Leider tendieren noch viele Unternehmen zu Silostrukturen. Sie unterhalten Funktionen für Risikomanagement, Compliance, IKS, IT-Sicherheit, ohne dass sie diese untereinander abstimmen. Doch ist beispielsweise die Cybersicherheit bei weitem kein reines IT-Thema, sondern birgt für das Unternehmen finanzielle und existenzielle Risiken. Damit wird sie Teil einer holistischen Risikobetrachtung und gehört auf die Agenda der strategischen Führungsebene (vgl. Fokus-Beitrag «Cyberrisiken sind Chefsache» von Urs Küderli und Lorenz Neher).
Übertreffen statt erfüllen
Das Anreizsystem ist ein zentraler Bestandteil dieses Kräftebündelns. Denn mit passenden Anreizen lassen sich Verhaltenssteuerung, Motivation und Risikotransfer harmonisieren und sowohl das Unternehmen als auch die Menschen selber zu Bestleistungen antreiben. Wer will, dass ein Unternehmen mehr als das Soll bei der Einhaltung von Regeln und Vorgaben erreicht, darf das Anreizsystem nicht nur monetär ausrichten. Hier sollten materielle und immaterielle Compliance-Kennzahlen einfliessen, die sich messen und bewerten sowie in den Kontext des Unternehmens einfügen lassen und ethische Werte abbilden. Noch sind solche Kennzahlen aber selten in den Anreizsystemen der Unternehmen zu finden.
Auf den Punkt gebracht
Der Verwaltungsrat ist für die Ausgestaltung der Corporate Governance als Rahmen zuständig. Zu dieser Aufgabe gehört, dass er Strukturen schafft, die zum Unternehmen und dessen ethischer Ausrichtung passen und mehr als den Mindeststandard erfüllen. Das bedingt, dass sich der Verwaltungsrat ins Unternehmen einbringt, kritische Fragen stellt, eine lern- und mitarbeiterorientierte Unternehmenskultur vorlebt und mit den richtigen Anreizen das Geschäft antreibt. Das bedingt auch, dass sowohl die Compliance-Abteilung als auch die anderen Second Lines of Defence von der Funktion des «Verhinderers» in die Rolle des «Ermöglichers» wechselt und als solcher im Unternehmen wahrgenommen wird. Denn nur wenn die Compliance Hand in Hand mit der Führungsetage und den anderen Verantwortlichen der Second Line of Defence geht und in den operativen Prozessen verankert wird, lässt sich ein Unternehmen nachhaltig regelkonform und erfolgreich führen. Wie es ein CFO in einer globalen PwC-Studie treffend zum Ausdruck brachte: «Ein starkes Compliance- und Ethikprogramm kann Führungskräften helfen, Risiken zuversichtlich einzugehen und neue Marktchancen zu nutzen.»
[1] «State of Compliance Survey», Umfrage bei 825 Studienteilnehmern, einschliesslich CCOs, CFOs, Audit-Committee-Mitgliedern und anderen Compliance-Stakeholdern; 2018
Sechs Tipps, die Ihnen eine nachhaltige Corporate Governance erleichtern:
- Hören Sie auf Ihr Bauchgefühl und stellen Sie kritische Fragen.
- Übernehmen Sie eine Vorbildrolle.
- Sprechen Sie mit den Mitarbeitenden im Unternehmen.
- Bringen Sie Ihre Vorstellungen aktiv ein und stossen Sie Veränderungen an.
- Sorgen Sie für eine operative Verankerung Ihrer internen Vorgaben an der Front.
- Bündeln und Stärken Sie die Kräfte Ihrer Second Line of Defence.