Mit dem Umwandlungssatz wird das bei Pensionierung vorhandene Sparkapital in eine lebenslängliche Altersrente umgewandelt. Nach erfolgter Pensionierung muss die Pensionskasse ein Deckungskapital zur Sicherstellung der lebenslänglichen Leistungserbringung zurückstellen. Dieses ist im Wesentlichen vom technischen Zinssatz und der erwarteten Lebenserwartung abhängig. Folglich wird dem Umwandlungssatz ein implizites Zinsversprechen unterstellt, welches über die Vermögenserträge erwirtschaftet werden muss. Basierend auf der Lebenserwartung gemäss den Grundlagen BVG 2015 (Generationentafel 2020) enthält der aktuelle BVG-Umwandlungssatz (6.8%) ein Zinsversprechen von ca. 5% (vgl. Grafik). Ein solches Zinsversprechen ist aus heutiger Sicht nicht nachhaltig finanzierbar.
In der Reform zur beruflichen Vorsorge (BVG21) wird für das BVG-Obligatorium ein Umwandlungssatz in der Höhe von 6% vorgeschlagen. Diesem Umwandlungssatz unterliegt ein Zinsversprechen von ca. 3.75%. Auch ein solches Zinsversprechen ist aus heutiger Sicht nur mit dem Eingehen von erhöhten Risiken finanzierbar. In den letzten Jahren sind zudem viele umhüllende Kassen weitergegangen als der Vorschlag gemäss BVG21, denn der durchschnittliche Umwandlungssatz hat sich beispielsweise gemäss der Schweizer Pensionskassenstudie 2020 von 6.74% im Jahr 2010 auf 5.63% im Jahr 2020 reduziert. Dieser durchschnittliche Umwandlungssatz geht von einem Zinsversprechen von ca. 3% aus, was im aktuellen Marktumfeld immer noch als hoch erscheint.
Herausforderungen für den Stiftungsrat
Zur nachhaltigen Finanzierung solcher Zinsversprechen müssen derzeit relativ hohe Anlagerisiken eingegangen werden. Rentenbezüger sind allerdings keine Risikoträger mehr, wenn Ihnen bei Pensionierung eine fixe Rente zugesprochen wird. Der Stiftungsrat muss deshalb bei der Festlegung des Umwandlungssatzes folgende Kernfragen beantworten: Welches ist das „richtige“ (nachhaltige) Zinsversprechen unter Berücksichtigung der Struktur und Risikofähigkeit der Kasse? Wie viele Risiken können eingegangen werden, um die Sicherheit der Kasse nicht zu gefährden?
Die Rahmenbedingungen haben sich in den letzten Jahren stetig verändert. Wir illustrieren diese Herausforderung für den Stiftungsrat an einem einfachen Beispiel: Der Stiftungsrat geht aus heutiger Sicht davon aus, dass ein Umwandlungssatz in der Höhe von ca. 4.25% mit einem Zinsversprechen von 1.0% langfristig durch die erwarteten Vermögenserträge finanziert werden kann. Dies gestützt auf angenommene zukünftige Vermögenserträge für seine Kasse in der Höhe ca. 1.5% pro Jahr. Verändern sich nun die erwarteten Vermögenserträge in den kommenden Jahren, verändert sich die Sichtweise des Stiftungsrates auf den Umwandlungssatz wie folgt:
Erwartete Vermögenserträge | Zunahme |
Keine Veränderung | Abnahme |
Sichtweise Stiftungsrat | Zinsversprechen werden überfinanziert – Umgang mit Überschüssen? | Langfristige Stabilität mit geringer Umverteilung | Zunahme Umverteilung, Reduktion Zinsversprechen? |
Unabhängig davon, wie hoch der Stiftungsrat heute die Umwandlungssätze festlegt, er wird sich mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem späteren Zeitpunkt mit den Auswirkungen des heutigen Entscheides auseinandersetzen und dabei die unterschiedlichen Interessen der Generationen der aktiven Versicherten und der Rentenbezüger berücksichtigen müssen.
Dynamisierung der Rente als Lösungsansatz?
Die Erfahrungen aus der Vergangenheit haben gezeigt, dass die Festlegung eines langfristigen Umwandlungssatzes für alle zukünftigen Rentengenerationen mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht möglich sein wird. Ein dynamisches Rentenmodell (fixe Basisrente, basierend auf einem konservativen Zinsversprechen, zuzüglich einer Bonusrente, abhängig von der erzielten Performance und der finanziellen Lage der Kasse) schafft dem Interessenskonflikt zwischen den Generationen Abhilfe, indem die gesprochenen Rentenleistungen stetig dem aktuellen Marktumfeld (je nach Ausgestaltung in grösseren oder kleineren Schritten) nach oben oder unten angepasst werden. Konkret bietet das Modell einer dynamischen Rente folgende Vorteile:
- Schutz gegen zunehmende Umverteilung bei Verschlechterung des aktuellen Marktumfeldes;
- Verbesserung der Risikofähigkeit der Kasse und somit Erhöhung der Chancen für bessere Anlageerträge und somit höhere Zinsen für die aktiven Versicherten;
- Erhöhung der Chancen für eine Verbesserung von laufenden Rentenzahlungen;
- Entlastung der Solidaritäten zwischen den Generationen.
Solche Modelle werden in der Praxis seit Jahren erfolgreich praktiziert. Dabei haben die Erfahrungen in den letzten Jahren gezeigt, dass sich die erwähnten Vorteile mit zunehmender Dauer des Modells nachhaltig durchsetzen.
Dennoch ist festzuhalten, dass die Einführung eines dynamischen Rentenmodells für die heutigen aktiven Versicherten eine grosse Veränderung darstellt. Dies aufgrund der Aufteilung der Rente in eine fixe Basis- und eine dynamische Bonusrente wie auch der Art und Weise der effektiven Umsetzung und der damit einhergehenden Reduktion des garantierten Umwandlungssatzes. Es ist entsprechend auf eine verständliche Kommunikation gegenüber den Versicherten zu achten, damit die Akzeptanz des Modells gewährleistet ist.
Zusammenfassung
- Die heutigen Umwandlungssätze beinhalten indirekte Zinsversprechen, welche ohne erhöhte Anlagerisiken aus heutiger Sicht nicht nachhaltig finanzierbar sind.
- Durch das sich ständig verändernde Marktumfeld muss der Umwandlungssatz laufend durch den Stiftungsrat geprüft und gegebenenfalls angepasst werden.
- Das Modell einer flexiblen Rente kann eine langfristige Lösung darstellen, welche für alle Versicherten Chancen liefert.