Kreislaufwirtschaft: Uhren- und Schmuckindustrie

Erfahren Sie, warum alle von einer nachhaltigeren Rohstoffnutzung profitieren

Da Regierungen und supranationale Organisationen das Tempo auf dem Weg in Richtung Netto-Null-Emissionen erhöhen, geraten manche Industriezweige unter Druck und müssen Möglichkeiten finden, um nachhaltiger zu arbeiten. Smarte Unternehmen beginnen Win-Win-Lösungen einzuführen, die es ihnen nicht nur ermöglichen, die immer strengeren Nachhaltigkeitsanforderungen und -erwartungen zu erfüllen, sondern auch ihre Effizienz und damit letztlich ihre Rentabilität zu steigern. Circularity – oder Kreislaufwirtschaft – zeichnet sich hierbei als einer der intelligentesten und vielversprechendsten Ansätze ab.

Grundsätzlich kann Kreislaufwirtschaft als Schonung der Ressourcen durch Minimierung der Inputs, Abfälle, Emissionen und Energieverluste im Verlauf der Produktlebenszeit definiert werden. Die Uhren- und Luxusgüterbranche hat zum Beispiel sowohl wirtschaftlich als auch mit Blick auf ihre Reputation viel zu gewinnen, wenn sie sich näher mit diesem Thema befasst. Jedoch sind sich die meisten Kunden und viele Akteure in der Branche nicht der gesamten Auswirkungen bewusst, die das Geschäftsmodell auf die Umwelt hat.

Vorteile der Kreislaufwirtschaft in der Uhren- und Luxusgüterindustrie

  • In den vor- und nachgelagerten Prozessen besteht erhebliches Rationalisierungspotenzial.
  • Sicherung des Zugangs zu Investitions- und Finanzierungskapital unter den zukünftigen Bedingungen.
  • Der Reputationsnutzen ist erheblich (Konfliktrohstoffe und ESG-Anforderungen).
  • Die Kreislaufwirtschaft führt schneller zum Netto-Null-Ziel.
  • Die Einführung kohlendioxidarmer Produkte ist langfristig kosteneffizient, da die Steuern auf CO2-Emissionen mit der Zeit deutlich steigen werden.
  • Da viele Kunden und die Branche selbst sich des Nachhaltigkeitspotenzials nicht bewusst sind, haben Sie die Chance, sich entsprechend zu positionieren, gleichzeitig Ihre Effizienz zu steigern und Kosteneinsparungen zu erzielen.

Ökologischer Fussabdruck der Wertschöpfungskette in der Uhren- und Schmuckindustrie

Eine Luxusuhr hat in vielen Fällen einen beeindruckenden ökologischen Fussabdruck, der aus einer langen und komplexen Lieferkette resultiert. Leider ist diese Lieferkette oft eine Art «Blackbox». In Wirklichkeit hat jedoch jedes Glied in der Kette die Wahl die Wirkung zu beeinflussen – von der Gewinnung und Beschaffung der Materialien über den Vertrieb der Produkte, den Verkauf und das Marketing bis hin zur Nutzung durch den Kunden. Alle diese Entscheidungen führen in der Summe zum sozialen und ökologischen Fussabdruck.


Auswahlmöglichkeiten auf den verschiedenen Stufen der Wertschöpfungskette

Die Beschaffung der Rohstoffe gehört zu den Hauptgründen für den erheblichen ökologischen Fussabdruck der Uhren- und Luxusgüterindustrie. Die Industrie verbraucht mehr als 50% der weltweiten jährlichen Goldproduktion (über 2000 Tonnen), die mit hohen CO2-Emissionen verbunden ist. Recyceltes Gold hat einen viel geringeren CO2-Fussabdruck als neu gefördertes Gold (sogenanntes «Jungferngold»). Aber nur 25% des Goldes, das zur Herstellung von Schmuck und Uhren verwendet wird, ist recyceltes Gold. Hier besteht ein grosses Potenzial für die Branche, ihre Performance – vom Anfang bis zum Ende des Produktlebenszyklus – drastisch zu steigern. Es zeigen sich hier auch Chancen, die Herausforderungen nicht nur mit dem Blick auf die eigene Industrie zu meistern, sondern gleichermassen zusammen mit anderen Sektoren (bspw. Finanzindustrie, Elektronik), welche bei diesen Rohstoffen ebenso massgeblich exponiert sind.

Wie dieses Beispiel zeigt, kann bei der Gewinnung und Beschaffung zwischen neuen Materialien mit hohen ökologischen und sozialen Kosten (wie Gold oder Diamanten) und recycelten Ressourcen gewählt werden. Andere Entscheidungen in dieser Phase, die schwerwiegende Auswirkungen haben, sind LSM  (grosstechnischer Bergbau) oder ASM  (handwerklicher Kleinbergbau), die Entscheidung, ob Rohstoffe per Schiff, per Flugzeug oder per LKW transportiert werden, und die Quellen der Energie, die für die Veredelung von Rohstoffen und die Herstellung des Endprodukts verwendet wird.

Grosses Potenzial zur Steigerung der ökologischen und ethischen Performance bei Luxusgütern in dieser Phase haben Alternativen zu den üblicherweise verwendeten Rohstoffen. Die Erzeugung tierischer Materialien ist mit sehr hohen CO2-Emissionen verbunden. Dies gilt insbesondere für das Leder der Uhrenarmbänder. Erstens entfällt auf die Viehhaltung, insbesondere die Rinderzucht, ein erstaunlicher Anteil an den weltweiten CO2-Emissionen (nach vielen Schätzungen weit über 10%). Zweitens ist die Menge an Leder, die für den Zuschnitt benötigt wird, viel grösser als das Uhrenarmband selbst, was erheblichen Verschnitt bedingt. Drittens muss das Leder makellos sein und wird daher aus trockenen und entwaldeten Gebieten bezogen, wo die Kuhhäute keine Mückenstichspuren aufweisen. Die gute Nachricht ist, dass es bereits Alternativen gibt. Unternehmen wie Modern Meadow und dessen ZOA-Programm bieten vegane, aus Pflanzen hergestellte Bio-Materialien an.

Auch in den Phasen Produktvertrieb, Verkauf und Marketing gibt es umwelt- und sozialkritische Wahlmöglichkeiten. Dazu zählen Entscheidungen, wie die Waren transportiert, welche Dekorelemente zur Präsentation im Schaufenster verwendet und wie häufig Marketingkampagnen durchgeführt werden. 

So sind beispielsweise die Verkaufsdisplays in Luxusgeschäften in der Regel gross und verbrauchen im Vergleich zur geringen Anzahl der Uhren, die sie präsentieren, erhebliche Mengen an Materialien. Werden diese Schaufensterdisplays aufgrund häufiger Marketingaktionen regelmässig ausgewechselt, braucht man noch mehr Materialien. 

Dagegen benötigen Luxusgüter, die online verkauft werden, keine physischen Schaufensterdisplays, daher werden Ressourcen geschont. Allerdings nimmt der Versand zu und damit auch die Menge des Verpackungsmaterials.

Nicht zuletzt gibt es kritische Wahlmöglichkeiten am Kundenende der Wertschöpfungskette, die den CO2-Fussabdruck einer Uhr beeinflussen. Will ich eine Quarzuhr, eine intelligente Uhr oder ein mechanisches Modell? Was passiert, wenn ich die Uhr nicht mehr brauche? Entsorge ich sie oder verkaufe ich sie? Ist sie eine wertvolle Investition, die ich als Familienerbstück weitergeben möchte? 

Selbst wenn jede dieser Alternativen für sich genommen nur eine relativ geringe Auswirkung hat, ist der kumulative Effekt riesig. Die Industrie könnte viel tun, um ihre ökologische und soziale Performance zu verbessern, wenn die Entscheidungen auf jeder Stufe der Wertschöpfungskette bewusster und transparenter getroffen würden – und das unter Berücksichtigung der Kreislaufwirtschaft.

Fazit: Circularity transformiert Druck in Potenzial 

Die Uhren- und Luxusgüterindustrie steht, mit Blick auf die gesamte Wertschöpfungskette, unter dem Druck von Aufsichtsbehörden und anderen Interessengruppen (zunehmend auch von Investoren), ihren ökologischen Fussabdruck transparent darzustellen. Angesichts der wachsenden, weit verbreiteten Sensibilität für ESG-Faktoren (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) dürfte dieser Druck steigen.

Circularity kann Unternehmen in dieser Branche helfen, den Druck in Potenzial zu verwandeln. Oder auch die Kontrolle über die Wertschöpfungskette, durch Nachverfolgbarkeit, zurückzugewinnen. Die Kreislaufwirtschaft ist sowohl ökonomisch als auch ökologisch sinnvoll. Indem sie ihre Wertschöpfungskette unter die Lupe nehmen und die Art und Weise, wie sie Ressourcen nutzen und wiederverwenden, überdenken, bietet sich Uhren- und Luxusgüterherstellern eine grosse Chance, nachhaltiger zu arbeiten, Fortschritte in Richtung Netto-Null-Emissionen zu machen – und gleichzeitig Kosten zu senken und letztlich effizienter und profitabler zu arbeiten.

 

Worauf warten wir?

Erfahren Sie mehr im Recording unseres Webinars

In unserem Webinar zu Circular Economy in der Uhren- und Schmuckindustrie vom 18. Mai 2021 haben wir uns damit befasst, wie die Industrie auf den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft aufbauen kann, um Fortschritte in Richtung des angestrebten Netto-Null-Ziels zu machen: 

  • Senkung des Materialverbrauchs und der damit verbundenen Emissionen und Übergang von einem linearen zu einem zirkulären Ansatz
  • Verwendung von recycelten Rohstoffen, um den CO2-Fussabdruck deutlich zu reduzieren
  • Anwendung von Ökodesign-Prinzipien zur Schliessung von Lücken in Energie- und Materialkreisläufen und zur Senkung der CO2-Emissionen 

Wir haben dargestellt, inwiefern dies eine ideale Gelegenheit für die Branche ist, ihre inhärente Nachhaltigkeit zu betonen und diese Positionierung effektiv zu kommunizieren: Qualitätsuhren und -schmuck sind High-End-Produkte, die traditionell gekauft werden, um lange Freude daran zu haben, und die vielfach von Generation zu Generation weitergegeben werden. Der Gedanke der Nachhaltigkeit ist also bereits Bestandteil der DNA der Branche. Unser Webinar-Recording zu Circular Finance bietet Ihnen zudem die Möglichkeit, die Fragestellungen auch aus dem Blickwinkel der Finanzindustrie zu betrachten und damit eine andere Ebene der Wertschöpfungskette.

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Entdecken Sie in unseren neuen Bericht «Kreislaufwirtschaft als neue Normalität – zukunftssichere Schweizer Geschäftsstrategien», wie Sie Ihr Unternehmen durch die Einführung der Kreislaufwirtschaft transformieren und wachsen lassen können.

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Christophe Bourgoin

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Partner, Finance Transformation Platform Leader and Sustainability Platform Leader, PwC Switzerland

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Dr. Antonios  Koumbarakis

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Partner, Sustainability & Strategic Regulatory Leader, PwC Switzerland

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