Die Steuerattribute der Anleger und die operative Gestaltung der Fondsmanager werden über die steuerliche Effizienz vieler alternativer Anlagen bestimmen. Um die Fondsperformance beizubehalten, müssen die Manager neu darüber nachdenken, wie sie Fonds verwalten und strukturieren.
Was hat sich geändert?
Die internationale Steuer- und Regulierungslandschaft hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Dies wirkt sich unmittelbar auf die Manager alternativer Anlagen aus. Viele der regulatorischen Veränderungen ergaben sich aus der Finanzkrise im Jahr 2008. Die Veränderungen bei der internationalen Besteuerung beruhen jedoch auf der allgemeinen Erkenntnis, dass das internationale Steuersystem an die aktuelle globalisierte und zunehmend digitale Welt angepasst werden muss.
Aus diesem Grund entschieden die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und die G20-Staaten im Jahr 2011, dass es Zeit für eine Anpassung dieses Steuersystems sei, da es seinem Zweck nicht mehr gerecht werde. Die Kombination aus einer sich drastisch verändernden Steuerlandschaft und EU-weiten regulatorischen Änderungen durch die Einführung der Alternative Investment Fund Managers Directive (AIFMD, Richtlinie über die Verwalter alternativer Investmentfonds) und der Markets in Financial Instruments Directive (MiFID, Richtlinie über Märkte für Finanzdienstleistungen) dürfte erhebliche Auswirkungen auf die zukünftige Arbeitsweise von Vermögensverwaltern haben.
Der Kern des internationalen Steuersystems entstand nach dem Zweiten Weltkrieg, in einer Zeit vor der Globalisierung und Digitalisierung. Im Jahr 2013 rief die OECD zusammen mit den G20-Ländern das Projekt Base Erosion and Profit Shifting (BEPS, Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung) ins Leben. BEPS dient der Bekämpfung von «Steuervermeidungsstrategien, die Lücken und Inkongruenzen in Steuervorschriften ausnutzen, um Gewinne künstlich an Orte mit niedriger Besteuerung oder ohne Besteuerung zu verlagern» (OECD, Website). BEPS sieht verschiedene Massnahmen vor, die von den Regierungen in ihrer innerstaatlichen Gesetzgebung und in ihren Doppelbesteuerungsabkommen umgesetzt werden sollen. BEPS wurde und wird in vielen Ländern der Welt umgesetzt. Für die EU erliess die Europäische Kommissionam 12. Juli 2016 die Anti-Tax Avoidance Directive (ATAD I, Richtlinie zur Bekämpfung der Steuervermeidung), nach der die EU-Mitgliedstaaten einige Ergebnisse von BEPS bis zum 1. Januar 2019 in innerstaatliche Rechtsvorschriften umzusetzen haben. Am 29. Mai 2017 erliess die Kommission eine zweite Richtlinie zur Änderung der ATAD I (ATAD II). Die ATAD II muss von den Mitgliedstaaten bis zum 31. Dezember 2019 umgesetzt werden.
Die einzelnen Massnahmen im Rahmen der ATAD I umfassen:
- eine Abzugsbeschränkung für Zinsen (und ähnliche Aufwendungen),
- die Einführung allgemeiner Massnahmen zur Bekämpfung der Steuervermeidung,
- die Einführung von Vorschriften für beherrschte ausländische Unternehmen.
Die ATAD II ergänzt die ATAD I um Vorschriften zur Bekämpfung negativer Steuerergebnisse aufgrund von Inkongruenzen der steuerlichen Behandlung zwischen zwei EU-Mitgliedstaaten oder einem EU-Mitgliedstaat und einem Drittland.
Parallel dazu unterzeichneten mehr als 80 Staaten weltweit ein mehrseitiges Übereinkommen – meist als Multilaterales Instrument (MLI) bezeichnet – zur Umsetzung von Massnahmen im Zusammenhang mit Doppelbesteuerungsabkommen, mit denen Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung verhindert werden sollen. Die OECD hoffte, dass es durch das MLI möglich sei, Doppelbesteuerungsabkommen in einer einzigen Vereinbarung zu ändern und dadurch einen langwierigen bilateralen Verhandlungsprozess zu vermeiden. Das MLI ist bereits in Kraft und wird schrittweise anwendbar, wenn die Länder ihre jeweiligen Ratifizierungsprozesse abschliessen. Das MLI führt in bestehende Doppelbesteuerungsabkommen eine Reihe von Regeln ein, entweder durch Textergänzungen oder durch Nachverhandlungen. Für Vermögensverwalter besteht die relevanteste Änderung durch das MLI in der Einführung eines Hauptzweck-Tests. Danach müssen Transaktionen und Strukturen einen geschäftlichen Zweck haben, der nicht von steuerlichen Erwägungen bestimmt ist.
Ein weiterer relevanter Faktor für Anbieter alternativer Fonds ist die jüngste Rechtsprechung des Gerichtshofs der EU (GHEU). Dieser traf am 26. Februar 2019 in den sogenannten «dänischen Fällen» zwei richtungsweisende Entscheidungen. Darin nahm der GHEU Stellung zu wirtschaftlichem Eigentum und Missbrauch im Zusammenhang mit Quellensteuern auf Dividenden und Zinsen bei Private-Equity-Investmentstrukturen.
Die Auswirkungen einzelner Massnahmen im Rahmen von BEPS, ATAD I/II, MLI und den dänischen Fällen sind von Strategie zu Strategie unterschiedlich, jedoch dürften viele (illiquide) Strategien von diesen Regeln betroffen sein.
Welche Auswirkungen ergeben sich für alternative Fonds?
Bei der Auswahl des am besten geeigneten Anlagefondsvehikels für alternative Anlagestrategien berücksichtigten Vermögensverwalter in der Vergangenheit unterschiedliche Faktoren wie rechtliche und regulatorische Merkmale, Vertriebsbeschränkungen oder die Reputation eines Fondsdomizils. Steuerliche Erwägungen spielten in der Regel eine untergeordnete Rolle und beschränkten sich auf die Wahl eines für Anleger steuerneutralen Vehikels, das keine Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung im Fondsdomizil begründete. Dieses Kriterium wird von nun an nur noch einer von mehreren relevanten steuerlichen Faktoren sein, die es bei der Strukturierung eines Anlagefonds zu berücksichtigen gilt.
Die Kombination aus MLI, ATAD I/II und dem Ergebnis der dänischen Fälle erfordert einen ganzheitlicheren Ansatz und eine gewisse Konvergenz zwischen den Aktivitäten der Vermögensverwalter und der Fonds selbst. Die wichtigsten Faktoren dieser Veränderung sind: (i) Regeln, die die Steuereffizienz der Transaktionsfinanzierung von den Steuerattributen der Anleger abhängig machen, (ii) höhere Hürden für den Zugang zu ermässigten Quellensteuersätzen und Kapitalertragsbefreiungen im Rahmen von Doppelbesteuerungsabkommen oder EU-Richtlinien, (iii) mehr Transparenz in Verbindung mit einer schnellen Digitalisierung der Ressourcen, die von den Steuerbehörden genutzt werden, und (iv) Anleger, die die Manager zu verantwortungsvollem Handeln im Steuerbereich auffordern.
Steuerattribute der Anleger können über die Steuereffizienz einer Anlage entscheiden
Die internationale Strukturierung illiquider Anlagen basiert oft auf verschiedenen geschäftlichen Faktoren wie externer Finanzierung, getrennter Vermögensverwahrung oder anderen rechtlichen Überlegungen. Der betreffende Fonds würde mehrere juristische Personen halten, die wiederum die Anlagen tätigen. Manchmal sind Anlagen direkt aus dem Fonds heraus rechtlich unmöglich. Damit die Strukturierung des Vermögens durch mehrere juristische Personen nicht zu Doppelbesteuerung, Cash Traps oder negativer Fondsperformance führt, sind sorgfältig geplante rechtliche und finanzielle Strukturen erforderlich. Wenn beispielsweise ein Immobilienfonds einer Immobiliengesellschaft einen Kredit gewährt, können neue Regeln die Abzugsfähigkeit der Zinsen auf Stufe der Immobiliengesellschaft beeinflussen, was sich dann auf die Performance des Fonds auswirken dürfte. Ausgelöst wird die Beschränkung des Zinsabzugs durch mehrere Schichten von Vorschriften, etwa zum Verschuldungsgrad oder Regeln, die den Abzug auf 30 % des (steuerlichen) EBITDA begrenzen. Ab 2020 müssen alle EU-Mitgliedstaaten Vorschriften für das Vorgehen gegen hybride Gestaltungen anwenden.
Hybride Gestaltungen ergeben sich daraus, dass zwei Länder bestimmte Transaktionen oder Situationen aus steuerlicher Sicht unterschiedlich betrachten. Bei einer hybriden Gestaltung muss der EU-Staat, aus dem eine Zahlung stammt, deren Abzug nach den neuen Regeln verweigern.
Bei Anlagefonds kann das Steuerattribut einzelner Anleger über die Abzugsfähigkeit von Zahlungen in vom Fonds gehaltenen Anlageinstrumenten entscheiden. Bei der Strukturierung von Anlagefonds ist es daher wichtig, die Steuerattribute der Anleger zu kennen und zu verstehen, um die Effizienz der Anlagen zu gewährleisten.
Vorschriften zur Verhinderung des Missbrauchs von Abkommen können zu höheren Quellen- und Kapitalertragsteuern und zu einer wirtschaftlichen Doppelbesteuerung führen
BEPS führt in das OECD-Musterabkommen Massnahmen ein, die eine unangemessene Nutzung von Doppelbesteuerungsabkommen verhindern sollen. In der Praxis erfolgt dies über das MLI, das Beschränkungen für den Zugang zu Vorteilen aus Steuerabkommen einführt. Insbesondere werden die meisten Steuerabkommen nach OECD-Muster einen Hauptzweck-Test beinhalten. Es ist zu erwarten, dass die Hürden für die Nutzung von Steuerabkommen in Zukunft – möglicherweise wesentlich – höher werden. Dies kann dazu führen, dass Unternehmen, die Vorteile aus einem solchen Abkommen in Anspruch nehmen wollen, nachweisen müssen, dass sie der wirtschaftliche Eigentümer sind und dass einer der Hauptzwecke der Transaktion kein steuerlicher ist. Die Länder, in denen die Anlagen erfolgen, können zusätzliche Kriterien anwenden, etwa Anforderungen in Bezug auf die Mindestsubstanz und das wirtschaftliche Eigentum.
Beim wirtschaftlichen Eigentum haben die Entscheidungen des GHEU vom Februar 2019 in den «dänischen Fällen» die Hürde möglicherweise noch weiter erhöht. Der GHEU nimmt darin nämlich zur Frage des wirtschaftlichen Eigentums Stellung und verknüpft es mit der Frage des Missbrauchs. In einem der Fälle wurde eine Portfoliogesellschaft von einem Private-Equity-Fonds indirekt über eine Reihe von schwedischen und luxemburgischen Unternehmen gehalten. Der Gerichtshof stellte in Frage, ob die luxemburgischen bzw. schwedischen Unternehmen wirtschaftlicher Eigentümer der von der Portfoliogesellschaft ausgeschütteten Dividenden und Zinsen waren. Darüber hinaus nannte er mehrere Hinweise auf Missbrauch, darunter fehlendes wirtschaftliches Eigentum. Daher konnten die Unternehmen nicht von ermässigten Quellensteuersätzen profitieren, die nach den EU-Richtlinien über Mutter- und Tochtergesellschaften und über Zinsen und Lizenzgebühren gelten.
Noch lässt sich nicht sagen, wie genau die Länder, die Vorschriften für das Vorgehen gegen hybride Gestaltungen und das MLI der OECD umsetzen, diese Regeln auf Transaktionen anwenden werden, die für alternative Anlagefonds relevant sind. Unklar ist bislang auch, wie die Länder in der Praxis auf die Entscheidungen in den dänischen Fällen reagieren werden. Sicher ist jedoch, dass sich die Fonds- und Anlagenstrukturierung aufgrund der obigen Regeln ändern muss, sei es zur Steuerung der Fondsperformance oder zu Compliance-Zwecken.
Steuertransparenz verändert die Durchführung von Steuerprüfungen durch die Steuerbehörden
In den letzten Jahren wurden weltweit verschiedene Massnahmen umgesetzt, etwa eine Pflicht zur Erstellung von länderbezogenen Berichten (CBCR, Country-by-Country Reporting) in bestimmten Fällen, der automatische Informationsaustausch über Tax Rulings und die jüngste Änderung der Directive on Administrative Cooperation (DAC, Richtlinie über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden) der EU.
In vielen Ländern sind Finanzausweise, auch Steuerinformationen, öffentlich verfügbar, und auf EU-Ebene wird derzeit über die Einführung eines öffentlichen CBCR diskutiert. Im Rahmen einer Iteration der EU-Richtlinie zur Bekämpfung der Geldwäsche hat die EU ein Register der eigentlichen wirtschaftlichen Eigentümer eingeführt, das 2020 in den EU-Mitgliedstaaten öffentlich werden soll. Angesichts der anhaltenden Diskussionen von Medien, Politikern und Nichtregierungsorganisationen über verantwortungsvolles Handeln im Steuerbereich und aggressive Steuerplanung wird (noch) mehr Transparenz zu einer weiteren Analyse der Steuerangelegenheiten alternativer Manager und ihrer Fonds führen.
Verantwortungsvolles Handeln im Steuerbereich ist Anlegern wichtig
Das Streben nach mehr Steuertransparenz erfolgt zu einer Zeit, in der Regulierer, Manager und Anleger den Themenbereichen Umwelt, Soziales und Governance (ESG) immer grössere Bedeutung beimessen. Steuern sind im Allgemeinen kein ESG-Kriterium, auf das Vermögensverwalter bei Anlagen achten, doch bei der Strukturierung von Anlagen kann es sinnvoll sein, verantwortungsvolles Handeln im Steuerbereich ebenfalls als Kriterium zu berücksichtigen. Viele institutionelle Anleger und insbesondere Pensionsfonds haben hierzu Richtlinien eingeführt, deren Erfüllung sie bei Anlagen erwarten. Aufgrund dieses Trends werden Vermögensverwalter von den Anlegern im Rahmen ihrer Due-Diligence-Prozesse möglicherweise detaillierter und gezielter zu steuerlichen Themen befragt. Wenn verantwortungsvolles Handeln im Steuerbereich bei der Strukturierung von Anlagen von Anfang an berücksichtigt wird, kann es sich als wesentlich einfacher und effizienter erweisen, die beim Thema Steuern geltenden Richtlinien zu erläutern.
Was bedeutet dies für alternative Fonds?
Da sich das neue internationale Steuerumfeld darauf konzentriert, Substanz und Funktionen auf den Ort der Gewinnbesteuerung abzustimmen, dürften sich die operativen Modelle für alternative Vermögensverwalter verändern. Es ist zu erwarten, dass es zu einer gewissen Konvergenz zwischen Manager und Fonds kommen wird, da einige der Funktionen, die derzeit am Standort des Managers ausgeübt werden, möglicherweise vom Fonds und seinen Tochtergesellschaften selbst oder am Standort des Fonds ausgeübt werden müssen, wenn der Fonds in einem anderen Land domiziliert ist als der Manager. Für viele Vermögensverwalter wird dies als unvereinbar mit den heutigen allgemeinen Geschäftsmodellen der Vermögensverwaltung und sogar mit den regulatorischen Anforderungen erscheinen. Da gleichzeitig jedoch auch die regulatorischen Substanzanforderungen steigen, vollzieht sich der Wandel in der Praxis bereits. Jetzt ist es an der Zeit, zurückzutreten und bestehende operative/strukturelle Gestaltungen zu überprüfen, Lücken zu identifizieren und darüber nachzudenken, wie das Modell in den kommenden Jahren aussehen könnte, damit die Fondsperformance beibehalten werden kann und die Steuerkosten und das Reputationsrisiko unter Kontrolle bleiben.
Wie geht es weiter?
Für Vermögensverwalter kann es sich anbieten, die möglichen Auswirkungen des sich verändernden internationalen Steuersystems auf ihre Organisation zu prüfen und sich darauf einzustellen, dass sie ihr operatives Modell ändern müssen. Entscheidend werden die Dokumentation des Geschäftszwecks und die Prozesse zwischen operativen und investierenden Einheiten sein.