Das überarbeitete FINMA-Rundschreiben 2025/3

Liquiditätsmanagement, Risikomanagement und Berichterstattung für Versicherer

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  • 18/03/25
Thomas Schwyter

Thomas Schwyter

Director, Legal, PwC Switzerland

Ab dem 1. Januar 2025 sind angepasste Vorgaben der FINMA für Versicherer im Bereich Liquidität in Kraft getreten. Ziel ist es, die Zahlungsfähigkeit von Versicherern zu sichern und Liquiditätsrisiken wirksam zu steuern. Dieses Dokument bietet einen Überblick über die wichtigsten Pflichten für Versicherer gemäss dem FINMA-Rundschreiben 2025/3.

Klare Verantwortlichkeiten und Governance-Strukturen bilden die Grundlage

Versicherer müssen klare Strukturen und Verantwortlichkeiten im Bereich des Liquiditätsmanagements sicherstellen. Die Zuständigkeiten zwischen der Geschäftsleitung und dem Oberleitungsorgan sind zu dokumentieren. Das Oberleitungsorgan übernimmt dabei eine zentrale Rolle: Es verabschiedet die übergeordnete Liquiditätsstrategie und überprüft wichtige Grundsätze im Zusammenhang mit dem Liquiditätsmanagement. Zudem legt es den Risikoappetit fest und überwacht die konsequente Umsetzung der beschlossenen Massnahmen. Gleichzeitig muss die Geschäftsleitung dafür sorgen, dass relevante Informationen zu wesentlichen Änderungen oder Risiken rechtzeitig weitergeleitet werden. Klare Berichtswege und eine transparente Aufgabenverteilung sind dabei essenziell.

Strategische Liquiditätsplanung – ein Blick in die Zukunft

Eine vorausschauende Liquiditätsplanung ist für Versicherer unverzichtbar, um langfristige finanzielle Stabilität zu gewährleisten. Jährlich wird der strategische Liquiditätsbedarf analysiert, wobei Faktoren wie die Geschäftsstrategie, externe Einflussgrössen sowie die Finanzierung laufender und künftiger Verpflichtungen einbezogen werden. Veränderte Rahmenbedingungen erfordern eine kontinuierliche Anpassung der Strategie. Versicherer berücksichtigen Liquiditätsströme aus Geschäftstätigkeit, Investitionen und Finanzierungen. Stresstests helfen, potenzielle Risiken frühzeitig zu identifizieren und geeignete Gegenmassnahmen zu ergreifen. Zudem müssen Wechselkursrisiken und operative Einschränkungen laufend überwacht werden. Zur präzisen Steuerung der Liquidität werden die einzelnen Vermögenswerte entsprechend ihrer Fristigkeit und Marktfähigkeit in folgende Kategorien eingeteilt:

Das Bild zeigt die drei Kategorien

Hochliquide Vermögenswerte sollten jederzeit verfügbar sein, und die Planung muss regelmässig überprüft sowie dokumentiert werden.

Sicherstellung von Liquiditätsreserven für ordentliche und ausserordentliche Situationen

Versicherer sind verpflichtet, jederzeit über ausreichend hochliquide Vermögenswerte zu verfügen, die kurzfristig abrufbar sind, um Engpässe zu überbrücken. Diese Reserven sollten breit diversifiziert sein und dürfen nicht durch rechtliche oder operative Einschränkungen in ihrer Verfügbarkeit beeinträchtigt werden. Eine regelmässige Überprüfung der Zusammensetzung und Verfügbarkeit dieser Reserven ist essenziell, um sicherzustellen, dass sie mit der strategischen Liquiditätsplanung im Einklang stehen. Neben hochliquiden Vermögenswerten können auch weitere liquide Mittel eingesetzt werden, sofern diese im Bedarfsfall unmittelbar verfügbar sind.

Liquiditätsrisikomanagement – eine Aufgabe für den Verwaltungsrat und die Geschäftsleitung

Ein wirksames Risikomanagement ist entscheidend, um Liquiditätsengpässe frühzeitig zu vermeiden. Versicherer müssen ein umfassendes Rahmenwerk implementieren, das alle Aspekte der Risikosteuerung abdeckt. Dazu zählt die Definition eines Risikoappetits, der sowohl die Mindestanforderungen an Reserven als auch die erforderlichen Deckungsquoten beinhaltet. Regelmässige Stresstests und Szenarioanalysen sind unerlässlich, um die Belastbarkeit der bestehenden Strategien zu überprüfen. Für Versicherer, die Teil eines Konzerns sind, ist es zusätzlich entscheidend, konzerninterne Abhängigkeiten in die Risikobewertung einzubeziehen. Besonders wichtig ist dabei, dass konzerninterne Liquiditätsressourcen jederzeit und auch unter schwierigen Bedingungen problemlos zugänglich sind.

Controlling und Überwachung zur Sicherstellung der implementierten Massnahmen

Das Controlling-System eines Versicherers muss gewährleisten, dass die Einhaltung der Liquiditätsvorgaben kontinuierlich überwacht wird. Hierbei kommen sowohl quantitative Methoden wie Kennzahlen zur Messung der Liquiditätsreserven als auch qualitative Ansätze zur Anwendung. Zur Sicherstellung einer kontinuierlichen Transparenz ist eine regelmässige Berichterstattung an die Geschäftsleitung sowie das Oberleitungsorgan unerlässlich. Darüber hinaus sollte mindestens einmal jährlich eine umfassende Bewertung der Wirksamkeit des Liquiditätsrisikomanagement-Rahmenwerks durchgeführt werden.

Vordefiniertes Notfallkonzept für den schlimmsten Fall

Um auf akute Liquiditätsengpässe schnell und effektiv reagieren zu können, müssen Versicherer ein Notfallkonzept implementieren. Dieses Konzept umfasst Frühwarnsysteme, mit denen Risiken rechtzeitig erkannt werden können, sowie Eskalationsstufen, welche die Handlungsoptionen in Abhängigkeit vom Schweregrad des Engpasses festlegen. Ausserdem müssen klare Kommunikationswege und Entscheidungsprozesse definiert werden. Das Notfallkonzept ist regelmässig zu aktualisieren und in die übergeordnete Risikostrategie einzubinden.

Berichterstattung an die FINMA

Versicherer sind verpflichtet, jährlich einen standardisierten Bericht über ihre Liquiditätsplanung und -situation bei der FINMA einzureichen. Diese Berichte müssen bis zum 30. April des Folgejahres vorliegen. Darüber hinaus sind ausserordentliche Veränderungen, wie erhebliche Liquiditätsprobleme oder die Aktivierung des Notfallkonzepts, umgehend zu melden. Die Anforderungen an die Berichterstattung richten sich nach der Grösse und Risikokategorie des Versicherers. Kleine Versicherer profitieren von vereinfachten Berichtspflichten, sofern keine wesentlichen Risiken vorliegen.

Übergangsregelung und Fazit

Die erste Berichterstattung bezieht sich auf das Geschäftsjahr 2025 und muss bis zum 30. April 2026 eingereicht werden. Die Details der Erhebung werden durch die FINMA bis zum 30. Juni 2025 publiziert. 

Die neuen Vorgaben der FINMA stellen zwar hohe Anforderungen an die Versicherer, bieten jedoch zugleich die Möglichkeit, Risiken frühzeitig zu identifizieren und nachhaltig zu steuern. Versicherer sollten daher frühzeitig mit der Umsetzung der neuen Regelungen beginnen, um sicherzustellen, dass alle Anforderungen fristgerecht erfüllt werden und die Stabilität ihrer Geschäftstätigkeit langfristig gewährleistet bleibt.

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