Die Corona-Pandemie als Stresstest für das Working Capital Management

PwC-Studie 2021: Unternehmen binden zu viel Kapital

Ihr Experte für Fragen

Benjamin Rutz

Benjamin Rutz
Director, Business Restructuring Services
PwC Schweiz
Tel.: +41 58 792 21 60
E-Mail

Unternehmen binden zu viel Kapital – und das immer länger

Die COVID-19-Krise hat tiefe Spuren in der Working Capital Performance von Unternehmen unterschiedlicher Branchen hinterlassen. Während die Umsätze von Unternehmen aus der DACH-Region und den Benelux-Ländern im zweiten Quartal 2020 im Vergleich zum Vorjahresquartal um durchschnittlich 16 Prozent einbrachen, ging das im Unternehmen gebundene Kapital in diesem Zeitraum nur um 5 Prozent zurück. Gleichzeitig stieg die Kapitalbindungsdauer um 8 Tage an – auf 60 Tage.

„Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, sich auf Cash und Working Capital Management zu konzentrieren. Wer es versäumt, dieses Thema zu priorisieren, lässt die Chance ungenutzt, operative Working Capital Verbesserungen als wesentliche Werttreiber zu nutzen.“

Benjamin Rutz,Director, Business Restructuring Services bei PwC Schweiz

Die Studie im Überblick

Umsätze stärker rückläufig als das gebundene Kapital

Die Pandemie hat signifikante Auswirkungen auf Umsatz, Working Capital und Kapitalbindungsdauer: So sind die Umsätze der analysierten Unternehmen zwischen dem zweiten Quartal in 2019 und dem zweiten Quartal in 2020 um 16 Prozent zurückgegangen. Das im Unternehmen gebundene Kapital ist im gleichen Zeitraum jedoch nur um rund 5 Prozent gesunken – von 518 Milliarden Euro im zweiten Quartal von 2019 auf 494 Milliarden Euro im zweiten Quartal von 2020. Gleichzeitig ist die Kapitalbindungsdauer signifikant gestiegen – um 8 Tage (von 52 auf 60 Tage).

Auswirkungen auf die Working-Capital-Performance in der DACH-Region und den Benelux-Staaten

Volle Lager: Bestandsreichweite steigt um neun Tage

Auch auf weitere Kennzahlen des Working Capital Managements hat sich die COVID-19-Krise spürbar ausgewirkt. Am stärksten ist der Effekt bei der Bestandsreichweite: Der Zeitraum zwischen Wareneingang und Entnahme (Days Inventory On-Hand, DIO) ist um rund 9 Tage gestiegen und lag im 2. Quartal 2020 bei 81 Tagen. Der Grund: In vielen Branchen lag die Nachfrage unter dem erwarteten Niveau. Die Folge: Hohe Lagerbestände.

Zahlungsbereitschaft der Kunden hat sich verschlechtert

Auch die Zahlungsmoral hat sich im Zuge der Krise verschlechtert: So stieg die Forderungsreichweite (Days Sales Outstanding, DSO), also die Spanne zwischen Bestelldatum und Zahlungseingang, zwischen dem zweiten Quartal in 2019 und dem zweiten Quartal in 2020 um 4 Tage und lag bei rund 53 Tagen. Analog dazu ist auch die Reichweite der kurzfristigen Verbindlichkeiten (Days Payables Outstanding, DPO), also die Periode zwischen Rechnungsdatum und Bezahlung, in diesem Zeitraum um 5,5 Tage gestiegen – und liegt im Schnitt bei knapp 74 Tagen.

Grosse Unterschiede je nach Branche

Die Auswirkungen der Pandemie auf das Working Capital Management der Unternehmen variieren dabei stark nach Branche: In 16 von 20 untersuchten Industrien hat sich der Cash Conversion Cycle, also die Geldumschlagsdauer, verschlechtert. Besonders schwach schneiden die Raumfahrt-, Verteidigungs- und Sicherheitsbranche sowie Fluggesellschaften und Flughafenbetreiber ab. Andere Sektoren, etwa die Medien- und Unterhaltungsbranche oder die Lebensmittelindustrie, deren Umsätze sich positiv entwickelt haben, verzeichneten nur leichte Verschiebungen beim Net Working Capital.

Schlüsselsektoren vor unterschiedlichen Herausforderungen und Aussichten

Wieso Cash und Working Capital Management jetzt so wichtig sind

Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen werden in absehbarer Zukunft schwierig bleiben. Umso wichtiger ist es für Unternehmen, sich jetzt auf Liquidität zu fokussieren und das Working Capital Management zu optimieren. Dafür sprechen fünf Gründe:

  • Zukünftige Verwerfungen wie das steigende Insolvenzrisiko, sobald die staatlichen Unterstützungen auslaufen, erzeugen hohen Druck auf das Cash Management und die Wertschöpfungsketten der Unternehmen.
  • Working Capital Management ist ein wichtiger Werttreiber, denn gebundenes Kapital wirft keine Erträge ab.
  • Die Nutzung von Working Capital ist eine kostenlose Kapitalquelle, die sich für Akquisitionen oder die Tilgung von Schulden einsetzen lässt.
  • Ein gutes Working Capital Management verschafft höhere Sichtbarkeit und Kontrolle über die operative und finanzielle Performance des Unternehmens.
  • Ein verbessertes Working Capital Management steigert den Unternehmenswert.

Aktuelle Themen, die das Working Capital Management positiv beeinflussen

  1. Widerstandsfähigkeit und Agilität der Supply Chain erhöhen
    Dazu gehören etwa eine dynamische Segmentierung der Supply Chain, ein auf Künstliche Intelligenz gestütztes Supply Chain Management oder Smart Logistics Flows.
  2. Auf Digitalisierung und Analytics setzen
    Digitale Enabler wie Data Analytics und Process Mining haben das Potenzial, die Komplexität und Fragmentierung der Supply Chain in den Griff zu bekommen und bieten die Chance, Cash-Potenzial freizusetzen und für nachhaltige operative Exzellenz zu sorgen.
  3. Financial Supply Chain Management einführen
    Über Supply Chain Finance wird ein Mittler – etwa eine Bank oder Fin-Tech – in den Bezahlprozess zwischen Käufer und Lieferant eingefügt. Dadurch lässt sich das Capital Management verbessern, weil so die komplette Supply Chain in den Fokus rückt.
  4. Trade Tax optimieren
    Indirekte Steuern, die im Zusammenhang mit Zoll und internationalem Handel anfallen, machen einen beträchtlichen Anteil des Cashflows aus, im Schnitt sind es rund 12 Prozent. Unternehmen sollten die Auswirkungen steuerlicher Verpflichtungen deshalb als Teil ihres Risikomanagement betrachten.

Die Empfehlungen der PwC-Expert:innen

Für die Optimierung des Cash Conversion Cycles in Krisenzeiten empfehlen die PwC-Expert:innen ein Vorgehen in vier Schritten:

Repair

Im ersten Schritt geht es darum, die Auswirkungen der Krise auf das Net Working Capital zu verstehen und die Kontinuität des Business sicherzustellen. Zudem müssen Unternehmen Cash-Forecasts für die kurzfristige Perspektive erstellen und die Stakeholder einbinden.

Rethink

Im zweiten Schritt liegt der Fokus darauf, die Liquidität zu sichern und die Auswirkungen auf die Lieferketten zu managen. Die kurzfristigen Zahlungsverträge rücken in den Fokus. Die Bemühungen, Forderungen einzutreiben, werden verstärkt.

Reconfigure

Jetzt geht es darum, das Working-Capital-Profil der Zukunft zu gestalten und sicherzustellen, dass die operativen Prozesse auf die individuellen Anforderungen zugeschnitten sind. Dazu gehört es, die notwendige Infrastruktur und die Kontrollen zu implementieren und für Kontinuität in den Lieferketten zu sorgen.

Report

Im vierten Schritt steht im Mittelpunkt, schnelle Einsichten zu generieren und in einer sich rasant verändernden Geschäftsumgebung zu handeln. Der Fokus liegt darauf, mit Informationen in Echtzeit zu arbeiten und Veränderungen nachzuhalten.

Resilienz aufbauen: Repair, Rethink, Reconfigure und Report

„Digitale Technologien helfen, das Working Capital Management resilienter und anpassungsfähiger zu gestalten. Sie sorgen für Transparenz und helfen so, Abhängigkeiten und Potenziale zu erkennen.“

Benjamin Rutz,Director, Business Restructuring Services bei PwC Schweiz

Die Methodik

Zu diesen Ergebnissen kommt eine Studie, für die PwC das Working Capital Management von 658 Unternehmen aus der DACH- und Benelux-Region analysiert hat.

Kontaktieren Sie uns

Reto Brunner

Reto Brunner

Partner, Advisory, PwC Switzerland

Tel.: +41 58 792 14 19

Benjamin Rutz

Benjamin Rutz

Director, Business Restructuring Services, PwC Switzerland

Tel.: +41 58 792 21 60

Roland  Schegg

Roland Schegg

Director, Leiter Consulting Familienunternehmen & KMU, PwC Switzerland

Tel.: +41 79 215 29 31

Kontaktieren Sie uns

Benjamin Rutz

Benjamin Rutz

Director, Business Restructuring Services, PwC Switzerland

Tel.: +41 58 792 21 60

Hide