Home-Office für österreichische Grenzgänger: Steuerliche Fragen und Folgen

02 Mrz 2021

Im Jahr 2019 wurde in Österreich eine Neuregelung der Lohnsteuerpflicht für ausländische Arbeitgeber/innen getroffen. Demnach wurden ausländische Arbeitgeber/innen seit dem 1. Januar 2020 verpflichtet, beim Vorliegen von Home-Office Arbeitstagen für ihre in Österreich unbeschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmer/innen einen Lohnsteuerabzug durchzuführen, auch wenn keine Betriebsstätte in Österreich vorhanden war. Für schweizerische Unternehmen führte dies zu einer lohnsteuerlichen Registrierungspflicht in Österreich.

Im Dezember 2020 hat der österreichische Gesetzgeber rückwirkend die Aufhebung des verpflichtenden Lohnsteuerabzugs für Arbeitgeber ohne Lohnsteuerbetriebsstätte in Österreich beschlossen. Die Lohnsteuerverpflichtung selbst wurde indes nicht ersatzlos gestrichen, sondern durch eine Offenlegungsverpflichtung in Form einer Lohnbescheinigung (Formular L17) ersetzt.

Nachfolgend werden die aktuell gesetzliche Lage aus österreichischer und schweizerischer Sicht kurz erläutert. 

Kein österreichischer Lohnsteuerabzug ohne Lohnbetriebsstätte 

Die obenstehende Regelung zur Lohnsteuerabzugsverpflichtung für ausländische Arbeitgeber/innen wurde rückwirkend ab dem 1. Januar 2020 aufgehoben. Entsprechend dem neusten gesetzlichen Standpunkt sind ausländische Arbeitgeber/innen ohne Betriebsstätte in Österreich beim Vorliegen von Home-Office Arbeitstagen nun nicht mehr gesetzlich verpflichtet, von den Einkünften ihrer in Österreich unbeschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmer Lohnsteuern einzubehalten. 

Konkret bedeutet dies, dass die Schweizer Arbeitgeber/innen ohne Betriebsstätten in Österreich nicht verpflichtet sind, in Österreich Lohnsteuern für österreichische Arbeitnehmer/innen einzubehalten bzw. abzurechnen, wenn diese im Home-Office arbeiten. 

Der Lohnsteuerabzug kann jedoch weiterhin – für unbeschränkt sowie für beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer/innen – freiwillig erfolgen. Haben die ausländischen Arbeitgeber/innen die vormalige Verpflichtung zum Lohnsteuerabzug in 2020 bereits erfüllt, gilt dieser Lohnsteuerabzug als freiwillig.

Österreichische Lohnsteuerbescheinigung (L17) 

Die Lohnsteuerabzugsverpflichtung wurde durch eine Offenlegungsverpflichtung in Form einer Lohnbescheinigung (Formular L17) ersetzt, welche unter folgenden Voraussetzungen zur Anwendung gelangt:

  • Arbeitnehmer/in ist in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig, und
  • Mittelpunkt der Tätigkeit ist in Österreich für mehr als 6 Monate im Kalenderjahr.

Demnach ist davon auszugehen, dass bei mehr als 50 % Tätigkeitsausübung in Österreich in Relation zu den Gesamtarbeitstagen, eine Lohnbescheinigung in Österreich einzureichen ist.

Die Lohnbescheinigung für das Jahr 2020 ist übergangsweise bis spätestens am 31. März 2021 dem jeweils zuständigen Finanzamt in Österreich zu übermitteln. Für die Folgejahre gelten kürzere Fristen – bei elektronischer Übermittlung – grundsätzlich bis Ende Februar des Folgejahres (ansonsten Ende Januar des Folgejahres).

Österreichische Verfahrenspflichtverletzungen können in Österreich strafrechtlich (Geldstrafe bis hin zu Freiheitsstrafe) verfolgt werden. 

Aus schweizerischer Sicht (Strafgesetzbuch Art. 271) dürfen Arbeitgeber/innen ohne Bewilligung keine Handlungen für einen fremden Staat vornehmen, die einer Behörde oder einem Beamten zukommen. Die Abklärungen, ob vorliegende österreichische Lohnbescheinigung unter StGB Art. 271 fällt, ist mit dem EDA (Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten) in Abklärung.

Zukünftige schweizerische Quellensteuerabrechnungen

Grundsätzlich unterliegt das in der Schweiz erzielte Erwerbseinkommen von nicht in der Schweiz ansässigen Personen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit der schweizerischen Quellensteuer. Bedingung für die Schweizer Quellensteuerpflicht ist eine Tätigkeitsausübung in der Schweiz. Durch die COVID19-Situation hat sich der Arbeitsort vieler österreichischer Grenzgänger nach Österreich verlagert (Home-Office).

Da aufgrund der COVID19-Situation die österreichischen Arbeitnehmer/innen vermehrt oder sogar zur Hauptsache im Wohnsitzstaat Österreich gearbeitet haben bzw. arbeiten werden, entfällt das Besteuerungsrecht der Schweiz auf diese Arbeitstage mangels physischer Präsenz in der Schweiz. Folglich ist nun das Erwerbseinkommen, das auf die Home-Office Arbeitstage entfällt, von der Besteuerung in der Schweiz (pro rata temporis) auszunehmen und Österreich der Besteuerung zuzuführen. Dagegen ist für die Satzbestimmung das ganze Erwerbseinkommen massgebend.

Die Einsatztage in der Schweiz und in Österreich müssen gegenüber den Arbeitnehmern/innen bescheinigt werden. Für Dokumentationszwecke muss ein Kalendarium pro Person geführt werden, welcher die einzelnen Home-Office Arbeitstage ausweist und von den Arbeitnehmern/innen signiert wird. Die Bescheinigung der jeweiligen Ländertage gegenüber den Angestellten empfehlen wir auf dem jährlichen Lohnausweis vorzunehmen. Auf diese Weise sind die CH-/Ausland-Tage für die Steuerbehörden und die Steuerpflichtigen schnell ersichtlich.

Schweizer Quellensteuerkorrektur für bereits erfolgte Abrechnungen

Falls die Schweizer Quellensteuern bereits für das ganze Jahr 2020 abgerechnet und abgeführt wurden, ist eine Korrektur der Quellensteuerabrechnungen vorzunehmen. 

Zuerst sind diejenigen Arbeitstage von der Quellenbesteuerung auszunehmen (pro rata temporis), an welchen die Tätigkeit tatsächlich ausserhalb der Schweiz ausgeübt wurde. Bezahlte Abwesenheitstage, an welchen keine Arbeitsleistung zu erbringen war (insb. Ferien-/Krankheitstage) sind den Schweizer Arbeitstagen zuzuteilen. Dies gilt grundsätzlich auch bei Kurzarbeitstagen, es sei denn es wurde schon vor der COVID19-Situation regelmässig im Home-Office gearbeitet. 

Die schweizerischen und ausländischen Arbeitstage sind in einem Kalendarium festzuhalten. Falls während 2020 kein Kalendarium geführt wurde, empfehlen wir, die betroffenen Arbeitnehmer/innen so schnell wie möglich darauf aufmerksam zu machen, die Arbeitstage nachträglich nach bestem Wissen festzuhalten sowie das Kalendarium zu signieren, damit die Quellensteuerkorrektur bzw. die Rückforderung der zu viel bezahlten Quellensteuern vorgenommen werden kann. 

Arbeitgeber/innen haben die Pflicht, abgerechnete Quellensteuern für die ausländischen Arbeitstage zurückzufordern. Die Rückforderung findet durch eine nachträglich eingereichte, korrekte Quellensteuerabrechnung statt. Diese Quellensteuerkorrektur hat (sicherheitshalber) bis zum 31. März 2021 beim jeweiligen kantonalen Steueramt einzugehen. Im Kanton St. Gallen kann die Rückforderung der Quellensteuer auch direkt über den Arbeitnehmer erfolgen. Hierfür muss dieser bis am 31. März 2021 das Kalendarium samt Begleitschreiben per Post ans Kantonalen Steueramt des Kantons St. Gallen senden. Ein Begleitschreiben sollte eine kurze Darstellung der persönlichen Situation enthalten.

Zusammenfassung

Der Lohnsteuerabzug durch Schweizer Unternehmen ist für österreichische Steuerzwecke weggefallen. Dagegen muss weiterhin geprüft werden, ob eine Lohnbescheinigung in Österreich durch die Schweizer Unternehmen einzureichen ist.

Zudem besteht das Risiko einer Doppelbesteuerung für die Arbeitnehmer/innen, falls die Quellensteuerkorrektur in der Schweiz unterlassen wird. Daher empfehlen wir, die zu viel abgerechnete Quellensteuer in der Schweiz beim zuständigen kantonalen Steueramt innert Frist zurückzufordern.

Nächste Schritte:
  • Schweizer Unternehmen ohne Betriebsstätte in Österreich müssen für österreichische Arbeitnehmer/innen keine österreichische Lohnsteuerabzüge vornehmen.
  • Arbeitgebern/innen obliegt in Österreich eine Lohnsteuermeldungen, wenn die Tätigkeit vorwiegend in Österreich ausgeübt wird. Vorbehaltlich Prüfung der Bewilligungspflicht unter StGB Art. 271. 
  • Die österreichischen Home-Office Arbeitstage sind in einem Kalendarium festzuhalten und von den Arbeitnehmern/innen zu bestätigen.
  • Bei der Schweizer Quellensteuerabrechnung sind die österreichischen Arbeitstage nicht zu besteuern (satzbestimmend ist das ganze Erwerbseinkommen massgebend).

Wir hoffen, Ihnen mit den obigen Angaben einen kurzen Überblick über das Ausmass der Neuregelung in Sachen Lohnsteuerabzug Österreich gegeben zu haben.  Falls Sie weitere Fragen haben oder weitere Informationen benötigen über das freiwillige Lohnsteuerverfahren, die Lohnsteuermeldung sowie die Quellensteuerabrechnung/-korrektur, können Sie uns jederzeit kontaktieren. Gerne unterstützen wir Sie beim Definieren der einzelnen Verfahrenspflichten sowie deren Umsetzung.

 

Kontaktieren Sie uns

Nadine  Schrackmann

Nadine Schrackmann

Manager, Tax and Legal, PwC Switzerland

Tel.: +41 58 792 68 20