Welche steuerlichen COVID-19-Entlastungsmassnahmen stehen Schweizer Unternehmen in den USA zur Verfügung?

Martina Walt Partner, Leiterin Steuerabteilung, PwC Liechtenstein, PwC Switzerland 08 Apr 2020

Um die Ausbreitung der COVID-19-Pandemie zu stoppen, haben viele Länder weltweit sehr strenge Massnahmen ergriffen. Unternehmen, Einzelpersonen und Volkswirtschaften sind hiervon in erheblichem Umfang betroffen. Die Regierungen haben schnell reagiert und COVID-19-Hilfspakete geschnürt, um Unternehmen und Einzelpersonen in dieser beispiellosen Zeit zu unterstützen. Die von den Vereinigten Staaten von Amerika («USA», «US») im Zusammenhang mit der Pandemie ergriffenen steuerlichen Massnahmen gehen über jene der meisten anderen Staaten hinaus. Schweizer Unternehmen mit US-Geschäft sollten daher unverzüglich prüfen, inwieweit diese Massnahmen auf sie zutreffen. Die Massnahmenpakete sind universell gültig und daher für alle Schweizer Unternehmen mit US-Geschäft verfügbar, von Start-ups über kleine und mittlere Unternehmen bis hin zu grossen multinationalen Konzernen.

In Reaktion auf die COVID-19-Krise haben zahlreiche Staaten Pakete mit steuerlichen, rechtlichen und wirtschaftlichen Massnahmen zur Unterstützung betroffener Unternehmen und Einzelpersonen aufgelegt. Die steuerbezogenen Massnahmen zielen oft darauf ab, den Steuerzahlern grosszügigere Fristen in Steuersachen einzuräumen, unter anderem:

  • Fristverlängerung
  • Zahlungsaufschub
  • Stundung von Zinsen und Steuerbussen
  • Schnelle Rückerstattung von Steuern

In vielen Ländern müssen Unternehmen ihren Antrag auf Steueraufschub begründen. Zusätzlich werden in den meisten Ländern Steuererleichterungen (z. B. Zahlungsaufschub, Ratenzahlungen usw.) nur gewährt, wenn das Unternehmen sich in einem Liquiditätsengpass befindet, aufgrund dessen bei einer fristgerechten Begleichung der Steuerverbindlichkeiten existentielle Probleme eintreten würden. In den USA hingegen sind die Massnahmen weniger restriktiv ausgelegt.

Reaktion der USA auf COVID-19

Die USA sind derzeit das einzige Land, das umfassende zusätzliche Steuererleichterungen anbietet und insbesondere die Möglichkeit einer schnellen Senkung der Steuerlast in den USA vorsieht. Seit 20. März 2020 haben die USA verschiedene Massnahmen eingeführt, unter anderem: 

  • zwei Arten von Lohnsteuergutschriften für Arbeitgeber, deren Betrieb aufgrund einer COVID-19-bezogenen Schliessungsanordnung ganz oder teilweise eingestellt wurde (siehe IRS Employee Retention Credit under the CARES Act)
  • automatische Verlängerung der Abgabefrist für die Einkommensteuererklärung bis 15. Juli 2020 (ursprünglich 15. April 2020)
  • Möglichkeit des Aufschubs von am 15. April 2020 fälligen Einkommensteuerzahlungen bis zum 15. Juli 2020 ohne Steuerstrafen und Zinsen, unabhängig vom geschuldeten Betrag

Die bedeutendste Massnahme bisher ist ein Gesetzespaket mit einem Wert von rund zwei Milliarden US-Dollar namens Coronavirus Aid, Relief and Economic Security Act («CARES» Act), das Präsident Trump am 27. März 2020 in Kraft gesetzt hat. Zu den wichtigsten steuerbezogenen Bestimmungen des CARES Act, die auch für Schweizer Unternehmensgruppen mit Geschäftstätigkeit in den USA relevant sein können, zählen verschiedene Änderungen der Bestimmungen zum steuerlichen Verlust (Nettobetriebsverlust, NOL) sowie diverse Änderungen der Begrenzung des Abzugs von Zinsaufwendungen für 2019 und 2020. 

Neben den Steuermassnahmen auf nationaler Ebene bieten verschiedene Bundesstaaten und Lokalverwaltungen Steuererleichterungen an für Steuererklärungen und Steuerzahlungen, die in den nächsten Monaten eingereicht werden müssen oder fällig sind. Diese Regelungen sind von Bundesstaat zu Bundesstaat unterschiedlich und vom Standort des US-Geschäfts abhängig. PwC veröffentlicht weiterhin regelmässig aktualisierte Informationen zu den COVID-19-bezogenen Steuererleichterungen in den USA auf bundesstaatlicher und lokaler Ebene

Änderungen der Regelungen zum NOL

Gemäss CARES Act können Nettobetriebsverluste aus den Steuerjahren ab 2018, 2019 und 2020 fünf Jahre zurückgetragen werden (was gemäss geltendem Steuerrecht nicht möglich war). Auf diese Weise können Unternehmen Verluste auf Jahre zurücktragen, in denen sie einer Ergebnisbesteuerung von 35 % unterlagen (gegenüber aktuell 21 %).

Zusätzlich hebt der CARES Act vorübergehend die Begrenzung auf, dass Verlustvorträge nur bis zur Höhe von 80 % der steuerpflichtigen Einkünfte geltend gemacht werden können. Dies bedeutet, dass Nettobetriebsverluste ohne jede Einschränkung vollständig mit steuerbaren Gewinnen verrechnet werden können. 

Wie können diese Regelungen in Anspruch genommen werden? Es ist zu prüfen, ob die US Unternehmung Nettobetriebsverluste aus den definierten Jahren hat und auf dieser Basis kann der Verlustrücktrag beantragt werden. Es ist zu beachten, dass der Antrag auf Verlustrücktrag der US-Bundessteuerbehörde (IRS) mit entsprechendem Formular per Post zuzustellen ist. Da auch der IRS mit eingeschränkten Kapazitäten arbeitet, verlängert sich die Bearbeitungszeit. Der IRS bearbeitet derartige Anträge in der Reihenfolge ihres Eingangs. Je früher Sie Ihren Antrag einreichen, desto schneller sollte dieser bearbeitet und eine entsprechende Steuererstattung ausgezahlt werden.

Änderungen der Begrenzung des Abzugs von Zinsaufwendungen

Gemäss CARES Act wird der steuerlich zulässige Zinsabzug von derzeit 30% des angepassten steuerbaren Gewinns (vergleichbar zu EBITDA) für die in den Jahren 2019 und 2020 beginnenden Steuerjahre auf 50% erhöht. 

Darüber hinaus können Steuerpflichtige gemäss der neuen Regelung wählen, ob sie ihr angepasstes steuerpflichtiges Einkommen des Jahres 2019 für die Berechnung des zulässigen Zinsabzuges des Jahres 2020 verwenden möchten. Interessant ist, dass der IRS und das Finanzministerium die endgültigen und vorgeschlagenen Bestimmungen zur Begrenzung des Abzugs von Zinsaufwendungen zurückgenommen haben, um sie im Lichte der vorstehend genannten Änderungen zu überarbeiten.

Unternehmen sollten berechnen, welche Finanzmittel für die Geschäftstätigkeit in den USA erforderlich sind. Gegebenenfalls kann der Verschuldungsgrad in den USA erhöht werden, um den COVID-19-bezogenen Marktabschwung zu finanzieren, ohne in den USA beim Abzug der Zinsaufwendungen allgemeinen Begrenzungen zu unterliegen.  

Sind weitere Massnahmen zu erwarten?

Nancy Pelosi, demokratische Sprecherin des Repräsentantenhauses, nannte als Themen eines potenziellen weiteren Entlastungsgesetzes eine Änderung oder Aussetzung der Abzugsgrenzen bei bundesstaatlichen und lokalen Steuern, weitere Steuererstattungen für Einzelpersonen und/oder höhere Investitionen in Infrastruktur. Viele dieser Massnahmen waren bei den Verhandlungen zwischen dem Senat und dem Weissen Haus zum CARES Act bereits diskutiert worden, wurden jedoch verworfen.

Die Diskussionen zu einer neuen Runde von Konjunkturmassnahmen befinden sich noch in den Anfängen. Pelosi erklärte, dass das Repräsentantenhaus schon nach seiner voraussichtlichen Rückkehr nach Washington am 20. April 2020 über einen entsprechenden Gesetzesentwurf beraten könnte.

Fazit und Empfehlungen

Die USA haben bereits ein breites Spektrum an Massnahmen in Reaktion auf die COVID-19-Pandemie auf den Weg gebracht. Insbesondere die Änderungen zum Rücktrag von Nettobetriebsverlusten und zum Abzug von Zinsaufwendungen gehen über die in anderen Ländern getroffenen Massnahmen hinaus und könnten sich für Schweizer Unternehmensgruppen mit Geschäftstätigkeit in den USA auszahlen.

Unternehmen sollten daher analysieren, in welchem Umfang sie von den diversen in den USA eingeführten Massnahmen Gebrauch machen können und möchten. Diesbezüglich sollten Unternehmen auch die Auswirkungen der US-Massnahmen auf ihre Steuerpositionen (Buchhaltung) berücksichtigen (z. B. latente Steuern auf steuerliche Verlustvorträge oder Wechselwirkung zwischen Nettobetriebsverlusten und den US-Vorschriften bezüglich "Base Erosion und Anti-Abuse Tax - BEAT").

PwC beobachtet die Entwicklungen in den USA und anderen Ländern laufend. Informieren Sie sich im globalen COVID-19-Tracker über die aktuellen steuerlichen, rechtlichen und wirtschaftlichen Massnahmen der einzelnen Territorien im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise. 

 

Kontaktieren Sie uns

Martina Walt

Martina Walt

Partner, Leiterin Steuerabteilung, PwC Liechtenstein, PwC Switzerland

Tel.: +41 58 792 68 84

Michael Ruckstuhl

Michael Ruckstuhl

Partner, International Tax, PwC Switzerland

Tel.: +41 78 707 13 77