Vorsorgepläne sehen in der Regel die Möglichkeit für freiwillige Einkäufe vor. Damit sollen Versicherte die Möglichkeit erhalten, um infolge fehlender Beitragsjahre oder Lohnerhöhungen entstandene Vorsorgelücken auszugleichen. Hierfür muss im Vorsorgeplan das maximal mögliche Altersguthaben in Form einer altersabhängigen Einkaufstabelle definiert werden. Bei einem Beitragsprimatplan basiert die Einkaufstabelle auf den aufsummierten Sparbeiträgen in Prozent des versicherten Lohnes. Dabei kann zusätzlich eine Aufzinsung eingerechnet werden. Eine solche Aufzinsung führt zu einem grösseren Einkaufspotential als ohne Verzinsung. In der Praxis wird grundsätzlich eine Aufzinsung in Höhe von maximal 2 Prozent als angemessen betrachtet, sofern dadurch die allgemeinen Bestimmungen zur Angemessenheit eingehalten werden.
Gestützt auf den am 1. Oktober 2017 eingeführten Art. 1 Abs. 5 BVV2 gilt ein sog. 1e Vorsorgeplan als angemessen, wenn unter anderem bei der Berechnung des Höchstbetrages der Einkaufssumme keine höheren Beiträge als durchschnittlich 25 Prozent des versicherten Lohnes pro mögliches Beitragsjahr ohne Aufzinsung berücksichtigt werden. Diese Vorgaben auf Verordnungsebene, insbesondere der Zusatz «ohne Aufzinsung» lassen einen gewissen Interpretationsspielraum, welcher nun durch die OAK BV in Form einer Mitteilung präzisiert worden ist.*
Vor der Veröffentlichung der Mitteilung durch die OAK BV hat die Schweizerische Kammer der Pensionskasse-Experte am 10. Januar 2020 bereits eine Stellungnahme zur Interpretation von Art. 1 Abs. 5 BVV2 veröffentlicht. Demnach können für den Höchstbetrag der Einkaufssumme keine höheren Beiträge als durchschnittlich 25 Prozent des versicherten Lohnes pro mögliches Dienstjahr ohne Verzinsung zugelassen werden. Sofern hingegen diese maximale Limite nicht überschritten werde, dürfe in der Einkaufstabelle eine übliche Verzinsung gemäss den einleitenden Ausführungen wie bei üblichen BVG-Vorsorgeplänen verwendet werden.
Demgegenüber hält die OAK BV in der Mitteilung fest, dass nach ihrer Auslegung sowie der Auslegung der kantonalen und regionalen Aufsichtsbehörden für 1e Vorsorgepläne eine Aufzinsung für die Einkaufstabelle nicht zulässig sei. Dies unabhängig davon, ob für den 1e Vorsorgeplan ein Beitragssatz von durchschnittlich unter 25 Prozent vorgesehen werde. Hintergrund hierfür sei insbesondere, dass Vorsorgepläne mit bewusst tief angesetzten Beiträgen zu einem «reinen Steueroptimierungs-Vehikel» würden. Weshalb ein 1e Vorsorgeplan als Steueroptimierungs-Vehikel betrachtet wird und eine klassische Vorsorgelösung mit deutlich besser dotierten Beiträgen und Einkaufstabellen nicht, ist aus unserer Sicht nicht offensichtlich.
Verlieren 1e Vorsorgepläne an Attraktivität?
1e Vorsorgepläne erfreuen sich immer grösserer Beliebtheit und die Anbieter im Markt gehen gemäss unserer im 2019 durchgeführten Umfrage von einem weiteren Wachstum aus. Diese zusätzlichen Einschränkungen können aber dazu beitragen, dass Arbeitgeber sich gegen die Einführung von 1e Vorsorgeplänen entscheiden.
Bei einer Einführung eines 1e Vorsorgeplanes gilt es verschiedene Fragestellungen zu prüfen. Darunter fällt auch die Ausgestaltung der Einkaufstabelle des zukünftigen 1e Vorsorgeplanes im Vergleich zum bisherigen Vorsorgeplan. Basiert nämlich der bisherige Vorsorgeplan für die von Art. 1e BVV2 abgedeckten Lohnbestandteile auf einer Einkaufstabelle mit eingerechneter Aufzinsung und Beitragssätzen von unterhalb von 25 Prozent, stellt die Ablösung durch einen 1e Vorsorgeplan mit gleicher Ausgestaltung der Beitragssätze in Bezug auf das Einkaufspotential (jedoch ohne Berücksichtigung einer Aufzinsung) eine Verschlechterung für die Versicherten dar. Wir haben in der Praxis schon erlebt, dass aufgrund dieses Arguments trotz der weitergehenden und vielfältigen Vorteile eines 1e Vorsorgeplanes auf die Einführung eines 1e Vorsorgeplanes verzichtet worden ist, insbesondere bei Arbeitgebern, die in ihrer bestehenden Vorsorgelösung bereits grosszügige Beitragsskalen vorsehen. Es sind folglich weitergehende Lösungsansätze gefragt.
Was sind mögliche Lösungsansätze?
Mögliche Lösungsansätze zur Verhinderung der Reduktion des Einkaufspotentials bei Einführung eines 1e Vorsorgeplanes (wie auch bei bereits vorliegenden 1e Vorsorgeplänen mit entsprechendem Anpassungsbedarf) liegen in der Ausgestaltung des Vorsorgeplanes:
- Erhöhung der Spargutschriften bis zu maximal 25 Prozent des versicherten Lohnes – Dadurch werden die Beitragskosten für die Versicherten und/oder den Arbeitgeber erhöht. Es gilt entsprechende Abwägungen zu den Vor- und Nachteilen aus Sicht der Arbeitnehmer und des Arbeitgebers vorzunehmen.
- Ausweitung der Beitragsjahre auf über 40 Jahre – Die Verordnung wie auch die Mitteilung der OAK BV schränkt das Maximum an reglementarisch vorgesehen Beitragsjahren nicht explizit ein. Der ordentliche Sparprozess für 1e Vorsorgepläne könnte demnach vor Alter 25 beginnen resp. über das AHV-Rücktrittsalter hinausgehen. Dabei ist auf eine entsprechende Abstimmung mit der Basisvorsorge zu achten.
Bei diesen Lösungsansätzen müssen natürlich weiterhin die generellen Prinzipien der Angemessenheit für Vorsorgepläne eingehalten werden. Zudem bleibt abzuwarten, wie der Vorsorgemarkt als Ganzes auf diese Mitteilung zur Aufsichtspraxis reagieren wird und ob noch weitere Einschränkungen für 1e Vorsorgepläne, beispielweise durch Begrenzung der maximalen Beitragsjahre, zu erwarten sind.
Zusammenfassung
- Am 8. April 2020 hat die OAK BV eine Mitteilung zum Einkauf in 1e Vorsorgepläne veröffentlicht.
- Entgegen einer Stellungnahme der schweizerischen Kammer der Pensionskassen-Experten darf gemäss Einschätzung der OAK BV keine Aufzinsung bei der Ausgestaltung der Einkaufstabelle berücksichtigt werden.
- Die Attraktivität von 1e Vorsorgeplänen kann durch diese Aufsichtspraxis einge-schränkt werden. Es sind weitergehende Lösungsansätze gefragt.