Neues Grenzgängerabkommen zwischen der Schweiz und Italien

Stephen Turley Leader Employment Solutions, PwC Switzerland 07 Sep 2023

Der Bundesrat hat am 11. August 2021 die Botschaft zum neuen Abkommen über die Besteuerung von Grenzgänger:innen zwischen Italien und der Schweiz verabschiedet. Das Grenzgängerabkommen wurde bereits am 23. Dezember 2020 unterzeichnet und ist am 17. Juli 2023 in Kraft getreten. Damit wurde das bestehende Abkommen aus dem Jahr 1974 ersetzt und die bisherige Regelung deutlich verbessert. Das neue Abkommen wird ab dem 1. Januar 2024 angewendet.

Im bisherigen Abkommen von 1974 werden italienische Grenzgänger:innen mit Arbeitgebenden in der Schweiz ausschliesslich in der Schweiz besteuert. Die betroffenen Kantone leiten 40 % der Einnahmen als Ausgleich an die jeweiligen italienischen Wohnsitzgemeinden weiter.

Bereits 2015 wurde ein ursprünglicher neuer Entwurf des Abkommens erarbeitet, dessen Unterzeichnung sich dann jedoch als unmöglich erwiesen hat. Daher wurden die Gespräche zwischen den beiden Ländern im Jahr 2020 wieder aufgenommen und der besagte Entwurf abgeändert – in enger Zusammenarbeit mit den Behörden der Kantone Graubünden, Tessin und Wallis, sowie den Gewerkschaften und dem Verband der italienischen Grenzgemeinden. Mit diesem Vorgehen konnte eine für beide Länder zufriedenstellende Lösung gefunden werden, welche zum Erhalt der guten bilateralen Beziehungen beitragen wird.

Neue Grenzgänger:innen

Unter den «neuen» Grenzgänger:innen versteht man die Personen, die ab dem 17. Juli 2023 neu in der Schweiz im Grenzgebiet unselbstständig erwerbstätig sind und zugleich ihren Wohnsitz in Italien haben. Aufgrund des fest definierten Grenzgängerbegriffs muss deren Wohnsitz weniger als 20 Kilometer von der Grenze entfernt sein und die tägliche Rückkehr an diesen ist ebenfalls Voraussetzung. Für diese Population wird die Schweiz mittels neuer Tarifcodes (R, S, T, U und V) 80 % der Quellensteuer auf das Einkommen der Grenzgänger:innen erheben. Für die Satzbestimmung ist das weltweite Einkommen massgebend. Zudem werden die «neuen» Grenzgänger:innen in Italien zusätzlich ordentlich besteuert, wobei eine Doppelbesteuerung beseitigt wird. Damit dies gewährleistet werden kann, werden die Einkünfte jedes Jahr mittels eines elektronischen Datenaustauschs an Italien gemeldet.

Bestehende Grenzgänger:innen

Bestehende Grenzgänger:innen sind solche, die zwischen dem 31. Dezember 2018 und 17. Juli 2023 in den Kantonen Graubünden, Tessin oder Wallis arbeiten oder gearbeitet haben. Diese grenzüberschreitenden Arbeitnehmenden werden weiterhin vollständig – neu mit den ordentlichen Quellensteuertarifen statt Tarifcode F – in der Schweiz besteuert, jedoch entrichtet die Schweiz bis zum Ende des Steuerjahres 2033 einen finanziellen Ausgleich von 40 % der durch die Grenzgänger:innen gezahlten Steuern an die italienischen Grenzgemeinden. Ab dem Steuerjahr 2034 wird die Schweiz zwar weiterhin die Steuereinnahmen beziehen, jedoch keine Ausgleichszahlungen an die italienischen Wohngemeinden mehr leisten.

Der neu definierte Grenzgängerbegriff wird für diese Personen ebenfalls ab Inkrafttreten anwendbar sein.

Generelle Informationen

Das gesamte neue Abkommen beruht auf dem Grundsatz der Gegenseitigkeit und ist damit auch auf Grenzgänger:innen mit Wohnsitz in der Schweiz, die in Italien arbeiten, anwendbar. Es soll alle fünf Jahre überprüft werden und nötigenfalls, gerade auch in Bezug auf die äusserst aktuelle Home-Office-Thematik, angepasst werden. Derzeit noch unklar ist die Handhabung der 45 Nichtrückkehrtage. Es ist denkbar, dass analog zu anderen Ländern (Deutschland, Frankreich) entsprechende Formulare (Ansässigkeitsbescheinigung/Bescheinigung des Arbeitgebenden über die Nichtrückkehrtage) eingeführt werden.

Für die Lohnbuchhaltung bedeutet das neue Abkommen eine Anpassung bei den Quellensteuertarifcodes, welche ab dem 1. Januar 2024 korrekt umgesetzt werden müssen. Der Arbeitgebende muss in Erfahrung bringen, wann die Mitarbeitenden das erste Mal in der Schweiz beschäftigt waren und dies den Steuerbehörden mitteilen – nur so kann bestimmt werden, ob es sich um «neue» oder «bestehende» Grenzgänger:innen handelt.

 

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Stephen Turley

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