David Baur
Leiter Corporate Reporting Sevices
PwC Switzerland
Die Bilanzierung von Sale-and-Leaseback Transaktionen unter IFRS® Accounting Standards hängt davon ab, ob der zugrundeliegende Vermögenswert tatsächlich verkauft wird. Ein Veräusserungsgewinn wird nur so weit realisiert, wie Nutzungsrechte am Vermögenswert übertragen werden. Ab dem 1. Januar 2024 gilt dies explizit auch für die Folgebewertung.
Die Corona Pandemie hat unseren Alltag nachhaltig verändert. Hybride Arbeitsmodelle reduzieren den Bedarf an Büroarbeitsplätzen, weshalb gewisse Unternehmen ihre Bürogebäude verkaufen und die noch benötigten Flächen zurückmieten. Die Abbildung solcher sogenannter ‘Sale-and-Leaseback Transaktionen’, wird in IFRS 16 geregelt und die Bestimmungen dazu wurden im September 2022 mit Wirkung auf den 1. Januar 2024 ergänzt. Dieser Beitrag zeigt auf, wie Sale-and-Leaseback Transaktionen unterI FRS Accounting Standards abzubilden sind und welche Auswirkungen aus den Neuerungen zu erwarten sind.
Bei einer Sale-and-Leaseback Transaktion überträgt ein Unternehmen einen Vermögenswert auf eine anderes und mietet diesen anschliessend zurück. Nach IFRS 16 hängt die Bilanzierung solcher Transaktionen davon ab, ob der Übertrag des Vermögenswerts einem Verkauf im Sinne von IFRS 15 gleichkommt oder ob die Kontrolle daran beim Verkäufer-Mieter bleibt (IFRS 16.99).
Wird der Vermögenswert faktisch nicht verkauft, wird die Transaktion von beiden Parteien als Finanzierungsvorgang abgebildet. Der Verkäufer-Mieter bucht den Vermögenswert nicht aus, sondern setzt eine Finanzverbindlichkeit in der Höhe des erhaltenen Entgelts an. Konsequenterweise erfasst der Käufer-Vermieter ein Finanzaktivum in der Höhe des bezahlten Betrags. Finanzverbindlichkeit und Finanzaktivum werden beide nach den Vorgaben von IFRS 9 behandelt (IFRS 16.103).
Bei einem faktischen Verkauf wendet der Käufer-Vermieter für die Bilanzierung des Vermögenswerts den relevanten IFRS Accounting Standards an, z.B. IAS 16 – Sachanlagen (IFRS 16.100). Der Verkäufer-Mieter bucht den Vermögenswert aus und erfasst ein Nutzungsrecht sowie eine Leasingverbindlichkeit für die Rechte, die er am Vermögenswert behält. Ein allfälliger Gewinn wird nur im Umfang der effektiv an den Käufer-Vermieter abgetreten Rechte realisiert. Der Anteil der zurückbehaltenen Rechte wird in der Praxis oftmals bemessen, in dem der Fair Value des verkauften Vermögenswerts zum Barwert der künftigen Leasingzahlungen, also zur Leasingverbindlichkeit, in Relation gesetzt wird. IFRS 16 kennt keine spezifischen Bestimmungen, wie die Leasingverbindlichkeit bei Sale-and-Leaseback Transaktionen bemessen wird. Aus diesem Grund hat sich die Praxis hier jeweils an den allgemeinen Bestimmungen in IFRS 16.26ff. orientiert. Beispiel 1 illustriert eine solche Berechnung, wenn ausschliesslich fixe Zahlungsverpflichtungen vorliegen.
Gemäss diesen allgemeinen Bestimmungen werden variable Leasingzahlungen bei der Bemessung von Leasingverbindlichkeit und Nutzungsrecht nicht berücksichtigt. Wird eine Leasingverbindlichkeit aus einer Sale-and-Leaseback Transaktion jedoch ohne Einbezug variabler Zahlungsverpflichtungen angesetzt, wird zum Verkaufszeitpunkt zu viel Gewinn realisiert. Im Extremfall – bei Vorliegen ausschliesslich variabler Zahlungsverpflichtungen werden bis zu 100% des Gewinns sofort realisiert. Eine solche Situation wird in Szenario A zu Beispiel 2 illustriert.
Berechtigterweise hat sich die Praxis nach der Einführung von IFRS 16 die Frage gestellt, ob ein solches Vorgehen tatsächlich im Sinne des Standards sei. Das IFRS Interpretations Committee stellte dann 2020 in einem Agendaentscheid klar, dass für die Bemessung des relativen Anteils der zurückbehaltenen Rechte alle erwarteten Leasingzahlungen einzubeziehen sind. Bei einer Sale-and-Leaseback Transaktion erfolgt somit die Ersterfassung der Leasingverbindlichkeit anders als bei sonstigen Leasingverhältnissen. Szenario B zu Beispiel 2 illustriert, wie sich dieser Agendaentscheid auf die Höhe des im Verkaufszeitpunkt realisierten Gewinns im Vergleich zu Szenario A auswirkt.
Ähnliche Problemstellungen ergaben sich auch bei der Folgebewertung von Sale-and-Leaseback Transaktionen. Im Agendaentscheid 2020 wurden diese nicht behandelt. Die ab 1. Januar 2024 anwendbaren Neuerungen an IFRS 16 sollen dies jedoch ändern.
Ein Unternehmen verkauft ein Bürogebäude zum Fair Value und mietet einen Teil davon zurück, da es nur noch ca. 1/3 der Bürofläche benötigt. Das Gebäude ist mit CHF 1 Mio. bilanziert, der Fair Value beträgt CHF 2.1 Mio. Der Mietvertrag sieht marktübliche jährliche Zahlungen von TCHF 140 über eine Laufzeit von 5 Jahren vor. Der zugrundeliegende Zinssatz liegt bei 4.5 % p.a.
Relativer Anteil der zurückbehaltenen Gewinne:
Zum Zeitpunkt des Gebäudeverkaufs zu erfassender Gewinn:
Ein Elektrofachgeschäft verkauft ein Gebäude und mietet einen Teil der Fläche zurück, da nur noch ca. 1/3 davon gebraucht wird. Das Gebäude ist mit CHF 1 Mio. bilanziert, der Fair Value beträgt CHF 2.1 Mio. Der Mietvertrag sieht marktübliche Zahlungen vor, die vollumfänglich auf dem jährlichen Umsatz des Mieters basieren. Folgende Zahlungen in TCHF werden über die Vertragslaufzeit erwartet (im Durchschnitt TCHF 140):
Jahr | 20x1 | 20x2 | 20x3 | 20x4 | 20x5 |
erwartete Zahlung | 122 | 129 | 135 | 142 | 172 |
Der zugrundeliegende Zinssatz wird mit 4.5 % p.a. beziffert.
Szenario A: Leasingverbindlichkeit ohne Berücksichtigung der variablen Zahlungen (im Agendaentscheid 2020 widerlegt)
Relativer Anteil der zurückbehaltenen Gewinne:
Zum Zeitpunkt des Gebäudeverkaufs zu erfassender Gewinn:
Szenario B: Leasingverbindlichkeit unter Berücksichtigung aller erwarteten Zahlungen (gemäss Agendaentscheid)
Relativer Anteil der zurückbehaltenen Gewinne:
Zum Zeitpunkt des Gebäudeverkaufs zu erfassender Gewinn:
Mögliche Auswirkungen auf die Rechnungslegung
Die neuen Regelungen in IFRS 16 stellen klar, dass die Folgebewertung von Nutzungsrecht und Leasingverbindlichkeit aus Sale-and-Leaseback Transaktionen nach den allgemeinen Bestimmungen des Standards erfolgen sollen. Allerdings dürfen auch dabei keine Gewinne realisiert werden, die auf zurückbehaltene Rechte zurückzuführen sind. Es gibt verschieden Möglichkeiten der Behandlung variabler Leasingzahlungen, die diesen Vorgaben gerecht werden.
Beispiel 3 zeigt zwei Lösungsansätze auf2. In Szenario A wird die Leasingverbindlichkeit jeweils um denjenigen Betrag reduziert, der ursprünglich als Zahlung erwartet worden war. Die Differenz zwischen den ursprünglich erwarteten Zahlungen und den tatsächlichen Zahlungen wird dann erfolgswirksam – beispielsweise über den Mietaufwand – verbucht. In Szenario B wird die Verbindlichkeit jährlich um einen gleichbleibenden Betrag reduziert. Die Differenz zur effektiven Zahlung wird dann wiederum direkt in der Erfolgsrechnung erfasst.
Gleiche Ausgangslage wie in Beispiel 2. Die Leasingzahlungen in TCHF verteilen sich folgendermassen über die 5 Jahre:
Jahr |
20x1 |
20x2 |
20x3 |
20x4 |
20x5 |
erwartete Zahlung |
122 |
129 |
135 |
142 |
172 |
tatsächliche Zahlung |
120 |
129 |
138 |
145 |
170 |
Der Barwert der erwarteten Zahlungen liegt weiterhin bei TCHF 610 und entsprechend wird zum Zeitpunkt des Gebäudeverkaufs ein Gewinn von TCHF 781 realisiert (nach Beispiel 2, Szenario B).
Szenario C: Folgebewertung der Leasingverbindlichkeit basierend auf den erwarteten Zahlungen
Im ersten Jahr wird die Leasingverbindlichkeit von anfänglich TCHF 610 um den zugrundeliegenden Zins von 4.5 % (TCHF 27) erhöht. Gleichzeitig reduziert sie sich um die ursprünglich erwartete Zahlung von TCHF 122. Die Differenz von TCHF 2 zwischen der erwarteten und der effektiven Zahlung wird in der Erfolgsrechnung erfasst. Die Entwicklung der Leasingverbindlichkeit in TCHF über die Vertragslaufzeit gestaltet sich folgendermassen:
Jahr |
20x1 |
20x2 |
20x3 |
20x4 |
20x5 |
Leasingverbindlichkeit zu Beginn des Jahres |
610 |
515 |
409 |
292 |
163 |
Zinsaufwand |
27 |
23 |
18 |
14 |
8 |
Erwartete Zahlung |
-122 |
-129 |
-135 |
-142 |
-172 |
Leasingverbindlichkeit Ende Jahr |
515 |
409 |
292 |
163 |
0 |
Mietaufwand (+) / |
- 2 |
- |
3 |
3 |
- 2 |
Szenario D: Folgebewertung der Leasingverbindlichkeit basierend auf normalisierten Zahlungen
Die erwarteten Zahlungsströme haben denselben Barwert wie eine gleichbleibende Zahlung von TCHF 139 jährlich. Die Leasingverbindlichkeit beträgt daher auch in diesem Szenario zu Beginn TCHF 610. Sie wird jeweils reduziert um den normalisierten Betrag von TCHF 139 und erhöht um den Zins (TCHF 27 im ersten Jahr). Die Differenz zwischen der tatsächlichen Zahlung und dem normalisierten Betrag wird auch hier direkt in der Erfolgsrechnung erfasst. Die Entwicklung der Leasingverbindlichkeit in TCHF über die Vertragslaufzeit gestaltet sich folgendermassen:
Jahr |
20x1 |
20x2 |
20x3 |
20x4 |
20x5 |
Leasingverbindlichkeit zu Beginn des Jahres |
610 |
498 |
382 |
260 |
133 |
Zinsaufwand |
27 |
22 |
17 |
12 |
6 |
Normalisierte Zahlung |
-139 |
-139 |
-139 |
-139 |
-139 |
Leasingverbindlichkeit Ende Jahr |
498 |
382 |
260 |
133 |
0 |
Mietaufwand (+) / |
19 |
10 |
1 |
- 6 |
- 31 |
Für «Lieferantenfinanzierungen» oder auch «Reverse Factoring Arrangements» respektive «Supplier Finance Arrangements» genannt, sind ab 1. Januar 2024 zusätzliche Angaben im IFRS Abschluss offenzulegen.
Die neuen Vorgaben in IFRS 16 bezwecken, die Abbildung von Sale-and-Leaseback Transaktionen zu vereinheitlichen, da derartige Transaktionen oftmals wesentlich sind und die Vergleichbarkeit der Finanzberichten gefährdet ist, wenn Sachverhalte unterschiedlich abgebildet werden3.
Berichterstattende Unternehmen sind grundsätzlich frei in der Erarbeitung einer Methode, sodass Gewinne bei der Folgebewertung der Leasingverbindlichkeit im richtigen Zeitpunkt realisiert werden. Dies kann, je nachdem wie weit sie dabei gehen, wiederum zu gewissen Einschränkungen in der Vergleichbarkeit von Finanzberichten führen. Es bleibt daher abzuwarten, inwieweit das Ziel der Neuerungen erreicht wird. Die in den illustrativen Beispielen vorgestellten Varianten erscheinen praxistauglich, weshalb es sich für Unternehmen anbietet, eine dieser Methoden anzuwenden. Die gewählte Methodik zur Darstellung der Sale-and-Leaseback Transaktionen sollte in den Rechnungslegungsgrundsätzen offengelegt werden.
Stellt eine Sale-and-Leaseback Transaktion einen tatsächlichen Verkauf dar, realisiert der Verkäufer-Mieter einen Gewinn nur im Umfang der effektiv abgetretenen Rechte. Dabei ist insbesondere Vorsicht geboten, falls variable Leasingzahlungen vereinbart wurden, denn der relative Anteil der zurückbehaltenen Rechte und die Leasingverbindlichkeit sind basierend auf den erwarteten Leasingzahlungen festzusetzen, was ein Unterschied zur Bilanzierung sonstiger Leasing-Transaktionen darstellt. Auch bei der Folgebewertung der Leasingverbindlichkeit gilt es sicherzustellen, dass Gewinne nicht zu früh realisiert werden – dies wurde vom International Accounting Standards Board (IASB) in der 2022 veröffentlichten Anpassung an IFRS 16 klargestellt. In den illustrativen Beispielen werden zwei Methoden vorgestellt, wie diesen Anforderungen Rechnung getragen werden kann. Die berichterstattenden Unternehmen sind jedoch grundsätzlich frei in der Erarbeitung einer geeigneten Methode.
[1] Der Barwert der erwarteten Leasingzahlungen unterscheidet sich minimal zum Barwert im Beispiel 1, da die Zahlungen von durchschnittlich TCHF 140 nun über die Laufzeit variieren, während im in Beispiel 1 eine fixe jährliche Zahlung von TCHF 140 angenommen wurde.
[2] Die Lösungsansätze basieren auf dem illustrativen Beispiel 25 zur Änderung an IFRS 16 vom September 2022.
[3] Staff Paper zum Agenda Item 12A des IASB® Meetings vom April 2020, Ziffer 20.
Dieser Artikel erschien bereits im Expert Focus im Juni 2023.
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David Baur
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