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Noch bevor das revidierte Wohnraumfördergesetz (WRFG) samt Wohnraumschutzverordnung (WRSchV) am 01. Januar 2022 in Kraft trat, stimmte die Bevölkerung des Kantons Basel-Stadt erneut über eine Verschärfung des Wohnschutzes ab. Die Initiative «Ja zum echten Wohnschutz» wurde an der Abstimmung vom 28. November 2021 angenommen und tritt voraussichtlich am 01. Juni 2022 in Kraft. Aufgrund dieser rasanten Entwicklung haben wir insbesondere die folgenden Fragen genauer unter die Lupe genommen: Welche Vorgaben kommen bis Juni 2022 und darüber hinaus zum Tragen? Welche Verschärfungen bringt die neue Gesetzesinitiative, und welche möglichen Auswirkungen hat sie auf die Investitionen im Kanton Basel-Stadt?
Das Wohnraumfördergesetz in seiner ursprünglichen Form wurde bereits 2013 eingeführt. Um vor allem dem Erhalt und der Förderung von bezahlbarem Wohnraum gerecht zu werden, wurde das WRFG im November 2020 revidiert, sein Geltungsbereich erweitert und die Neuerungen durch eine Wohnraumschutzverordnung umgesetzt. Gemäss dieser Verordnung braucht es in Phasen von Wohnungsnot – d.h. bei einer Leerstandsquote von 1,5% oder weniger – für die Sanierung, den Umbau und den Ersatzneubau von «bezahlbarem Wohnraum» in unbewohntem Zustand eine spezielle Bewilligungspflicht. Zusätzlich greift dann eine fünfjährige Mietzinskontrolle. Die Bewilligung ist an die Einhaltung von pauschalen Mietzinsaufschlägen bzw. maximale Mietzinsen sowie an ein Rückkehrecht der Mieter in sanierte oder umgebaute Wohnungen gekoppelt. Das revidierte WRFG will somit Anreize für Sanierungen im bewohnten Zustand schaffen und soll mit der Mietzinskontrolle dazu beitragen, Luxussanierungen von bezahlbarem Wohnraum und Massenkündigungen zu verhindern.
Den Initianten der Gesetzesinitiative «Ja zum echten Wohnschutz» gehen diese Massnahmen nicht weit genug, um einen Schutz vor Leerkündigungen und die Sicherstellung von bezahlbarem Wohnraum zu gewährleisten. Deshalb weitet die Gesetzesinitiative den Geltungsbereich der bisherigen Bewilligungspflicht, der Mietzinskontrolle und des Rückkehrrechts von «bezahlbarem» auf sämtlichen Wohnraum aus und verzichtet auf eine Unterscheidung zwischen Sanierungen und Umbauten in bewohntem und unbewohntem Zustand. Zudem beinhaltet der Initiativtext eine Verschärfung der pauschalen Mietzinsaufschläge bzw. maximalen Mietzinsen, die sich künftig an den «überwiegenden Bedürfnissen der Wohnbevölkerung» orientieren sollen. Darüber hinaus werden die bisherigen Einschränkungen für Ersatzneubauten um «ökologische Kriterien» ergänzt.
Die wesentlichen Aspekte der Wohnraumschutzverordnung und der Gesetzesinitiative sind:
Bislang liegen noch keine Erläuterungen und keine Verordnung zum Initiativtext vor, weshalb eine abschliessende Beurteilung der Verschärfungen zum aktuellen Zeitpunkt nicht möglich ist. Vor allem die Definition von Begrifflichkeiten wie «überwiegende Bedürfnisse der Wohnbevölkerung» und «ökologische Kriterien» werden richtungsweisende Auswirkungen haben. Dennoch sehen wir eine potenzielle Dynamik in den folgenden Bereichen:
Aufgrund verschärfter Regularien sowie Unsicherheiten in Bezug auf die Gesetzesinitiative erwarten wir generell ein zurückhaltendes bzw. abwartendes Verhalten der Immobilieninvestoren im Kanton Basel-Stadt. Sie dürften die Entwicklungen zunächst sehr genau beobachten und abwarten, wie sich die neuen Regularien einspielen. Diese Zurückhaltung könnte sich in verschiedenen Aspekten niederschlagen. Zum einen könnten wir einen Rückgang an Baugesuchen beobachten, und eine rückläufige Bautätigkeit wird den Wohnungsmangel im Kanton Basel-Stadt weiter verschärfen. Zum anderen müssen wir wegen der nicht bzw. nur reduziert umwälzbaren Sanierungskosten von einer Minimierung der Instandstellungsinvestitionen ausgehen. Wir erwarten, dass Investierende sich in erster Linie auf Instandhaltungsmassnahmen beschränken werden, was zu einer Abwertung der Bausubstanz führen wird. Eine derartige Entwicklung könnte bei entsprechend niedrigeren amtlichen steuerbaren Werten dazu führen, dass das Niveau der Grundstücksgewinn- und Handänderungssteuern im Kanton Basel-Stadt stagniert bzw. zurückgeht. Darüber hinaus dürfte sich das Interesse an bestehenden Wohnimmobilien, insbesondere von Altbauten mit Sanierungsstau, mittelfristig in Grenzen halten. Angrenzende Kantone könnten mittelfristig von dieser Entwicklung profitieren, vor allem solche mit einer guten Verkehrsanbindung an Basel. Umliegende Regionen werden somit nicht nur aus Investorensicht attraktiver, auch Mietende könnten von einer erhöhten Bautätigkeit und somit von einem steigenden Angebot profitieren. Mittel- bis langfristig bleibt abzuwarten, wie sich diese Entwicklung auf den Abwanderungssaldo im Kanton Basel-Stadt auswirkt.
Im Hinblick auf energetische Sanierungen gehen wir davon aus, dass die neue Gesetzesinitiative signifikante Folgen für die Durchführung dieser Massnahmen haben könnte. Eine alternde Gebäudesubstanz sowie erschwerte Überwälzungen von Investitionskosten und potenziell ausbleibende energetische Sanierungen stellen gerade mit Blick auf die Klimaziele wenig erfreuliche Aussichten dar; es sei denn, der Kanton würde für solche baulichen Investitionen explizite Anreize schaffen oder sie mit Zuschüssen subventionieren.
Eine ähnliche Entwicklung ist im Kanton Genf zu beobachten, wo mit dem LDTR (Loi sur les démolitions, transformations et rénovations de maisons d’habitation) bereits im Jahr 1996 ein Gesetz zur Regulierung der Mietzinsaufschläge für Wohnungen eingeführt wurde. Zwar liegen dort die Mieten in vielen der vom LDTR betroffenen Wohnungen auf einem tiefen Niveau, was aber zulasten der ausbleibenden Instandsetzungsmassnahmen durch die Eigentümer geht. Der daraus resultierende Investitionsstau spiegelt sich in einem verhältnismässig hohen Anteil unsanierter Wohnungen im Kanton Genf. Eine vergleichsweise geringe Mieterfluktuation sowie überdurchschnittlich hohe Mieten für Neubauobjekte führen im Kanton Genf zu einer zunehmenden Zweiteilung des Marktes, wie sie zum Beispiel auch in Berlin zu beobachten ist.
Als Reaktion auf die zunehmenden Proteste gegen die als unbezahlbar empfundenen Mieten hat der Senat von Berlin vor einem Jahr eine fünfjährige Mietpreisdeckelung (Mietendeckel) für alle vor 2014 gebauten Wohnungen eingeführt (was mittlerweile vom deutschen Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig eingestuft wurde). Als unmittelbare Folge stiegen die Mietpreise für Immobilien, die nach 2014 gebaut wurden und nicht unter diese Verordnung fallen, im Vergleich zu den Vorjahren überproportional an.
Im Hinblick auf die Entwicklung des Wohnungsmarkts im Kanton Basel-Stadt bleibt abzuwarten, wie die neue Gesetzesinitiative in der Praxis umgesetzt wird und ob der Mietermarkt effektiv davon profitieren kann. Oben genannte Beispiele haben gezeigt, dass regulatorische Massnahmen eher zu einer Überalterung des Gebäudebestands, aber nicht zu mehr bezahlbarem Wohnraum führen.
#social#
Sebastian Zollinger
Director, Head Real Estate Advisory, PwC Switzerland
Tel.: +41 58 792 28 87