Zürich, 22. Januar 2024 – Die fundamentalen Veränderungen im Gesundheitswesen tragen Schweizer Gesundheitsinstitu-tionen und deren Pflegedirektionen neuartige Aufgaben auf. Welche Herausforderungen und Chancen sich daraus für die Pflegebranche ergeben, legen PwC Schweiz und die Swiss Nurse Leaders (SNL) in Co-Autorenschaft im «CNO-Barometer 2023 – Einschätzungen von Chief Nurse Officers (CNOs) zu Schwerpunktthemen des Gesundheitswesens und der Pflege» dar. Philip Sommer, Leiter Beratung Gesundheitswesen bei PwC Schweiz, fasst die Studienergebnisse wie folgt zusammen: «Die Lösung des Fachkräftemangels im Gesundheitswe-sen erfordert strategischen Weitblick wie auch innovative Ansätze in Prozessen und Strukturen. Nur dann gibt es nicht noch mehr Druck auf das bestehende Personal, und nur dann wird die Versorgungssicherheit sichergestellt sein.»
Verhängnisvoller Dominoeffekt
Über 85 % der befragten CNOs nennen den Fachkräftemangel als Hauptherausforderung. Rund 52 % geben an, im Unternehmen hätte im Jahr 2022 Pflegepersonal gefehlt, um die Arbeitslast in der gewünschten Qualität zu bewältigen. In der Folge steigen die Überstunden der Festange-stellten und die Spitäler setzen zunehmend Temporärpersonal ein. Das tritt einen gefährlichen Dominoeffekt mit erneut steigenden Kosten und sinkender Mitarbeiterzufriedenheit los. Fast 50 % der CNOs geben an, die Zufriedenheit der Pflegekräfte sei im Vergleich zum Vorjahr gesun-ken. Im ungünstigsten Fall bringt dieser Dominoeffekt die Qualität der Versorgung ins Wanken.
Pflegekader kann viel zur Verbesserung beitragen
83 % der CNOs nehmen an, dass der Fachkräftemangel in Zukunft an Dringlichkeit gewinnt. Beim Kostendruck sind es sogar 88 %. Laut CNO-Barometer sind bessere Arbeitsbedingungen, die Entlastung der Pflege und eine stärkere Wertschätzung massgeblich, um die Fachkräftethe-matik gezielt zu adressieren. Gemäss SNL-Präsident Dr. Mario Desmedt kann das Pflegekader Massnahmen zur Steigerung der Arbeitsattraktivität am besten evaluieren und umsetzen, da sie ihre Mitarbeitenden am besten kennen. «Für bessere Arbeitsbedingungen spielt das Pflegekader eine Schlüsselrolle: Durch aktive und positive Führung kann es wesentlich zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und zur Entlastung der Pflege beitragen. Diese Möglichkeiten gilt es zu nutzen», so Desmedt.
Kompass auf Wert und Qualität ausrichten
81 % der befragten Gesundheitsinstitutionen messen die Pflegequalität über die Patientenzufrie-denheit. Patient-Reported Outcome Measures (PROMs) und Patient-Reported Experience Mea-sures (PREMs) werden nur von 26 % der CNOs genannt. Eine grosse Mehrheit der Studienteil-nehmenden aus Alters- und Pflegeheimen sowie Spitex beziehen die Pflegequalität in die operati-ve Qualitätsoptimierung ein. Bei den Akutspitälern, Psychiatrien und Rehabilitationskliniken ist es nur ein knappes Drittel. Wollen die Verantwortlichen die Pflege vermehrt auf deren innewoh-nendes Streben nach Qualität ausrichten, so empfiehlt PwC eine stärkere Orientierung an PROMs und PREMs. Diese Kennzahlen bieten wegweisende Erkenntnisse zur Ergebnisqualität aus Sicht der Patient:innen. Dazu Tania Putze, Managerin Gesundheitswesen bei PwC Schweiz: «Die Pflege könnte proaktiv mithelfen, das Schweizer Gesundheitswesen zu einem stärker wert- und qualitätsorientierten System zu entwickeln. Dieser bekannte Ansatz nennt sich Value-Based Healthcare.»
Einiges getan, viel zu tun
So anspruchsvoll der Fachkräftemangel auch sein mag, er hat wesentlich dazu beigetragen, dass viele Einrichtungen wegweisende Massnahmen umgesetzt haben. Zahlreiche Gesundheitsinstitu-tionen haben die Arbeitszeiten ihrer Pflegekräfte angepasst, die Pflege entlastet. Dazu gehört nicht nur das Auslagern von nicht pflegerischen Tätigkeiten, sondern auch bspw. Bettenschlies-sungen, die Wertschätzung und die Löhne erhöht oder attraktive Weiterbildungsmöglichkeiten bereitgestellt. Einiges, was vor wenigen Jahren undenkbar war, wird jetzt umgesetzt. «Es hat sich bereits einiges bewegt. Doch es wird sich noch viel bewegen müssen», meint Barbara Zosso Bischof, Geschäftsführerin von SNL. Damit ihr Appell fruchtet, müssen gemäss der Autoren-schaft weitere Massnahmen zur Verbesserung ergriffen werden und innovative Lösungen folgen. Zum Beispiel lassen sich mit einer kontinuierlichen Messung von Produktivität das Potenzial für Produktivitätssteigerungen – für alle Dienste – beziffern und Ansatzpunkte für Optimierungen in die Gesundheitsversorgung aufzeigen. Zudem können die Verantwortlichen Investitionen in die Digitalisierung tätigen und neue Technologien integrieren, nicht pflegerische Tätigkeiten wegdelegieren und die Pflege sich vermehrt auf ihre Kernkompetenz konzentrieren lassen: die Pflege von Patient:innen.
Über diese Studie
Das CNO-Barometer basiert auf der Befragung von CNOs aus Schweizer Gesundheitsinstitutio-nen. Es wurde 2023 zum ersten Mal als Co-Projekt von PwC und SNL durchgeführt. Die Erhe-bung fand im Juni und Juli 2023 statt. Teilgenommen haben 129 der 317 Senior-Mitglieder der SNL aus verschiedenen Gesundheitsinstitutionen. 43 % der CNOs stammen aus Akutspitälern, 11 % aus Alters- und Pflegeeinrichtungen, 10 % aus psychiatrischen Kliniken, 5 % aus Rehabilita-tionskliniken und 6 % aus der Spitex oder dem ambulanten Pflegedienst. Die restlichen 24 % gaben an, aus einer anderen Gesundheitsinstitution zu kommen, oder machten keine Angabe zu ihrem Arbeitgebenden. Die grosse Mehrheit der teilnehmenden CNOs stammt aus der Deutsch-schweiz, die Westschweiz ist mit neun und die italienische Schweiz mit sieben CNOs vertreten.
Über SNL
Mit schweizweit rund 400 Mitgliedern ist Swiss Nurse Leaders die führende, repräsentative Organisation der Pflege-verantwortlichen in der Schweiz.
Swiss Nurse Leaders fördert die Entwicklung von Leadership und Management in der Pflege und bietet den Mitglie-dern ein starkes Netzwerk. Der Verband vertritt die Interessen der Pflegekader und setzt sich dafür ein. Erfahren Sie mehr über und unter www.swissnurseleaders.ch.
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Stéphanie Tobler Mucznik