Pünktlich zum Neuschnee hat die ESTV die definitive neue MWST-Praxis für kollektive Kapitalanlagen und Anlagestiftungen publiziert.
Mit dem Entwurf der neuen Praxis vom Juli 2024 wollte die ESTV die anwendbaren Regeln vereinfachen. Diese Vereinfachung hätte zur Folge gehabt, dass heute von der Steuer ausgenommene Leistungen steuerbar geworden wären und zu mehr definitiver Mehrwertsteuer (tax occulte) im Fondsgeschäft geführt hätte.
Die ESTV hat die zahlreichen Eingaben im Rahmen der vorgeschriebenen Praxisrevision berücksichtigt und auf die beabsichtigte weitreichende Praxisänderung verzichtet.
Die neue MWST-Praxis ist somit grundsätzlich identisch mit der heute geltenden MWST-Praxis. Das neue Anlagevehikel «L-QIF» qualifiziert als kollektive Kapitalanlage im Sinne der MWST. Neu steuerbar sind notarielle Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Kauf/Verkauf von Grundstücken durch Immobilienfonds.
Grundsätzlich bleibt also alles beim Alten und es ergeben sich keine relevanten zusätzlichen «tax occulte».
Andererseits bleibt die hohe Komplexität bestehen, welche die ESTV mit der Praxisänderung vereinfachen wollte.
Die Anbieter von Leistungen an kollektive Kapitalanlagen (insbesondere Immobilienfonds) sind dem Risiko ausgesetzt, Leistungen fälschlicherweise als von der MWST ausgenommen statt als zu 8.1% steuerbar abzurechnen, mit den entsprechenden finanziellen Konsequenzen bei einer Korrektur innerhalb der fünfjährigen Verjährungsfrist.
Kollektive Kapitalanlagen auf der anderen Seite stehen vor dem Dilemma, dass sie ungerechtfertigterweise MWST auf Leistungen ihrer Dienstleister in Kauf nehmen und damit den Net Asset Value des entsprechenden Fonds übermässig belasten.
Leistungen an Anlagestiftungen sind gemäss geltendem Mehrwertsteuergesetz steuerbar. Mit der ab 1. Januar 2025 geltenden gesetzlichen Grundlage werden die von qualifizierten Beauftragten an Anlagestiftungen erbrachten Verwaltungsdienstleistungen von der MWST ausgenommen.
Damit erfolgt die gewünschte Gleichstellung mit den kollektiven Kapitalanlagen.
Die Leistungserbringer an Anlagestiftungen müssen deshalb prüfen, ob ihre Leistungen ab dem 1. Januar 2025 neu von der MWST ausgenommen sind und ohne die 8.1% an die Anlagestiftung fakturiert werden müssen. Das Risiko verbleibt jedoch beim Leistungserbringer, da dieser für die korrekte MWST-Qualifikation und allfällige MWST-Abrechnung seiner erbrachten Leistungen verantwortlich ist. Allfällige Korrekturen sind für die letzten fünf Jahre vorzunehmen.
Anlagestiftungen müssen sicherstellen, dass sie ab dem 1. Januar 2025 keine MWST an Leistungserbringer bezahlen, die aufgrund der neuen gesetzlichen Grundlage und Praxis nicht mehr geschuldet ist. Eine solche MWST würde den Net Asset Value der entsprechenden Anlagegruppe der Anlagestiftung unzulässig schmälern und sich damit nachteilig für die Anleger auswirken.
Bitte zögern Sie nicht, sich an unser Expertenteam zu wenden, um die Unterstützung zu erhalten, die Ihr Unternehmen benötigt.
Fabienne Boinnard