Zollrechtsrevision

Neue Begriffe im revidierten Zollrecht – echter Fortschritt oder alter Wein in neuen Schläuchen?

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  • 19/02/25
Christina Haas Bruni

Christina Haas Bruni

Senior Manager, Customs & International Trade, PwC Switzerland

Nils Beutling

Nils Beutling

Senior Associate, Customs & International Trade, PwC Switzerland

Mit dem neuen BAZG-Vollzugsaufgabengesetz und dem Zollabgabengesetz wird das Zollrecht nicht nur inhaltlich überarbeitet, sondern es tauchen auch eine ganze Reihe neuer Begriffe auf. Doch nicht hinter jedem neuen Begriff steckt eine echte Neuerung – manches ist eher sprachliche Kosmetik. Das macht es nicht unbedingt leichter, das ohnehin komplizierte Zollrecht zu verstehen. Welche Begriffe Sie künftig kennen sollten und was wirklich dahintersteckt, schauen wir uns genauer an.

Folgen der neuen rechtlichen Struktur

Wie bereits in unserem letzten Blogbeitrag erläutert, wird das bisherige Zollgesetz aufgeteilt: in das Zollabgabengesetz (ZoG) und das BAZG-Vollzugsaufgabengesetz (BAZG-VG). Die Idee dahinter? Ein Rahmengesetz soll die Aufgaben des BAZG umfassend harmonisieren, während die jeweiligen Abgaben in separaten Erlassen, den sogenannten Abgabeerlassen, geregelt werden. 

Darunter fallen alle Erlasse, aufgrund derer das BAZG an der Grenze (Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben) oder im Inland (Inlandabgaben) Abgaben erhebt, wie das Mehrwertsteuergesetz, das Alkoholgesetz, das Tabaksteuergesetz oder natürlich das Zollabgabengesetz. Sie regeln die unterschiedlichen Bemessungsgrundlagen und Strafbestimmungen, während das BAZG-VG das Veranlagungsverfahren generell festhält.  

Ergänzend zu den Abgabeerlassen gibt es neu auch die nichtabgaberechtlichen Erlasse, welche den Begriff der nichtzollrechtlichen Erlasse ersetzen. 

Diese veränderte, abgabenneutrale Struktur des BAZG-VG führt auch zu einem Umdenken in der Begriffswelt. Einige der gewohnten Bezeichnungen weichen abstrakteren, aber umfassenderen Begriffen: 

  • Waren des freien Verkehrs (statt: Waren des zollrechtlich freien Verkehrs) 
  • Warenbestimmung (statt: Zollverfahren) 
  • Warenanmeldung (statt: Zollanmeldung) 
  • Veranlagungsverfahren (statt: Zollveranlagungsverfahren) 
  • Abgabeschuldner/in (statt: Zollschuldner/in)

Vor allem die Begriffe Zollanmeldung und Zollverfahren sind international etabliert. Es wird also eine Weile dauern, bis sich alle an die neuen Bezeichnungen gewöhnt haben. Zur Erinnerung: Noch heute sprechen viele von einer Revision, obwohl es seit fast 20 Jahren offiziell Beschau heisst – ein Wort, das es übrigens nicht in das neue Recht geschafft hat und nun ganz allgemein durch Kontrolle ersetzt wird.  

Auch das Transitverfahren erhält eine neue Bezeichnung und wird künftig als Durchfuhr bezeichnet – ein Begriff, der bereits im aktuellen Zollgesetz existiert und bei der Zollsoftware Passar genutzt wird. Eine echte Neuerung ist allerdings die Warenbestimmung Verbringen in ein Steuerlager, welche die bisherigen Zollverfahren ergänzt und für Inlandabgaben gedacht ist. 

Folgen des modernisierten Veranlagungsverfahrens

Ein elementares Ziel der Gesetzesrevision ist es, eine rechtliche Grundlage für die Digitalisierung der Schweizer Zolllandschaft zu bieten. Das BAZG hat dabei bereits eine klare Vorstellung, wie die Verzollung… äh, pardon, die Anmeldung von Waren künftig ablaufen soll. 

Künftig soll die Warenanmeldung bereits im Vorfeld unverbindlich übermittelt werden. Erst beim Grenzübertritt wird die Anmeldung durch eine Aktivierung verbindlich. Diese Aktivierung wird definiert als das "Auslösen eines technischen Vorgangs, mit dem eine elektronische Eingabe eingereicht wird". Idealerweise passiert dies automatisch durch die Erkennung des Transportmittels – und macht damit den Stopp an der Grenze überflüssig. 

Hier kommt ein weiteres neues Konzept ins Spiel: die Referenzierung. Damit ist die Verknüpfung einer Warenanmeldung mit einem bestimmten Transportmittel gemeint. Dies geschieht mit einer Transportanmeldung, mit der die heutigen Laufzettel und Warenausweise ersetzt werden sollen (dieser Begriff ist übrigens nicht im neuen Gesetz enthalten). Im Gegenzug sind Begriffe wie summarische Anmeldung, Gestellung sowie Freigabe und Abtransport der Reform zum Opfer gefallen. 

Auch im Bereich der Rechtsmittel gibt es Änderungen: Die bisher umstrittene Berichtigung nach Artikel 34 Zollgesetz wird durch die Einsprache ersetzt – ein aus dem Mehrwertsteuerrecht bekanntes Konzept. Die Einsprache ist allerdings kostenlos und hat einen grösseren Anwendungsbereich. 

Die Vereinfachungen im Veranlagungsverfahren sind neu Erleichterungen. Das bedeutet aber nichts anderes als zuvor: 

  1. Das «Auslösen der Verbindlichkeit der Warenanmeldung am Domizil der anmeldenden Person im Zollgebiet» ersetzt die Befreiung «von der Pflicht zum Gestellen oder summarischen Anmelden» und ist die Grundlage für den zugelassenen Versand und Empfang.  
  2. Die «Vornahme einer reduzierten Warenanmeldung mit nachträglicher Ergänzung» tritt an die Stelle der periodischen Sammelanmeldungen. 

Weder erleichtert noch vereinfacht wurde es allerdings mit den verschiedenen Arten der Warenanmeldung: Das Gesetz sieht eine vereinfachte und eine reduzierte Warenanmeldung vor. Und der Ständerat stimmte zudem der Aufnahme einer erleichterten Warenanmeldung zu. Um hier etwas Klarheit zu schaffen: Die erleichterte Warenanmeldung entspricht eigentlich der reduzierten Warenanmeldung. Bei beiden geht es darum, dass zuerst ein minimaler Datensatz übermittelt wird und später eine vollständige Warenanmeldung folgt. Die vereinfachte Warenanmeldung ersetzt schlicht die vereinfachte Zollanmeldung. Die Krux: Während die vereinfachte und die erleichterte Warenanmeldung allen Beteiligten offenstehen, ist nur die reduzierte Warenanmeldung eine Erleichterung im Sinne des Gesetzes und somit bewilligungspflichtig.

Neue Rollen für mehr Klarheit

Das BAZG-VG definiert drei neue Rollen im Veranlagungsverfahren: die Warenverantwortliche, die Datenverantwortliche und die Transportverantwortliche

Die Warenverantwortliche ist die Hauptrolle und in jedem Fall notwendig. Ihre Definition ist sehr breit gefasst und geht über den Importeur, Exporteur und Empfänger hinaus. Wer genau Warenverantwortliche ist, hängt von der jeweiligen Konstellation ab, und es können auch mehrere Personen diese Rolle gleichzeitig innehaben.  

Die Datenverantwortliche ist die Person, welche die Warenanmeldung für eine Warenverantwortliche vornimmt – bspw. ein Zollagent (wir verzichten an dieser Stelle darauf, diesen zum Abgabenagenten umzutaufen). Die Transportverantwortliche ist die Person, die den Transport einer Ware für eine Warenverantwortliche tatsächlich vornimmt. Bei beiden Fällen sind dabei in der Regel die Unternehmen, nicht einzelne natürliche Personen, die Träger dieser Rollen.  

Laut BAZG sollen diese Begriffe "klare Verhältnisse" schaffen und definieren, wer für Anmeldung, Referenzierung und Aktivierung zuständig ist. Ob das in der Praxis tatsächlich zur Vereinfachung beiträgt, bleibt abzuwarten. Wir werden dazu in künftigen Beiträgen noch weitere Ausführungen machen, sobald das Ganze etwas klarer ist. 

Zollgesetzrevision Bleiben Sie am Puls der Transformation

Auch wenn wir hier nur die wichtigsten neuen Begriffe behandelt haben, hoffen wir, etwas Licht in den terminologischen Dschungel des neuen Zollrechts gebracht zu haben.

Sie haben Fragen oder Inputs?

Welche neuen Bezeichnungen sind Ihnen bereits begegnet? Gibt es Begriffe, die Sie besonders verwirrend finden? Oder haben Sie spezifische Fragen zu den kommenden Änderungen? Schreiben Sie uns – wir beraten Sie und greifen Ihre Themen gerne auf. 

Schreiben Sie uns

Unser nächster Blogbeitrag

Gemeinsam navigieren wir durch den Wandel. Im nächsten Blogbeitrag widmen wir uns den neue Rollen im Veranlagungsverfahren.

Die Blogbeiträge aus der Serie «Zollgesetzrevision» und weitere Informationen zum Thema finden Sie auf unserer Seite zur Schweizer Zollgesetzrevision.

Schweizer Zollgesetzrevision

Alles Rund um die Zollgesetzrevision

14. Schweizer Zollrechtstagung 2025

13. Mai 2025, Bern | Neueste Entwicklungen und praxisnahe Einblicke

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