Ab 31. Dezember 2022 müssen alle unabhängigen Vermögensverwalter (IAM) bei der FINMA lizenziert sein, doch momentan ist dies schweizweit erst bei rund 350 von über 2'100 IAMs der Fall
M&A: 82% der befragten Unternehmen wollen ihre Geschäfte nicht verkaufen, rund die Hälfte möchte aber gerne selbst andere IAMs kaufen bzw. Partnerschaften eingehen. Dies bedeutet, dass die Marktdynamik eher von einem «Käufermarkt» mit starkem Wettbewerb und einer Knappheit an potenziellen Zielgesellschaften bestimmt wird, was zu hohen Bewertungen führen könnte
Seit Anfang 2022 wurden acht Transaktionen durchgeführt – langfristig wird eine weitere Konsolidierung erwartet
Zürich, 16. August 2022 – Der Geschäftssektor der unabhängigen Vermögensverwalter (IAM) in der Schweiz ist im Umbruch. Die Industrie mit ihren mehr als 2'100 Playern wurde bisher wenig beleuchtet. Mit den neuen FINMA-Regulierungen und zunehmenden Reporting-Anforderungen wird die Transparenz dieses Sektors allerdings zunehmen, wie die neue Studie «IAM Market Insights: Will the licensing requirement for independent asset managers by the end of 2022 trigger the anticipated consolidation of the industry? » von PwC Schweiz vorhersagt. Dabei haben die Studienautoren 83 IAMs in der Schweiz untersucht sowie eine fundierte Marktrecherche durchgeführt.
IAMs sind die KMUs der Finanzindustrie
Obwohl IAMs generell eher kleinere Vermögen verwalten, führen sie ein profitables Geschäft mit gesunden Margen. Basierend auf Statistiken des Verbands Schweizerischer Vermögensverwalter (VSV) betreuen 74% der Unternehmen weniger als 100 Kund:innen, die allerdings äusserst loyal sind. Zudem zeigt sich, dass die IAMs sich oft auf bestimmte Regionen wie z.B. Lateinamerika, Frankreich oder Deutschland konzentrieren. 88% der Vermögensverwalter haben einen AuM von unter 500 Millionen Franken, nur 4% verwalten über eine Milliarde Franken. Mehr als zwei Drittel arbeitet in kleinen Betrieben mit bis zu fünf Beschäftigten. Die meisten unabhängigen Vermögensverwalter sitzen in Zürich, Genf und dem Tessin.
Die Zeit für die Lizenzierung wird knapp
Von den über 2'100 IAMs in der Schweiz waren per Ende Mai 2022 erst etwa 500 bereits lizenziert oder noch im Lizenzierungsprozess. Der Grossteil der unabhängigen Vermögensverwalter scheint bis zur letzten Minute abzuwarten, obwohl die Lizenzierung mehrere Monate dauern kann. Wer die Deadline am 31. Dezember 2022 verpasst, muss mit Geldstrafen und Sanktionen rechnen. Was bereits auf Basis des Lizenzierungsstatus im Mai 2022 klar ist: Bis zu 400 IAMs werden keine Lizenz beantragen und ihr Geschäft nicht weiterführen, in den meisten Fällen aufgrund von Pensionierungen.
Das Inkrafttreten des Financial Services Act (FinSA) und des Financial Institutions Act (FinIA) Anfang 2020 eröffneten den unabhängigen Vermögensverwaltern mehrere Optionen:
FINMA-Lizenz beantragen und weiterhin operieren
Einer regulierten Plattform beitreten und so gewisse Geschäftstätigkeiten wie Compliance und Risk outsourcen und dann die FINMA-Lizenz beantragen
Partnerschaft/Fusion mit einem bereits lizenzierten oder anderweitig regulierten IAM eingehen
Geschäftstätigkeit beenden bzw. Unternehmen verkaufen
Von den 83 befragten Unternehmen wollen nur 4% keine Lizenz beantragen. Anders sieht es bei einem Beitritt zu einer regulierten Plattform aus: Für 80% der befragten IAMs wäre dies eine eher unwahrscheinliche Option. Während die meisten befragten IAMS eine Partnerschaft in Betracht ziehen, ist für über 82% klar, dass sie ihr Unternehmen nicht verkaufen würden. «Hier zeigt sich eine Diskrepanz – fast kein IAM will verkaufen, aber zahlreiche IAMs streben nach einer Partnerschaft, Fusion oder Übernahme », erklärt Christian Bataclan, Director Deals Financial Services bei PwC Schweiz. «Das bedeutet, dass ein Käufermarkt mit starkem Wettbewerb und einer Knappheit von potenziellen Zielgesellschaften entstehen wird, was zu hohen Bewertungen führen könnte. Nichtsdestotrotz wurden seit Anfang 2022 acht Transaktionen im IAM-Bereich abgeschlossen. Wir erwarten also langfristig eine Konsolidierung.»
M&A als beliebtes Mittel, um strategische Herausforderungen zu meistern
Die Studienteilnehmenden ihrerseits nannten drei Hauptgründe für Übernahmen: Um ihr AuM zu steigern und so attraktiver für Arbeitnehmende zu werden, um die Vorteile eines lizenzierten IAMs nutzen zu können und um durch Skaleneffekte allgemein effizienter zu werden. Dies ist notwendig, denn die meisten IAMs sehen die zunehmenden Kosten im Compliance-Bereich (69%) und die gestiegenen Reporting-Anforderungen (59%) als grösste strategische Herausforderung. Beide Aspekte üben grossen Druck auf die Margen aus.
Über diese Studie
Die Studie «IAM Market Insights» von PwC Schweiz setzt sich aus einer Marktrecherche und einer Umfrage zusammen. Für Letztere hat die externe Agentur Norstat den von PwC erstellen Fragebogen in einer Umfrage mit 83 unabhängigen Vermögensverwaltern (IAM) durchgeführt. Die Antworten wurden online und via Telefoninterview von Mitte Mai bis Mitte Juli 2022 gesammelt und die Daten wurden anonymisiert ausgewertet. Die vollständige Studie finden Sie hier.
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