Zürich, 19. Oktober 2023 - Das anspruchsvolle Börsenjahr 2022 prägte in Kombination mit dem Ende der Niedrigzinsära und der steigenden Inflation den Finanzsektor in der Schweiz und Liechtenstein. Diese makroökonomischen Entwicklungen sorgten für zahlreiche Herausforderungen in der globalen Finanzwelt sowie Wirtschaftspolitik und ihre Auswirkungen forderten auch hiesige Privatbanken. Dennoch stellten die Schweizer Privatbanken ihre Widerstandsfähigkeit unter Beweis. Das neue «Private Banking Switzerland Market Update 2023» von PwC Schweiz bietet einen Einblick in die Ergebnisse der Branche im Jahr 2022.
Kleinere Privatbanken erwiesen sich als widerstandsfähiger bei den AuM
Nach einem beeindruckenden Jahr 2021, das von Rekorden bei den verwalteten Vermögen (AuM) in sämtlichen Grössenkategorien geprägt war, konnten die Banken im Jahr 2022 nicht an diese Höchststände anknüpfen. Getrieben von der negativen Kapitalmarkperformance schrumpften die AuM auf ein Niveau, das an das Jahr 2020 erinnerte. Grosse Privatbanken verzeichneten bis Ende 2022 einen Rückgang ihrer verwalteten Vermögen um 14,3%. Hierfür war neben der negativen Finanzmarktentwicklung auch das überschaubare Wachstum der Nettoneugelder (1,4%) massgeblich.
Die Finanzmarktentwicklung wirkte sich auch bei kleinen und mittelgrossen Privatbanken auf die Entwicklung der verwalteten Vermögen aus. Während die gesamthaften AuM-Bestände bei beiden Bankengruppen um ca. 8% zurückgingen, wiesen kleine Privatbanken mit einem durchschnittlichen Wachstum der Nettoneugelder von 4,4% die höchste Quote auf. Gemäss den Studienautoren trug möglicherweise die herausfordernde Situation einer der beiden grossen Schweizer Universalbanken im letzten Quartal 2022 zu den Zuflüssen der Nettoneugelder über alle Bankengrössenklassen hinweg bei – besonders bei kleinen Privatbanken.
Die tiefe CIR bei grossen Privatbanken zeugt weiterhin von Effizienz
Kleine und mittelgrosse Banken senkten im Jahr 2022 ihre Cost-Income-Ratio (CIR) im Durchschnitt auf 83% bzw. 78%. Diese Reduktion resultierte grösstenteils aus höheren Einnahmen, welche die Kosten überkompensierten. Vor allem die deutlich höheren Zinserträge glichen den Rückgang der Erträge aus dem Kommissionsgeschäft aus. Im Vergleich dazu mussten grosse Privatbanken im Jahr 2022 eine leichte Erhöhung ihrer CIR auf durchschnittlich 69% hinnehmen. Dies war hauptsächlich auf einen stärkeren Rückgang der Kommissionseinnahmen im Vergleich zur Erhöhung von Zinserträgen zurückzuführen. Dennoch blieb diese Rate mit 69% im Vergleich zu früheren Zeiträumen sehr robust.
Die Kostenmargen blieben im Geschäftsjahr 2022 bei allen Bankengruppen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum stabil. Der grösste Kostenfaktor waren nach wie vor die Personalausgaben, die rund zwei Drittel der gesamten operativen Kostenbasis der Vermögensverwaltungsbanken ausmachten. Bei grossen Privatbanken gingen die durchschnittlichen Personalausgaben pro Vollzeitäquivalent auf CHF 270´000 zurück. Kleine und mittelgrosse Privatbanken dürften indes einen grösseren Teil der gesamten Mitarbeiterkompensation als variable Komponente gezahlt haben.
Kleine Privatbanken mit grösstem Rentabilitätsanstieg – dank erhöhter Zinserträge
Die Höhe der verwalteten Vermögen war auch 2022 von Bedeutung, weshalb grössere Privatbanken einmal mehr die attraktivsten Renditen verzeichneten. Dank Kostenkontrolle und Skaleneffekten erreichten sie eine Eigenkapitalrentabilität von durchschnittlich 9,8%. Mittelgrosse Privatbanken verzeichneten eine leichte Verbesserung der Eigenkapitalrentabilität auf durchschnittlich 4,6%. Kleine Privatbanken waren die grössten Nutzniesser der höheren Zinseinnahmen und steigerten ihren Return on Equity (RoE) um 3 Prozentpunkte auf durchschnittlich 4,1%.
Die allerdings weiterhin tiefen Eigenkapitalrenditen verdeutlichen die strukturellen Herausforderungen, vor denen kleine und mittelgrosse Privatbanken stehen. Um die Forderungen von renditeorientierten Investoren erfüllen zu können, müssten diese Institute zwingend eine Neuausrichtung bzw. Anpassung ihrer Geschäftsmodelle ins Auge fassen.
«Bei einem positiveren Umfeld an den Finanzmärkten und entsprechend höheren Neugeldzuflüssen sowie Transaktionsaktivitäten werden die RoE-Zahlen der grossen Privatbanken hoch bleiben und sich in Zukunft noch verbessern. Im Gegensatz dazu dürften kleine und mittelgrosse Privatbanken ihre Rentabilität kaum verbessern können, da sie ihr Kosten-Ertrags-Verhältnis nicht signifikant reduzieren können. In dieser sich wandelnden Finanzlandschaft sind kluge Geschäftsmodelle entscheidend, um langfristige Stabilität und Wettbewerbsfähigkeit zu gewährleisten», so Martin Schilling, Managing Director, Deals Financial Services – Asset & Wealth Management, PwC Schweiz.
Über diese Studie
Die diesjährige Ausgabe des «Private Banking Market Update» von PwC Schweiz untersucht 73 Privatbanken im Jahr 2022 und vergleicht die Ergebnisse mit den Daten der letzten fünf Geschäftsjahre. Damit erreicht die Studie eine Marktabdeckung von 80%. Die untersuchten Banken wurden unterteilt in grosse Privatbanken (AuM von CHF > 50 Mrd.), mittelgrosse Privatbanken (AuM von CHF 5 Mrd. bis CHF 50 Mrd.) und kleine Privatbanken (AuM von CHF < 5 Mrd.). Die Ergebnisse der Studie umfassen Banken, die im Beobachtungszeitraum von fünf Jahren kontinuierlich Daten lieferten, was ein zuverlässiges Bild der finanziellen Leistungsfähigkeit ermöglicht.
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Stéphanie Tobler Mucznik
Head of Corporate Communications, PwC Switzerland
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