Modellvalidierung in der Schweiz

24 Jul 2019

Hintergrund

Sind Sie mit den Finanz- und Risikomodellen vertraut, die von Banken in der Schweiz gegenwärtig verwendet werden? Kennen Sie sich mit den aufsichtsrechtlichen und betriebswirtschaftlichen Anforderungen im Hinblick auf den Unterhalt sowie der Validierung von Modellen aus?

Heutzutage verwenden Banken und Wertpapierhändler in der Schweiz viele verschiedene Modelle für das Risikomanagement, für Geschäftsentscheidungen und für die aufsichtsrechtliche Berichterstattung (siehe folgende Tabelle). Da die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA) viele dieser Modelle genehmigt und überwacht, müssen Banken zusätzliche aufsichtsrechtliche Auflagen erfüllen.

Kreditpartameter Kreditrisiko Marktrisiko Operationelles Risiko
PD (Logistische Regression)
SA, IRB-F, IRB-A VaR, IRC, ExpectedShortfall BIA
LGD (Spezifische Modelle) Ökonomisches Risikokapital Greeks' Sensitivitäten SA
EAD (SA-CCR, IMM) IFRS 9 Impairment FRTB AMA
ALM/Treasury Liquiditätsrisiko Wertanpassung Stresstests
IRRBB (EVE, NII) Liquiditätsbereinigter VaR CVA, DVA CCAR (FED)
Verhaltensmodelle Intraday-Überwachung FVA, COLVA Stresstest (PRA)
Replikationsfaktoren Liquiditätsrisiko KVA, MVA Kapitalplanung

Angesichts zunehmender aufsichtsrechtlicher Herausforderungen und steigender Komplexität erfordern alle diese Modelle eine unabhängige Modellvalidierung. Dadurch ergeben sich Fragen zu notwendigen Ressourcen und Kompetenzen. Darüber hinaus sehen sich Banken mit einer neuen Risikokategorie konfrontiert: dem Modellrisiko.

Das Modellrisiko bezeichnet potenzielle unerwünschte Folgen von Entscheidungen, die auf Basis falscher oder zweckentfremdeter Modellergebnisse getroffen werden. Zu diesen Folgen zählen finanzielle Verluste, schlechte Geschäftsentscheidungen und Reputationsschäden für die Bank.

Die unabhängige Modellvalidierung steuert das Modellrisiko für Banken, indem sie grundlegende Fehler identifiziert und einen zweckentfremdeten Einsatz von Modellen und falsche Ergebnisse reduziert. Sie gibt der Geschäftsleitung und dem Verwaltungsrat die Gewissheit, dass die aufsichtsrechtlichen Auflagen hinsichtlich einer unabhängigen Modellvalidierung erfüllt werden.

Anders als die grössten Akteure am Schweizer Markt (wie die von der FINMA überwachten Banken der Aufsichtskategorie 1 und 2) besitzen viele Schweizer Banken keinen eigenen Modellvalidierungsrahmen und/oder haben keine internen Teams, die über Erfahrung bei der Validierung ihrer Modelle verfügen.

Obwohl in der Regel CFOs oder CROs die Entwicklung, den Unterhalt sowie die zweckmässige Verwendung überwachen, liegt die Verantwortung letztlich beim Verwaltungsrat. Der Grund? Die Ergebnisse vieler Modelle dienen dazu, aufsichtsrechtliche Kapital- und Liquiditätsanforderungen zu erfüllen, die letztlich in der Verantwortung des Verwaltungsrats liegen.

Neue obligatorische unabhängige
Modellvalidierung für Schweizer Banken

Seit 2011 haben internationale Aufsichtsbehörden sowie standardsetzende Gremien wie die Fed, BIZ, EZB und PRA verschiedene Leitfäden veröffentlicht, welche die Prinzipien für ein effektives Modellrisikomanagement von Banken über Validierungsmodelle darlegen. Vor dem 31. Dezember 2018 lautete die einzige Empfehlung in der Schweiz dahingehend, ein Rahmenwerk für die Modellvalidierung unter Bezugnahme auf die Veröffentlichungen ausländischer Standardgeber zu erstellen (siehe folgende Tabelle).

Behörde Jahr Veröffentlichungen zu Modellrisiken Beschreibung
FED 2011 Supervisory Guidance on Model Risk Management (SR 11-07)  Umfassender Leitfaden mit Prinzipien des effektiven Modellrisikomanagements
BIS 2012 The Internal Audit Function in Banks (BCBS 223) Prinzipien der Aufsichtsbestimmungen zur Bewertung der Effizienz von internen Audits
EBA 2014 Supervisory Review Evaluation Process (SREP) Leitlinien für die Prüfung von Bankrisiken, die durch interne Modelle entstehen
ECB 2015 Targeted Review Internal Models (TRIM) Prinzipien für Banken für das Modellrisikomanagement bei Stresstests
PRA 2017 Model Risk Management Principles for Stress Testing Prinzipien für das Modellrisikomanagement für Banken, welche sich auf interne Modelle für Stress Testing verlassen

FINMA Zirkular 2017/1 «Corporate Governance» alloziert die Verantwortlichkeit für das Entwickeln und Unterhalten von Risikomanagementsystemen sowie die Definition und Anwendung von Prinzipien und Methoden für die Risikoanalyse und Beurteilung (z.B. Modellvalidierung) an die Risikokontrollfunktion.

Am 1. Januar 2019 veröffentlichte die FINMA ihr Rundschreiben 2019/2 zu den Zinsrisiken im Bankenbuch (IRRBB), welches die globalen IRRBB-Prinzipien des Basler Ausschusses für Bankenaussicht (BCBS) in der Schweiz einführt. Die Prinzipien verlangen eine unabhängige Validierung von Risikoerfassungssystemen und -modellen, beispielsweise von ALM-Tools (Asset and Liability Management) für Zinsrisiken. Obwohl die FINMA kleineren Banken einige Erleichterungen gestattet, ist eine unabhängige Validierung für derartige Systeme und Modelle für alle Schweizer Banken zwingend. Dies gilt alle drei Jahre oder im Fall einer grundlegenden Änderung der Daten, Systeme, Modelle und Parameter.

Unser Angebot: Wie wir Sie unterstützen können?

Neue Anforderungen an das Unternehmen, dessen Risikomanagement sowie aufsichtsrechtliche Auflagen stellen Herausforderungen an die Wirksamkeit des Modellrisikomanagements der Banken. Um diesen zu begegnen, sind Expertise und zusätzliche Ressourcen notwendig.

Um Banken bei der Entwicklung ihres Rahmenwerks zum Modellrisikomanagement und der Durchführung von Modellvalidierungen zu unterstützen, bietet PwC einmalige «one-off» Validierungen von Modellen, Benchmarking sowie die Erbringung von vollständig an uns ausgelagerte Validierungsdienstleistungen an.

Unsere Modellrisikoexperten mit technischem Hintergrund und nachweislicher Erfahrung bieten CFOs, CROs, Geschäftsleitungen, Risikoausschüssen und/oder Verwaltungsräten Gewissheit über die Zweckdienlichkeit und Effizienz der Kontrollen, welche für die Reduktion von Modellfehlern entwickelt wurden. Je nach Erfordernissen der Bank kann die PwC Nicht-Prüfkunden solche Dienstleistungen in allen drei Verteidigungslinien (LoD – Lines of Defence) anbieten:

Die Geschäftsleitung einer Bank profitiert beim Benchmarking vom Netzwerk von PwC in Ländern, in denen Standardgeber umfassendere und häufigere Stresstests verlangen als in der Schweiz. Dank unserer globalen Präsenz weisen wir eine nachweisliche Erfolgsbilanz bei der Unterstützung von Banken bei Stresstests der EZB, der Umsetzung von IFRS 9, TRIM Margin of Conservatism und IRB-Modellen auf.

Banken haben die Möglichkeit, die Modellvalidierung an PwC auszulagern. In diesem Fall kümmern sich unabhängige, dedizierte Teams von PwC um den End-to-End Validierungsprozess, während sich die Banken auf ihr Kerngeschäft und das Risikomanagement konzentrieren. Dadurch profitieren Banken von der Erfahrung der PwC, bewahren hohe Qualitätsstandards und erhalten grössere Gewissheit im Hinblick auf das Modellrisikomanagement. Weitere Faktoren sind die Sicherstellung der Servicekontinuität, die Beobachtung von Branchenentwicklungen und die Verfügbarkeit der notwendigen Teams und Teamstrukturen – Anforderungen, welche nicht immer intern abgedeckt werden können und sich deshalb zur Auslagerung anbieten.

Managemententscheidung: Wer macht was?

Die CFOs und CROs Schweizer Banken sehen sich möglicherweise einem Dilemma gegenüber. Es kann schwierig sein, intern Personen zu identifizieren, die unabhängig genug sind oder die Zeit, Flexibilität und Expertise haben, um Modelle zu validieren. Andererseits ist die Modellvalidierung nicht unbedingt eine Vollzeitbeschäftigung. Banken müssen sich im Klaren darüber sein, welche Aktivitäten sich durch eine Drittpartei effektiver und/oder kostengünstiger durchführen liessen.

In Bezug auf ihre eigene Belegschaft können sich Banken entweder für die Rekrutierung von Mitarbeitenden entscheiden (konzentrieren sich auf die Validierung von Modellen und sind unabhängig von den Teams von Entwicklern), oder entscheiden sich für unabhängige externe Berater, die Modellvalidierungen auf Anfrage der Bank durchführen.

Intuitiv würden Banken ihre dritte Verteidigungslinie (interne oder externe Prüfer) mit der Validierung ihrer Modelle beauftragen. Da aber die Modellvalidierung grundsätzlich nicht mit den Prüfmandaten vereinbar sind, muss sich die Geschäftsleitung in der Regel nach alternativen Lösungen in ihrer zweiten Verteidigungslinie umschauen.

Die IRRBB-Anforderungen könnten unter Umständen ein Vorreiter für ähnliche Aufgaben sein, die Banken für Aufsichtszwecke jetzt oder in Zukunft möglicherweise erfüllen müssen. Hierzu könnten Stresstests des Schweizer Immobilienmarkts oder andere neu entstehender Risiken zählen, welche die Aufmerksamkeit von Politik und Behörden auf sich ziehen und dabei eine Modellierung und Validierung von Modellen erfordern.

Des Weiteren entscheiden sich Banken in der Zukunft möglicherweise für den Einsatz neuer Modelle für geschäftliche Entscheidungen und das eigene Risikomanagement. Auch diese erfordern eine unabhängige Validierung, um zu gewährleisten, dass die Ergebnisse den aktuellen und zukünftigen Anforderungen entsprechen können.

Zu diesem Zweck sollten Banken die Lebensphasenzyklen ihrer Modelle überprüfen, um sicherzustellen, dass ein adäquates Modellrisikomanagement vorliegt und «Best Practice»-Prinzipien angewendet werden. Die folgende Tabelle gewährt einen Überblick über die branchenspezifische Best Practice der Erstvalidierung und nachfolgenden Neuvalidierungen:

Modellvalidierung Best practice
Umfang und Zweck
  • Modelle haben einen klar definierten Zweck und Entscheidungsregeln
  • Der Umfang der Anwendung der Modelle, ihre Methodologie, Datenbeschaffung und IT-Umgebung werden im Voraus festgelegt und genehmigt
Governance
  • Die Rollen und Verantwortlichkeiten im Hinblick auf Eigentümerschaft werden definiert
  • Die Richtlinien, Verfahrensweisen und die Überwachung der Modellvalidierung sind effektiv
  • Unabhängige Komitees werden gegründet
Annahmen und Beschränkungen des Modells 
  • Modelle verwenden zuverlässige Daten von ausreichender Qualität
  • Experten verstehen die Beschränkungen und Annahmen der Modelle und geben ihre Einschätzung dazu
Auswahl, Umsetzung und Einsatz des Modells
  • Die Angemessenheit der Modelle wird von Experten festgelegt
  • Die Modelle werden auf angemessene Weise entwickelt, umgesetzt und innerhalb der IT-Umgebung getestet und von Komitees genehmigt
Zweckdienlichkeit des Modells
  • Umgesetzte Modelle basieren auf angemessenen und zweckdienlichen Methodologien
  • Modelle berücksichtigen aufsichtsrechtliche Auflagen und aktuelle Branchenpraxis
Überwachung der Leistung des Modells
  • Abweichungen oder Änderungen werden geprüft, darunter Leistungsbeeinträchtigungen oder Änderungen der Produktdefinitionen
  • Backtests und Überwachung von KPIs und KRIs
Korrektivmassnahmen
  • Bei Fehlern werden Korrektivmassnahmen vor der Umsetzung von Komitees genehmigt
  • Neue Modelle werden vor dem Einsatz validiert und dokumentiert
Transparenter Nachweis der Wirksamkeit des Modells
  • Abweichungen und Probleme bei der Validierung werden ordnungsgemäss erfasst
  • Die Ergebnisse werden dokumentiert, an die Geschäftsleitung und Komitees weitergeleitet und bei Bedarf eskaliert
Dokumentation und Verzeichnis
  • Ein Verzeichnis speichert alle bestehenden Modelle nach Art, Einsatz und Zweck
  • Verzeichnis aller Modellversionen, Verwendungen, Annahmen, Datenquellen, wichtige Eingaben und Ergebnisse der Validierung
Angemessene Dokumentationsverfahren
  • Dokumentation für alle Änderungen erforderlich, die sich auf Modelle auswirken
  • Modelle erfordern unabhängige und angemessen dokumentierte Validierung

Wir fassen zusammen: Wir empfehlen Banken, eine Basisinfrastruktur für die Modellvalidierung zu entwickeln. Hierzu sollten Richtlinien für das Modellrisikomanagement, die Ziele und der Umfang der Modelle und das Management von Modellrisiken während des gesamten Lebenszyklus des Modells zählen. Dies geht aus der folgenden Grafik hervor:

Unsere Referenzen

PwC erbringt Modellrisikomanagement- und Validierungsdienstleistungen für mehrere Banken in der Schweiz im Rahmen verschiedener Audit- und Beratungsmandate. Gleichzeitig haben wir verschiedene Tools entwickelt, um unabhängige Berechnungen und Analysen von Kapital-, Liquiditäts- und Zinsrisiken durchzuführen. Diese Tools stehen für einen effizienten Ansatz bei der Modellvalidierung zur Verfügung

Die unabhängigen Expertenteams der PwC können regelmässige Übersichten erstellen, welche dem Vorstand und der Geschäftsleitung Gewissheit über die Modelle geben. Für diesen Zweck erstellen wir umfassende Dashboards, die sich aus Scorecards zusammensetzen, welche die Compliance und die Verlässlichkeit der Ergebnisse messen.

Insgesamt profitieren Banken von unserer Effizienz, unseren Ressourcen und unserer Expertise im Modellrisikomanagement und bei der Modellvalidierung. Dies umfasst Kredit-, Markt-, Betriebs-, Zins- und Liquiditätsrisiken sowie Rechnungslegungsvorschriften für erwartete Kreditverluste und Stresstests.

 

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David Faria

David Faria

Financial Risk Management, PwC Switzerland

Tel.: +41 58 792 27 85