Intermediärgeschäft

Entwicklungen und Anforderungen im Kontext der Geldwäscherei- und Terrorismusbekämpfung

Das Geschäftsjahr 2023 brachte bereits zu Beginn wesentliche Änderungen in der regulatorischen Landschaft. Diesem Bedürfnis zur Anpassung und Weiterentwicklung folgten dann weitere bedeutende Veränderungen, die sich direkt auf den Finanzplatz Schweiz auswirkten.

Zum einen mussten externe Vermögensverwalter (EAM) vor dem 1. Januar 2023 eine Bewilligung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA) beantragen, um ihre Tätigkeit weiter ausüben zu dürfen (vgl. Art. 17 ff. i.V.m. Art. 74 Abs. 1 FINIG). Zum anderen trat das revidierte Geldwäschereigesetz (GwG) am 1. Januar 2023 in Kraft. Überdies führte die Akquisition der Credit Suisse durch die UBS zu spürbaren Konsequenzen und einem Vertrauensverlust gegenüber der Finanzwelt. Diese Veränderungen sind nicht nur für die Banken direkt spürbar, sondern wirken sich auch auf die Dreiecksbeziehung zwischen Kunden, externem Vermögensverwalter und Depotbank aus. Diesbezüglich stellt sich unter anderem die Frage, welche Herausforderungen und Risiken das Intermediärgeschäft für Depotbanken birgt. Ob auch Chancen in den neusten regulatorischen- und Marktentwicklungen zu erkennen sind? Wie Vermögensverwalter mit den anspruchsvollen GwG-Regelungen umgehen? Diese und andere spannende Fragen rund um die Dreiecksbeziehung konnten wir in einem Interview mit Nadine Blattner Schmutz, Head of Legal, Compliance & Risk, Aquila AG, in Erfahrung bringen.

 

Die Aquila AG unterstützt zurzeit rund 90 Vermögensverwalter in der Schweiz mit der Aquila Dienstleistungsplattform. Welche Auswirkungen der neuen Geldwäschereiregulierungen auf die Dreiecksbeziehung zwischen Kunde – externer Vermögensverwalter – Depotbank haben Sie als Aquila Gruppe gespürt?

Allgemein ist durch die Anpassung des Aufsichtskonzepts mit Inkrafttreten des FINIG sowie eines Generationswechsels bei unabhängigen Vermögensverwaltern eine Angleichung des Verständnisses betreffend Erfüllung der gesetzlichen Pflichten spürbar. Wir erleben unabhängige Vermögensverwalter als flexibel, sich neuen aufsichtsrechtlichen Herausforderungen zu stellen und die notwendigen Änderungen umzusetzen. Bereits im Rahmen des FINMA-Bewilligungsgesuchs mussten die unabhängigen Vermögensverwalter ihre Prozesse überprüfen und anpassen. Dadurch wurde eine weitere Sensibilisierung auf die Einhaltung der Geldwäschereiregulierung erreicht, was sich auch in der Qualität der Kundendokumentation widerspiegelt.

Wie gehen ihre Partnergesellschaften mit der ressourcenintensiven Pflicht zur periodischen Überprüfung der Kundenbeziehungen und der Verifikation der wirtschaftlichen Berechtigung um?

Wir greifen für unsere Partnergesellschaften technologische Fortschritte auf. Die Nutzung und Weiterentwicklung eines CRM-Tools ist deshalb für uns unumgänglich, um die periodische Pflicht zur Aktualisierung der Kundendaten einschliesslich der Verifikation der wirtschaftlichen Berechtigung zu unterstützen und effizient zu gestalten. Eine Digitalisierung und somit auch Automatisierung ermöglicht, sich stärker zu differenzieren und die Belastung durch die Vielzahl von Vorschriften zu minimieren, um ausreichend Zeit für die Kundenbedürfnisse zu haben. Unsere Partner werden durch unsere Compliance-Dienstleistungen in diesem Bereich ressourcentechnisch umfassend unterstützt. 

Wie haben Sie die Rollen und Pflichtenverteilung zwischen Vermögensverwalter und Depotbank generell definiert?

Als Aquila Depotbank erkennen wir an, dass der externe Vermögensverwalter das volle Vertrauen seiner Kunden geniesst. Er betreut seine Kunden langfristig, persönlich und nicht selten generationenübergreifend und wir als Aquila Depotbank unterstützen dabei mit einer für den Kunden optimalen Bankbeziehung. Die Zusammenarbeit funktioniert dann, wenn durch Transparenz Vertrauen geschaffen wird. Der Zusammenarbeitsvertrag zwischen Depotbank und dem externen Vermögensverwalter bildet die Basis für die Zusammenarbeit, soll aber kein Papiertiger sein. Die darin enthaltenen Verpflichtungen müssen gelebt werden. Wir erwarten deshalb für eine Zusammenarbeit mit externen Vermögensverwaltern, dass sie die Finanzmarktregulierung ernst nehmen und die massgeblichen Sorgfaltspflichten einhalten.

Welche Pflichten haben die Vermögensverwalter bei der Überprüfung von Bestandskunden gegenüber der Depotbank?

Auch wenn die durch den externen Vermögensverwalter festgelegte Periodizität der Überprüfung von Bestandskunden mit der Priorisierung durch die Depotbank divergieren kann, so haben wir den Anspruch an die externen Vermögensverwalter, dass die über den Kunden vorhandenen Informationen durch den externen Vermögensverwalter auf unsere Anfrage hin geprüft und ggf. aktualisiert werden. Abklärungen durch die Depotbanken sollten als Chance gesehen werden, Denkanstösse für eine Gesamtbetrachtung der Kundenbeziehung zu erlangen und so die originäre Pflicht jedes einzelnen Finanzintermediärs zweckmässig zu erfüllen.

Wie stellen Sie in Ihrer Funktion als Depotbank die Verifikation der wirtschaftlichen Berechtigung sicher, da die effektive Kundenbetreuung und Interaktion weitestgehend von den externen Vermögensverwaltern ausgeführt wird?

Das alleinige Abstützen auf Abklärungen eines Dritten gehört im Allgemeinen meines Erachtens der Vergangenheit an. Wir tätigen eigene Abklärungen und nehmen insbesondere eigene Recherchen in Datenbanken vor. Auch die Erkenntnisse aus dem Transaktionsverhalten beziehen wir ein, um unsere eigene Pflicht zur Verifikation der wirtschaftlichen Berechtigung zu erfüllen.

Abklärungen durch die Depotbanken sollten als Chance gesehen werden, Denkanstösse für eine Gesamtbetrachtung der Kundenbeziehung zu erlangen und so die originäre Pflicht jedes einzelnen Finanzintermediärs zweckmässig zu erfüllen.

Nadine Blattner SchmutzHead of Legal, Compliance & Risk, Aquila AG
Carolina Thomaz

Über unsere Interviewpartnerin

Nadine Blattner Schmutz
Head of Legal, Compliance & Risk,
Aquila AG

Beim Intermediärgeschäft ist eine gute Zusammenarbeit zwischen den drei Parteien Kunde – externer Vermögensverwalter – Depotbank äussert zentral und dennoch liegt die Sicherstellung der Umsetzung der GwG-Pflichten bei jedem involvierten Finanzintermediär (d.h. Depotbank und externer Vermögensverwalter). Was prägt im Allgemeinen eine gute Zusammenarbeit zwischen den involvierten Parteien?

Eine gute Zusammenarbeit beginnt im Anbahnungsprozess für eine künftige potentielle Kooperation. Ein externer Vermögensverwalter und die Depotbank müssen «zusammenpassen», das heisst, der Risikoappetit der Parteien muss weitestgehend kongruent und der Anspruch an die Kundendokumentation und Transaktionsabklärungen müssen von Anfang an in etwa deckungsgleich sein. Im weiteren Verlauf sind eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe, Transparenz sowie ein gegenseitiges Verständnis wesentliche Eckpfeiler.

Bei welchen Compliance-Aktivitäten kann man sich auf die Depotbank bzw. Vermögensverwalter abstützen und welche Aktivitäten müssen zwingend «doppelt» und «eigenständig» ausgeführt werden?

Eine «Aufteilung» der Pflichten kommt im Wesentlichen nur bei Sorgfaltspflichten formeller Art in Betracht. Ein typisches Beispiel im Dreiecksverhältnis ist hierfür die Vornahme der Identifikation des Vertragspartners durch den externen Vermögensverwalter. In materieller Hinsicht kann es sinnvollerweise auch zu einem Abstützen kommen, wenn Informationen oder Einschätzungen im Hinblick auf länderspezifische Gegebenheiten oder spezielle Sprachkenntnisse erforderlich sind. Dann ist üblicherweise der auf einzelne Kernmärkte spezialisierte externe Vermögensverwalter eine wertvolle Informationsquelle. Im Hinblick auf die Erfüllung der materiellen Sorgfaltspflichten einschliesslich der Verifikation der wirtschaftlichen Berechtigung oder eine Beurteilung eines Meldesachverhalts sehe ich hingegen die Notwendigkeit einer doppelten Erfüllung der Pflichten. Allerdings sollten sich die Depotbank und der externe Vermögensverwalter als Allianz sehen, in der die eigenständige Wahrnehmung der Pflichten zu einer doppelten Wirksamkeit führt. So kann der externe Vermögensverwalter gegebenenfalls von Ergebnissen aus einem durch die Depotbank durchgeführten Kundenstammdatenabgleich profitieren, wenn der externe Vermögensverwalter den Kundenabgleich in einer anderen Periodizität oder mit anderen Mitteln durchführt, indem er so zügiger an Informationen gelangt, die eine Abklärung auslösen.

Was sind mögliche Herausforderungen in der Kommunikation und Informationsbeschaffung zwischen der Depotbank und den externen Vermögensverwaltern?

In der Praxis kann es weiterhin vorkommen, dass aufgrund der unterschiedlichen Grösse und Organisation der Depotbank im Vergleich zum externen Vermögensverwalter das Verständnis an eine systematische und holistische Kundendokumentation abweicht oder initiierte Abklärungen zunächst Unverständnis entstehen lassen, besonders wenn es vom externen Vermögensverwalter langjährig betreute Kunden betrifft. Indessen sollten vom Kooperationspartner gestellte Anfragen als Chance gesehen werden, die eigene Dokumentation zu aktualisieren.


Ist es in der Marktpraxis von Vermögensverwaltern verankert, dass die Depotbanken die GwG-Prozesse sowie die internen Kontrollsysteme und Weisungen im Rahmen der Überwachung von Intermediären periodisch prüfen und inspizieren?

Eine periodische Überprüfung in Bezug auf die externen Vermögensverwalter (EAM-Review) ist in der Praxis fester Bestandteil. Der Umfang dieses Aktualisierungs- und Überwachungsprozesses wird hingegen noch unterschiedlich gehandhabt. Überwiegend von der im Ausland geprägten Praxis kann der Überprüfungsprozess auch die Einholung des Wolfsberg Financial Crime Compliance Questionnaire (FCCQ) umfassen, der erstmals 2020 für das Nicht-Korrespondenzbankengeschäft publiziert wurde. Die Einholung dieses Fragebogens oder weiterer interner Dokumente kann zweckmässig sein und sollte risikobasiert festgelegt werden. Viel wichtiger erscheint mir, dass die Erfüllung der regulatorischen Pflichten anhand der Erfahrungen im Tagesgeschäft beurteilt wird und spürbar ist, dass diese gelebt werden.

Das EAM-Geschäft birgt für Depotbanken ein wesentliches Reputationsrisiko, da Depotbanken zwar die inhärenten Risiken der Kundenbeziehungen mittragen, aber die Verbundenheit zum Kunden und damit die Informationsdichte und Kontrollmöglichkeiten deutlich geringer sind. Welche Möglichkeiten haben die Depotbanken, um effektiv auf die Aktivitäten der Vermögensverwalter Einfluss zu nehmen und damit ihre eigenen regulatorischen Risiken und Reputationsrisiken zu reduzieren?

Eine risikoreduzierende Massnahme ist sicherlich der vorgenannte periodische Überprüfungsprozess. Wesentliches Element für die Steuerung und Senkung von Risiken scheint mir die Durchführung von regelmässigen Managementgesprächen zwischen der Depotbank und dem externen Vermögensverwalter. So können die Entwicklung des externen Vermögensverwalters im Allgemeinen und seine etwaigen Strategieanpassungen eingeschätzt werden, um ggf. frühzeitig reagieren zu können. Zudem muss auch im Intermediärgeschäft der Endkunde unabhängig vom Zubringer beurteilt werden.

Generell wichtig erscheint mir, das Intermediärgeschäft nicht als Auslagerung der Kundenbetreuung zu sehen. Vielmehr sollte das Intermediärgeschäft auch in die Risikoanalyse der Depotbank einfliessen und der Risikoappetit muss im Hinblick auf das Intermediärgeschäft und die Endkunden festgelegt sein.


Da die Vermögensverwalteraktivitäten von Credit Suisse und UBS zusammengelegt werden, entsteht ein regelrechtes «Wealth Management Powerhouse». Dabei könnten zahlreiche Kundinnen und Kunden abwandern und persönlichere sowie «familiärere» EAM-Beziehungen anstreben. Erwarten Sie einen Kundenzuwachs bei der Aquila Gruppe und sehen Sie in diesem Zusammenhang auch Risiken und Herausforderungen aus der Sicht von Legal, Risk und Compliance?

Hierbei ist bei Aquila zwischen Plattform- und Depotbankengeschäft zu entscheiden. Die Aquila-Plattform besteht bereits seit über 20 Jahren und hat so manchen Trend miterlebt, dass Kundenberater von Banken sich als unabhängige Vermögensverwalter selbständig gemacht haben oder sich bestehende Gesellschaften bei unserer Plattform angeschlossen haben. Die Finanzkrise 2008 sowie die Anpassung des Aufsichtskonzepts mit Inkrafttreten des FINIG sind Beispiele dafür. Es entspricht unserer Erfahrung, dass bei Änderungen im Marktumfeld die Idee vom Weg in die Selbständigkeit aufkommen kann. Wir streben bei der Aquila-Plattform weiterhin ein gesundes, stetiges Wachstum an. Externe Vermögensverwalter, die unsere Depotbank als Bankbeziehung für ihre Kunden in Betracht ziehen, sehen aktuell insbesondere unsere private Eigentümerstruktur sowie die hohe Sicherheit als mögliche Vorteile. Mit Blick auf Legal, Compliance und Risk ist es wichtig, dass trotz neuer Opportunitäten die Prozesse Anwendung finden und Risikoeinschätzungen vorgenommen werden.

Generell wichtig erscheint mir, das Intermediärgeschäft nicht als Auslagerung der Kundenbetreuung zu sehen. Vielmehr sollte das Intermediärgeschäft auch in die Risikoanalyse der Depotbank einfliessen und der Risikoappetit muss im Hinblick auf das Intermediärgeschäft und die Endkunden festgelegt sein.

Nadine Blattner SchmutzHead of Legal, Compliance & Risk, Aquila AG

Vermögensverwalter unterstehen neben dem GwG auch dem Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) und haben unter anderem eine Angemessenheits- und Eignungsprüfung, welche die Erfassung von wesentlichen Kundeninformationen zum Gegenstand hat, durchzuführen. Hier sind insbesondere die beruflichen und privaten Gegenebenheiten, die finanziellen Verhältnisse und Verpflichtungen sowie die persönlichen Präferenzen zu erwähnen. Die erfassten Kundendaten werden in einem Anlegerprofil erfasst und müssen periodisch überprüft und aktualisiert werden. Erachten Sie es als sinnvoll, allfällige Synergien zwischen der periodischen Überprüfung des Kundenprofils (KYC) und dem Anlageprofil zu nutzen?

Der Kundenkontakt ist die Basis für die Erlangung der nötigen Informationen – unabhängig davon, ob diese für das KYC oder das Anlageprofil relevant sind. Es ist also durchaus sinnvoll, die Informationen ganzheitlich zu erfragen, da diese auch in sich stimmig sein müssen. Die daraus entstehenden Synergien sollten also genutzt werden und idealerweise sollte die Aktualisierung der Kundeninformationen auch für eine mögliche Anpassung des Anlageprofils dienen, sofern es die Umstände zulassen und nicht ad hoc Anpassungsbedarf besteht.

Wie stellen Sie bei der Aquila Gruppe sicher, dass risikorelevante Kundeninformationen zwischen dem KYC und dem Anlegerprofil konsistent geführt werden?

Die Nutzung eines kombinierten benutzerfreundlichen CRM/PMS-Tools hilft, die Informationen konsistent zu erfassen. Durch unsere Franchise-Dienstleistungen werden die Partnergesellschaften periodisch und anlassbezogen im Hinblick auf die Wichtigkeit der Datenkonsistenz und -qualität geschult und durch die Kontrollen der 2nd line streben wir fortlaufende Verbesserungen an. 

Wie haben Sie den periodischen Überprüfungsprozess zur Sicherstellung der Datenkonsistenz und hohen Datenqualität von risikorelevanten Kundeninformationen innerhalb der Aquila Gruppe umgesetzt?

Aufgrund der Grösse unserer Plattform wählen wir einen systembasierten Überprüfungsprozess, der periodisch oder anlassbezogen erfolgt. Nebst der technischen Unterstützung können unsere Partnergesellschaften den Vorteil nutzen, dass sie die nötige Kundennähe und den Zugang zu den nötigen Informationen haben, welche fortlaufend zu dokumentieren sind.

 

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Michèle Hess

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