Eine nähere Betrachtung des «S» in der ESG-Berichterstattung

Jasmin Danzeisen
Senior Manager, People and Organisation, PwC Switzerland

Sebastian Klotz
Manager, ESG and Digital Technology, PwC Switzerland

CSRD, EFRAG, IFRS, ISSB und NFDR – Sind Sie bereits in der Lage, zu diesen Aspekten von ESG Bericht zu erstatten? Wenn Sie sich noch nicht sicher sind (und/oder sich fragen, was es mit diesen Akronymen auf sich hat), lesen Sie diesen Artikel und erfahren Sie mehr über die bevorstehenden Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung. Der besondere Fokus liegt hierbei auf dem sozialen Aspekt.

Themen aus den Bereichen Umwelt (E), Soziales (S) und Governance (G) werden immer mehr zu einem integralen Bestandteil der Unternehmensstrategie und Geschäftstätigkeit. Die Ausgabe 2023 unseres Global ESG Survey zeigt, dass rund 80 % der Unternehmen klar definierte langfristige Ziele für Emissionen festgelegt haben und rund 60 % über Ziele in Bezug auf soziale und Governance-Kriterien verfügen. Während die Nachhaltigkeitsberichterstattung früher «nice-to-have» war, wird sie viel eher zu einer Pflicht werden als Sie vielleicht erwarten. Sehr wahrscheinlich wird sie auch komplexer und weitreichender sein, als Sie vermutlich annehmen.

In der Schweiz treten Bestimmungen allmählich formell in Kraft, die zur Offenlegung sozialer Kriterien verpflichten. Der indirekte Gegenvorschlag zur Konzernverantwortungsinitiative ist ein prominentes Beispiel dafür. Unternehmen von öffentlichem Interesse sind ab einer bestimmten Grösse verpflichtet, einen nichtfinanziellen Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen. Firmen, die mit Konfliktmineralien handeln oder Waren bzw. Dienstleistungen anbieten, bei denen ein begründeter Verdacht auf Kinderarbeit besteht, müssen eine zusätzliche Due-Diligence-Prüfung durchführen.

Diese Nachhaltigkeitsinitiativen spiegeln einen generellen Trend auf dem europäischen Kontinent wider. Der europäische Green Deal ist beispielsweise darauf ausgerichtet, bis 2050 Klimaneutralität in Europa zu erzielen. Wenn Sie geschäftlich in der Europäischen Union (EU) tätig sind, werden Sie voraussichtlich von den bevorstehenden Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung betroffen sein, unabhängig davon, wo auf der Welt Sie Ihren Sitz haben.

Ab 2024 wird die Richtlinie hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD) die Richtlinie zur nichtfinanziellen Berichterstattung (NFDR) ersetzen. Das bedeutet, dass rund 50'000 Unternehmen sich darauf vorbereiten müssen, etwa 80 Offenlegungspflichten zu erfüllen und Hunderte von Datenpunkten zu melden. Die Entwürfe der Standards, welche die Grundlage der CSRD-Berichterstattung bilden werden, wurden von der Europäischen Beratergruppe für Rechnungslegung (EFRAG) erarbeitet und werden derzeit von der Europäischen Kommission geprüft. Sie sollen bis Juni 2023 genehmigt werden.

Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung

Der von der EFRAG erarbeitete Entwurf des EU-Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (ESRS) umfasst 11 allgemeine, 32 umweltbezogene, 32 soziale und sechs Governance-Offenlegungsanforderungen. Unabhängig von einer Wesentlichkeitsbeurteilung müssen alle Unternehmen, die in den Geltungsbereich der CSRD fallen, über allgemeine Offenlegungen, den Klimawandel und ihre eigene Belegschaft berichten.

Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung

Eine wichtige Erkenntnis für die Unternehmen ist, dass die Anforderungen an die ESG-Berichterstattung über soziale Aspekte (S) genauso streng sein werden wie jene hinsichtlich der Umwelt (E). Die Sicherstellung der Nachhaltigkeit ist Teil der Entwicklung Ihrer Mitarbeitenden und eine ebenso komplexe Herausforderung, über die Unternehmen jetzt allmählich nachdenken sollten.

«Today, information on a company’s impact on the environment, human rights and work ethics is patchy, unreliable and easily abused. Some companies do not report. Others report on what they want. Investors, consumers and shareholders are at loss. From now on, having a clean human rights record will be just as important as having a clean balance sheet.»

Pascal DurandEuropean Parliament Rapporteur for CSRD

Nachhaltigkeit in der eigenen Belegschaft

Die CSRD wird Unternehmen einer bestimmten Grösse verpflichten, über die Nachhaltigkeit ihrer eigenen Belegschaft zu berichten, unabhängig von den Ergebnissen ihrer doppelten Wesentlichkeitsbeurteilung. Quantitativ gesehen machen die einschlägigen Offenlegungsanforderungen den grössten Teil der «S»-Säule aus. Wichtig ist, dass die Sicherstellung der Nachhaltigkeit in der eigenen Belegschaft lediglich der Ausgangspunkt sein wird. Viele Unternehmen werden weit über ihre eigene Belegschaft hinausgehen müssen und Verantwortung für die Nachhaltigkeit innerhalb ihrer Wertschöpfungskette, ihrer Beziehungen zur Kundschaft sowie die Auswirkungen auf das gesellschaftliche Umfeld, in denen sie tätig sind, übernehmen.

Nachhaltigkeit in der eigenen Belegschaft

Umfang und Detaillierungsgrad der Offenlegungspflichten variieren zwischen, aber auch innerhalb der einzelnen Kategorien. So müssen Unternehmen beispielsweise offenlegen, ob alle Beschäftigten in ihrer eigenen Belegschaft einen angemessenen Lohn erhalten, und in welchen Ländern dies ggf. nicht der Fall ist. Unternehmen werden auch offenlegen müssen, wie sich dies zwischen Mitarbeitenden und Auftragnehmenden,sowie in verschiedenen Phasen ihrer Wertschöpfungskette unterscheiden kann. Diese neue Anforderung hat die Aufmerksamkeit vieler Unternehmen geweckt, insbesondere angesichts der aktuellen Inflationsraten, da Überlegungen zum existenzsichernden Lohn zunehmend in die Beurteilung der Lohngleichheit einfliessen.

Herausforderungen und Chancen

Die Berichterstattung über soziale Kriterien gemäss CSRD wird Unternehmen vor eine Reihe von Herausforderungen stellen, kann ihnen aber auch erhebliche Vorteile verschaffen. Unsere jüngste Umfrage Global Workforce Hopes and Fears Survey bestätigt, dass die Belegschaft das grösste Risiko für das Wachstum darstellt und dass Mitarbeitende ein Kraftmultiplikator oder eine Belastung für wachstumsorientierte Strategien sein können. Eine zukunftsfähige Belegschaft dürfte zu höherer Arbeitszufriedenheit, gesteigerter Produktivität und einer besseren Reputation in der Öffentlichkeit führen. In einer Zeit des harten Wettbewerbs um Talente kann ein klarer Fokus auf den sozialen Aspekt der Nachhaltigkeit dazu beitragen, das Rennen um die besten Kandidat:innen zu gewinnen. Die 2023 Ausgabe unseres CEO Survey deutet darauf hin, dass Schweizer CEOs dies bereits verstanden haben. 71 % der befragten CEOs lehnen einen Personalabbau als Mittel zur Bewältigung der wirtschaftlichen Herausforderungen in den nächsten zwölf Monaten ab. 60 % bzw. 83 % lehnen in diesem Zusammenhang auch Einstellungsstopps und Lohnkürzungen ab.

Natürlich haben diese Vorteile ihren Preis. Eine wichtige Herausforderung besteht darin, die offenzulegenden Daten zu ermitteln, zu sammeln und zu verarbeiten. Für bestimmte Unternehmen könnte der Ausgangspunkt sogar darin bestehen, sicherzustellen, dass es überhaupt zugrunde liegende Aktivitäten gibt, über die sie berichten können.

Nächste Schritte

Weltweit gibt es eine deutliche Entwicklung hin zu einer systematischeren und vergleichbaren Nachhaltigkeitsberichterstattung. Die in diesem Artikel kurz dargelegten Offenlegungspflichten werden von der EU vorgeschlagen, betreffen aber letztlich sowohl Unternehmen mit Sitz in der EU als auch ausserhalb der EU. Ähnliche Initiativen gibt es auch in anderen Teilen der Welt. Das International Sustainability Standards Board (ISSB), das eng mit der International Financial Reporting Standards (IFRS)-Stiftung verbunden ist, erarbeitet derzeit ebenfalls nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungsstandards (die - im Juni 2023 veröffentlicht werden sollen). Inwieweit sich die CSRD- und ISSB-Standards überschneiden oder sogar als gleichwertig gelten werden, steht noch nicht fest.

Unabhängig davon, nach welchem Nachhaltigkeitsstandard Sie berichten werden, ist es an der Zeit, die sozialen ESG-Kriterien genau unter die Lupe zu nehmen, eine Strategie zu entwickeln und dieselben rigorosen Verfahren anzuwenden wie bei der Berichterstattung über die ökologische Nachhaltigkeit. Ihre Mitarbeitenden sind der Schlüssel zu einer nachhaltigen Unternehmenstransformation – und ein guter Ausgangspunkt.

Wir unterstützen Sie gerne auf Ihrem Weg zur nachhaltigen Unternehmenstransformation, die Ihre Mitarbeitenden in den Mittelpunkt stellt.

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