General- und Totalunternehmer: Steuerliche Knacknüsse

21/04/22

Jochen Richner
Director, Tax Technology Leader, PwC Switzerland

Claudia Hug
Senior Associate, Corporate Tax, PwC Switzerland

Das Bestreben nach den eigenen vier Wänden nimmt (auch getrieben durch die Corona-Pandemie) immer weiter zu und führt zu einem Bauboom. Immobilienentwickler, Investoren und Grundeigentümer stehen regelmässig vor komplexen Entscheidungen mit verschiedenen steuerlichen Knacknüssen.

Sachverhalt

Bebaute oder unbebaute Grundstücke können von unterschiedlichen Parteien besessen werden. So zählen beispielsweise Privatpersonen, Erbengemeinschaften, Bauern, grössere Investoren und institutionelle Anleger (wie z.B. Pensionskassen, Anlagestiftungen, Anlagefonds etc.), staatliche oder öffentliche Einrichtungen (bspw. Bund, Kantone, Gemeinden, Militär, SBB etc.) zu den Grundeigentümern in der Schweiz. Soll ein Bauprojekt realisiert werden, wird der Grundeigentümer zum Bauherrn. Am Anfang des «Life Cycles» einer Immobilie stehen die Planer und Entwickler. Aufgrund der baulichen, rechtlichen und finanziellen Möglichkeiten und mittels Analysen und Machbarkeitsstudien schätzen sie das Potenzial eines Grundstücks oder eines Areals ein. Aufgrund dieser Erkenntnisse und Ideen wird das Projekt im Anschluss von einem Total- oder Generalunternehmer weitergeführt.

Der Totalunternehmer übernimmt die Architektur- sowie Ingenieur-Dienstleistungen wie Planung und Projektierung sowie die komplette Erstellung eines Gebäudes. Er ist die zentrale Ansprechperson des Auftraggebers und liefert alles aus einer Hand. Als Basis für die Zusammenarbeit mit einem Bauherrn dient der Werkvertrag. Normalerweise werden für die Ausführung von einzelnen Teilaufgaben Subunternehmer beauftragt.

Der Totalunternehmer ist im Gegenzug zum Generalunternehmer komplett verantwortlich für ein Bauwerk. D.h., er plant und projektiert es vom Anfang bis zum Ende. Der Generalunternehmer konzentriert sich hingegen ausschliesslich auf die Erstellung eines Gebäudes ohne die Architekturleistungen.

Fragen

Regelmässig treten bei Immobilienentwicklern, Investoren und Grundeigentümern komplexe Fragen auf.

  • Soll die Parzelle mit oder ohne Architekturverpflichtung verkauft werden?
  • Soll der Bau vorab realisiert und später die schlüsselfertige Baute verkauft werden?
  • Wird diese Baute nicht als Einheit, sondern in Stockwerkeigentumsanteilen verkauft, wie hoch ist das finanzielle Risiko, falls bis zum gewünschten Zeitpunkt nicht alle Einheiten verkauft werden und beispielsweise erst im folgenden Jahr veräussert werden können?

Die Antworten sind oft komplex und ergeben sich je nach Projekt aus verschiedenen Faktoren und Zielen. Darüber hinaus führen die verschiedenen Gestaltungsvarianten zu unterschiedlichen Steuerfolgen, welche den Gesamterfolg eines Projekts wesentlich beeinflussen können.

Ausgewählte steuerliche Knacknüsse

Warum können Konstellationen wie der Verkauf von Land mit Architekturverpflichtung aus steuerlicher Sicht überhaupt zu Diskussionen führen? Hintergrund ist, dass Liegenschaftsverkäufe steuerlich in mehrfacher Hinsicht besonders – sprich typischerweise stärker – besteuert werden:

  • Der Gewinn einer regulär besteuerten Gesellschaft untersteht auf kantonaler Ebene der Gewinnsteuer. Der effektive Steuersatz (Kanton und Gemeinde, ohne Bund) liegt zwischen 5 und 15 %.
  • Wertzuwachsgewinne auf Liegenschaften werden in monistischen Kantonen (wie Basel, Bern oder Zürich) hingegen mit Grundstückgewinnsteuer erfasst. Der effektive Steuersatz (Kanton und Gemeinde, ohne Bund) hängt insbesondere von der Haltedauer ab und kann bis zu 60 % (!) betragen.
  • Dazu kommt, dass die meisten Kantone (z.B. Bern, Genf oder Waadt) auf dem Gesamtwert einer Liegenschaft die Handänderungssteuer erheben.

Konkretes Beispiel: eine Gesellschaft verkauft Land und Bauleistungen.

Leistung Gestehungs-/Selbstkosten Verkaufspreis (Wertzuwachs) Gewinn
 
Land 100 200 100
Bauleistungen 300 450 150
Total 400 650 250

Werden beide Teile getrennt besteuert, namentlich weil Land und Bauleistungen von unabhängigen Dritten stammen, ergibt sich beispielhaft folgende Besteuerung (ohne Bundessteuer).

Leistung Basis Steuer Indikativer Steuersatz Steuerbelastung
Land 100 Grundstückgewinnsteuer 60 % 60
200 Handänderungssteuer 2 % 4
Bauleistungen 150 Geweinnsteuer 8 % 12
Total       76

Werden beide Leistungen gemeinsam besteuert, zum Beispiel wenn der Landeigentümer gleichzeitig eine schlüsselfertige Baute anbietet, ändert sich das Bild stark:

Leistung Basis Steuer Indikativer Steuersatz Steuerbelastung
Land 100 Grundstückgewinnsteuer 60 % 60
650 Handänderungssteuer 2 % 13
Bauleistungen 150 Geweinnsteuer 60 % 90
Total       163

Aus diesem stark vereinfachten Beispiel wird schnell klar, dass Investoren in vielen Fällen ein Interesse an einer getrennten Besteuerung haben. In der Praxis wurden und werden daher häufig getrennte Verträge für Landkauf und Bauleistungen vereinbart. Gleichzeitig liegt es nahe, allfällige Gewinne möglichst in der Bausparte zu verbuchen.

Aus naheliegenden Gründen wird eine solche Aufteilung von den Steuerbehörden kritisch hinterfragt. Unter dem Stichwort der Zusammenrechnung wurden in den letzten Jahrzehnten in allen Kantonen entsprechende Praxen, sei das durch Merkblätter der Steuerverwaltung oder durch Gerichtsentscheide, entwickelt. Konkret werden Bauleistungen und Landverkäufe gemeinsam besteuert, wenn beide Geschäfte miteinander verbunden sind. Was dies im Einzelfall heisst, hängt von der konkreten Konstellation und der kantonalen Praxis ab. Indizien sind – neben entsprechenden gegenseitigen Bedingungen – gleiche oder wirtschaftlich nahestehende Parteien in beiden Verträgen und eine enge zeitliche Nähe.

Fazit

Echtes Optimierungspotential besteht in der Praxis in diesem Bereich leider kaum: Vertragsparteien und Verkaufszeitpunkte lassen sich nicht beliebig steuern. Daher ist für Investoren primär wichtig, die entsprechenden Steuerfolgen rechtzeitig zu verstehen. Und allenfalls andere Optimierungsmöglichkeiten wie Verlustverrechnungsmöglichkeiten oder die Qualifikation als Liegenschaftshändler zu prüfen.

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