Wandel braucht Führung. Und Führung braucht Wandlungsfähigkeit. Wer als Chef oder Chefin auch morgen erfolgreich lenken will, muss offen mit der Vielfalt von Arbeitskräften und -modellen umgehen, eine digitale und agile Teamkultur etablieren, seine Leute coachen und mit gutem Beispiel vorangehen. Dazu nimmt der moderne Leader verschiedene Perspektiven ein, schafft Vertrauen, pflegt Emotionen, tariert seine Energien aus und zeigt sich von seiner verletzlichen Seite – ein Multitalent, das auch weiss, was es nicht kann.
Ein KMU mit rund 900 Mitarbeitern hat vor wenigen Wochen einen umfangreichen Transformationsprozess erfolgreich abgeschlossen. Die HR-Leiterin präsentiert die Resultate der jüngsten Mitarbeiterumfrage. Diese erteilt dem Vertriebsleiter überraschend schlechte Noten: Die Mitarbeitenden sind mit ihrem Chef alles andere als zufrieden. Kommentare wie «er gibt den Druck ungefiltert an uns weiter», «er lässt uns nicht machen» oder «Fehler werden hart bestraft» fühlen sich wie Ohrfeigen an. Im Anschluss an die Präsentation thematisiert der Vertriebsleiter die Situation mit seiner Vorgesetzten. Er gesteht seine Überraschung über das kritische Feedback ein. Doch er möchte es als Chance nutzen, sich zu verbessern. Seine Vorgesetzte legt ihm nahe, das Problem im Team zur Sprache zu bringen und herauszufinden, was genau diesem fehlt.
Viele Aufgaben, eine Zukunft
Dieses Beispiel ist nicht einmalig; es ist Ausdruck des Wandels in der Arbeitswelt, in der kein Stein auf dem anderen bleibt. Der Umbruch zwingt die Vorgesetzten zu einer tief greifenden Selbstreflexion und einiger Feinarbeit an ihrer eigenen Führungstätigkeit. Nachfolgend ein Überblick über die Hauptveränderungen und deren Auswirkungen auf die «neue» Führungsetage.
Mehrschichtige Diversität
Unternehmen und Teams werden immer vielfältiger. Das betrifft nicht nur die Verteilung der Geschlechter, sondern auch die Vertretung von Generationen, Ethnien, Nationalitäten, Personen mit Behinderungen oder mit unterschiedlichen sexuellen Ausrichtungen. Dieser Reichtum wird zudem geprägt von einer Fülle neuer und immer häufiger anzutreffender Arbeitsmodelle: Teilzeit, Homeoffice, Projektarbeit, Gig Work oder Jahresarbeitszeit, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Der Umgang mit einem derartigen Spektrum verlangt einer Arbeitskraft ein breit gefächertes Denken und Managen ab, sowohl auf der zeitlichen als auch auf der inhaltlichen Ebene.
Unabwendbare Virtualisierung
Die Arbeit verlagert sich von der realen in die virtuelle Welt, nicht zuletzt durch den Einsatz digitaler Hilfsmittel. Die Virtualisierung wirkt sich unmittelbar auf die Vorgesetzten aus: Diese können ihre Mitarbeiter nicht mehr nach reiner Präsenzzeit bewerten, sondern müssen sie anhand der Resultate beurteilen. Im Weiteren fällt es den Chefs häufig schwer, ihre Mitarbeiter zu motivieren oder deren Befindlichkeit mitzubekommen, wenn sie sie nicht persönlich sehen. Und schliesslich ist es schwierig, einen Teamgeist zwischen Menschen zu schaffen, die ausschliesslich virtuell zusammenarbeiten. Denn für gegenseitiges Vertrauen, Engagement und einen Gewinnergeist braucht es ein gewisses Mass an zwischenmenschlicher Verbindung (vgl. Disclose-Ausgabe 1/2018, «High Performing Teams»).
Digitale und agile Kultur
Die Digitalisierung zwingt die Unternehmen zur digitalen Transformation. Die Betriebe arbeiten nicht nur schneller, sondern gehen auch mehr Risiko ein: Heute wird prototypisiert, getestet, gelauncht und aus Fehlern gelernt. Diese Entwicklung verlangt von Führungskräften, dass sie kollaborativ arbeiten und Informationen sowie Know-how dort herholen, wo es zu finden ist, sei es innerhalb oder ausserhalb des Unternehmens. Das wiederum bedingt die Bereitschaft, technische Möglichkeiten zur Entlastung (Robotisierung) oder zur Leistungssteigerung (künstliche Intelligenz) anzunehmen und zu nutzen.
Empathischer Coach
Führen ist zwar schon lange keine Einbahnstrasse mehr. Doch in Zukunft ändert sich auch die Richtung: Top-down ist passé. Die moderne Führungspersönlichkeit arbeitet mit ihren Mitarbeitenden zusammen. Diese erwarten vom Boss, dass er oder sie coacht, die grossen Leitlinien vorgibt, Spielraum schafft und überall dort unterstützt, wo man ihn oder sie braucht. Damit wird die Führungskraft zum Sparringpartner, der sich um die Weiterentwicklung der Mitarbeitenden kümmert und sie zu Bestleistungen bringt.
Starker Kulturträger
In der modernen Arbeitswelt wird die Unternehmenskultur zum Differenzierungsfaktor. Durch sie kann ein Unternehmen die passenden Talente gewinnen und langfristig an sich binden (vgl. HR Today, «Zukunft der Arbeit». Denn der engagierte Kandidat will wissen, wofür das Unternehmen steht, für das es sich entscheidet. Folglich geht der oder die Vorgesetzte als leuchtendes Beispiel voran und trägt eine durchdachte, einheitliche und motivierende Unternehmenskultur vor sich her.
Führen am Puls der Zeit
Die erfolgreiche Führungskraft der Zukunft ist ein Transformational Leader. Als solcher geht er oder sie mit dem Wandel mit und gibt der Arbeitsleistung einen höheren Sinn. So entstehen aus guter Arbeit Bestleistung, aus guten Mitarbeitenden langjährige Experten und aus einer guten Firma ein begehrter Arbeitgeber.