanzintermediär sämtliche Kundendaten und Belege regelmässig auf ihre Aktualität prüfen und bei Bedarf erneuern. Diese neue Pflicht besteht ungeachtet des inhärenten GwG-Risikos und trifft vor allem im Retailgeschäft auf das Dilemma niedrige Margen vs. schlanke Prozesse. Die Branche hat die letzten zwanzig Jahre intensiv daran gearbeitet, den Retailkunden möglichst kosteneffizient zu betreuen. Nun müssen diese Prozesse überdacht bzw. geschickt ergänzt werden.

Die Teilrevision sieht vor, dass beide Pflichten periodisch, ereignisunabhängig und gemäss einem risikobasierten Ansatz zu erfüllen sind.

Überprüfung des wirtschaftlich Berechtigten 

Insbesondere bei der Überprüfung der wirtschaftlich berechtigten Person stellt sich die Frage nach der Umsetzung. Hat die Erfüllung dieser Pflicht rein materiell und/oder formell zu erfolgen? Wie kann sich der Finanzintermediär vergewissern, dass es sich tatsächlich um die wirtschaftlich berechtige Person handelt? Ein formeller Ansatz ermöglicht einen Abgleich der Angaben auf den Formularen der VSB mit einem amtlichen Dokument, sagt indes wenig darüber aus, ob es sich effektiv um die Person handelt, welcher die Vermögenswerte letztlich gehören. Mit anderen Worten müsste ein Strohmann sich zur Bestätigung der VSB-Formulare zusätzlich nur noch ein amtliches Dokument beschaffen. 

Die materielle Komponente ist umfangreich in der Definition, scheint aber die zielführendste, um sicherzustellen, dass eine gewisse Kongruenz zwischen den Angaben auf den VSB-Formularen und der Kundengeschichte bezüglich des wirtschaftlich Berechtigten besteht. Da dieser Prozess risikoorientiert sein soll, stellt sich zudem die Frage, ob zwischen den formellen und den materiellen Massnahmen eine Art Numerus clausus besteht: Kann bei einem mittleren Risiko die Überprüfung auf rein materielle Aspekte beschränkt und erst bei höherem Risiko eine zusätzliche formelle Überprüfung durchgeführt werden? Genügt eine materielle Überprüfung mittels Drittbelegen? Wie weit soll eine solche Überprüfung gehen? Treiber dieser Überlegungen und Massstab der adäquaten Erfüllung dieser Pflicht muss die Beurteilung sein, wie geeignet ein Prozess ist, um einen Strohmann bzw. eine Strohfrau zu erkennen. Eine Kombination formeller und materieller Massnahmen wird sich wohl kaum vermeiden lassen.

Der periodische Review sämtlicher Kunden

Eine weitere Herausforderung ist die Festlegung einer angemessenen Frequenz bei der ereignisunabhängigen Überprüfung der Kundendaten und Belege. Ein Blick über die Grenze nach Deutschland zeigt, dass die Häufigkeit risikogetrieben zwischen einem Jahr und bis zu zehn Jahren liegt. Ist zehn Jahre als längste Frist auch für die Schweiz denkbar? In informellen Gesprächen liess die hiesige Finanzmarktaufsicht durchblicken, eine Frist von mehr als sieben Jahren sei wohl eher lang. Dabei sollte doch eine FATF-konforme Umsetzung in Deutschland auch für die Schweiz ein Richtwert sein. Wenn wir beispielsweise Mieterkautionskonti oder die Götti- und Gottenkonti von Minderjährigen anschauen, dann ist eine rein ereignisgekoppelte Überwachung einer sturen Sanduhr vorzuziehen. Der Branchenstandard wird sich mit der Zeit herausbilden. Je flexibler die Umsetzung gewählt wird, desto rascher wird ein Finanzintermediär sein System anpassen können.

Ein Lösungsansatz könnte darin bestehen, die periodische Überprüfung von Kundendaten gleichzeitig mit der Einholung/Überprüfung/Erneuerung von Kundendaten basierend auf anderen regulatorischen Vorschriften wie bspw. CRS-AIA, FATCA, QI oder FIDLEG durchzuführen. Mindestens eine Angleichung der betroffenen Kundengruppen könnte ermöglichen, dass der Kunde effizient und nur «so oft wie nötig» kontaktiert werden muss. Dies würde eine etwas opportunistische Entkoppelung des Geldwäscherisikos von der Periodizität der Überprüfung mit sich bringen. Die Körbe, welche definiert werden, müssten sowohl dem Risikoanspruch aus dem Geldwäschereigesetz als auch den Anforderungen der jeweils weiteren regulatorischen Pflichten genügen können.

Eine effiziente und zielführende Umsetzung als Leitplanke

Der Gesetzgeber räumt den Finanzintermediären bei der Erfüllung der Pflichten im Rahmen der Teilrevision des Geldwäschereigesetzes einen grossen Ermessensspielraum ein, der sowohl Segen als auch Fluch zu sein scheint. Der risikoorientierte Ansatz deutet darauf hin, dass es sich beim Treiber der Massnahmen zur wirtschaftlichen Berechtigung oder der Periodizität um reine Risikoüberlegungen handeln soll. Aus unserer Perspektive müsste es indes auch möglich sein, innerhalb einer Gruppe mit gleichem Geldwäschereirisiko eine feinere Abstufung der Periodizitäten zur Überprüfung und Erneuerung festzulegen. Dies würde ermöglichen, bestehende regulatorische Pflichten (welche nicht durch das inhärente Geldwäschereirisiko getrieben sind) in die Überlegungen einfliessen zu lassen. Es sollte angestrebt werden, in Kundengruppen mit niedrigem GwG-Risiko Prozesse aufzusetzen, welche die Rentabilität ermöglichen. Optik und Fokus im Retailgeschäft müssen auf die Erkennung von Risiken gerichtet sein, welche bisher in der Retailpopulation unerkannt geblieben sind. Die Umsetzung bezüglich der Pflichten beim wirtschaftlich Berechtigten muss der Erkennung von Strohmännern bzw. -frauen dienen.

Wir dürfen nicht vergessen, dass wir die Gesamtheit dieser Massnahmen umsetzen, um als Finanzintermediär nicht zum Zweck der Geldwäscherei missbraucht zu werden, nicht um den administrativen Apparat unnötig aufzublähen. Der gesunde Menschenverstand sollte eine wichtige Leitplanke darstellen – die Angemessenheit der Umsetzung hat sich an der Eignung zur Geldwäschereibekämpfung zu messen. 

Mit einem tiefen Einblick in eine Vielzahl von Marktbearbeitern und ausgewiesener GwG-Expertise stehen wir Ihnen als Sparringpartner zur Seite. Wir unterstützen Sie gerne bei der Definition des künftigen Konzepts, den Aufräumarbeiten der Legacy-Kundenpopulation und der Erwägung der möglichen Optionen.

Autoren: Martin M. Zuan unter Mitwirkung von Cristina Gonçalves und Janice Hagen

 

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