Ivana Vidakovic,
Co-Head of Employment Law, PwC Switzerland
Beim klassischen Personalverleih arbeitet der Arbeitnehmende nicht im Betrieb der Arbeitgeberin, sondern in einem Betrieb eines Dritten (Einsatzbetrieb). Die Arbeitgeberin bleibt aber weiterhin formelle Arbeitgeberin und ist folgerichtig auch zur Zahlung des Lohnes und zur Entrichtung der sozialversicherungsrechtlichen Abgaben ihres Angestellten verpflichtet. Charakteristisch für den Personalverleih ist, dass die Arbeitgeberin ihr Recht, dem Arbeitnehmenden Weisungen zu erteilen, an den Dritten (Einsatzbetrieb) überträgt.
Gemäss Gesetz benötigen Arbeitgeber (Verleiher), die Dritten (Einsatzbetrieben) gewerbsmässig Arbeitnehmer überlassen, eine Bewilligung des kantonalen Arbeitsamtes.
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Damit eine Bewilligungspflicht gegeben ist, muss der Personalverleih gewerbsmässig erfolgen. Gewerbsmässig bedeutet nicht, dass das Unternehmen als Personalverleihunternehmen konzipiert ist und den entsprechenden Zweck in den Gesellschaftsstatuten aufführen muss. Vielmehr ist der Begriff der Gewerbsmässigkeit in der Verordnung zum Gesetz klar definiert:
«Gewerbsmässig verleiht, wer Arbeitnehmer Einsatzbetrieben regelmässig und mit der Absicht überlässt, Gewinn zu erzielen, oder wer mit seiner Verleihtätigkeit einen jährlichen Umsatz von mindestens 100’000 Franken erzielt.»
Angesichts der Tatsache, dass beim konzerninternen Personalverleih in den meisten Fällen eine Gewinnabsicht fehlt und die Gewerbsmässigkeit damit entfällt, verfolgten das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO und mit ihm die kantonalen Arbeitsmarktbehörden bis Juni 2017 beim konzerninternen Personalverleih eine liberale Praxis. Entsprechend konnten Mitarbeiter problemlos und ohne Bewilligung von der einen Konzerngesellschaft an die andere verliehen werden. Einige Konzerne waren sogar dazu übergegangen, Gesellschaften zu gründen, deren einziger Zweck darin bestand, innerhalb des Konzerns bewilligungsfreien Personalverleih zu betreiben, um so die Personalbedürfnisse der Konzerngesellschaften flexibel zu decken.
Am 20. Juni 2017 erliess das SECO dann aber eine Weisung gegenüber den kantonalen Arbeitsmarktbehörden und führte darin spezifische Indizien auf, welche erfüllt sein müssen, damit ein konzerninterner Personalverleih weiterhin bewilligungsfrei erfolgen kann. Das SECO begründete diese Weisung mit der durchaus zutreffenden Tatsache, dass es nie die Absicht des Gesetzgebers gewesen sei, den konzerninternen Personalverleih generell von der Bewilligungspflicht zu befreien.
Gemäss der Weisung vom 20. Juni 2017 ist für die Beurteilung der Bewilligungspflicht bei einem konzerninternen Personalverleih nicht das Kriterium der in der Verordnung definierten Gewerbsmässigkeit relevant, sondern die nachstehend aufgeführten Indizien:
«Im Sinn eines Ausnahmetatbestands kann der Personalverleih innerhalb des Konzerns bewilligungsfrei zugelassen werden, wenn es sich um einen Einzelfall handelt und ausschliesslich den Erwerb von Erfahrungen in fachlicher, sprachlicher oder anderweitiger Hinsicht fordert, dem Know-how-Transfer innerhalb des Konzerns dient oder gelegentlich vorkommt. Die nachfolgend aufgeführten Kriterien können ein Indiz für einen bewilligungsfreien konzerninternen Personalverleih sein:
Wesentlich ist zunächst die Feststellung, dass es sich bei diesen Indizien nicht um starr festgelegte Regeln handelt, die kumulativ und absolut erfüllt sein müssen. Die beispielhafte Auflistung von typischen Merkmalen eines bewilligungsfreien konzerninternen Personalverleihs soll den kantonalen Arbeitsmarktbehörden vielmehr die Arbeit bei der Identifikation eines solchen Verleihs erleichtern.
Damit schafft diese Regelung des SECO aber auch eine erhebliche Rechtsunsicherheit. Ausserdem qualifiziert die Weisung des SECO weder als Gesetz im formellen Sinn noch als eine Verordnung des Bundesrates. Auch wenn man gegenüber dem SECO Verständnis aufbringen kann, dass es im Jahr 2017 rasch intervenieren musste, um eine gesetzlich nicht vorgesehene Unternehmenspraxis beim konzerninternen Personalverleih zu beenden, ist es nach mittlerweile fünf Jahren in rechtsstaatlicher Hinsicht bedenklich und auch sonst unbefriedigend, dass dieser für die Praxis wichtige Gegenstand immer noch nicht auf Gesetzes- und Verordnungsstufe geregelt ist.
Das Arbeitsvermittlungsgesetz (AVG), das den Personalverleih auf Gesetzesstufe regelt, bestimmt Folgendes:
«Für den Personalverleih ins Ausland ist neben der kantonalen Bewilligung zusätzlich eine Betriebsbewilligung des SECO nötig. Der Personalverleih vom Ausland in die Schweiz ist nicht gestattet.»
Diese Bestimmung bedarf in Bezug auf den konzerninternen Personalverleih von der Schweiz ins Ausland einer Präzisierung. Sind die oben aufgeführten Kriterien nämlich erfüllt, bedarf der konzerninterne Personalverleih ins Ausland weder einer kantonalen noch einer Bewilligung des SECO. Dies hält das SECO in seiner Weisung ausdrücklich fest:
«Spielt sich ein grenzüberschreitender Personalverleih innerhalb des oben erläuterten Rahmens ab, kann dieser – entgegen der gesetzlichen Bestimmung von Art. 12 Abs. 2 AVG – ebenfalls bewilligungsfrei zugelassen werden.»
Zum umgekehrten Fall, namentlich wenn ein konzerninterner Personalverleih aus dem Ausland in die Schweiz erfolgen soll, äussert sich die Weisung leider nicht. Hier gilt trotz der apodiktischen gesetzlichen Regelung, welche den Personalverleih vom Ausland in die Schweiz nicht gestattet, dasselbe: Wenn der konzerninterne Personalverleih vom Ausland in die Schweiz so ausgestaltet ist, dass er nach den oben aufgeführten SECO-Kriterien bewilligungsfrei erfolgen kann, ist er zulässig.
Konzerne, die Mitarbeitende von ausländischen Konzerngesellschaften an schweizerische Konzerngesellschaften verleihen, sind daher gehalten, die vom SECO in seiner Weisung definierten Indizien einzuhalten, um einen verbotenen Personalverleih aus dem Ausland zu verhindern. Zuwiderhandlungen gegen die Bewilligungspflicht sowie gegen das Verbot des Personalverleihs vom Ausland in die Schweiz können Strafsanktionen zur Folge haben (Bussen für den Verleiher bis zu 100‘000 CHF, für den Entleiher bis zu 40‘000 CHF).
Als Alternative zu einem Personalverleih kann sich auch eine Entsendung anbieten. Bei einer Entsendung wird in der Regel ein Mitarbeitender für die Dauer von meistens ein bis zwei Jahren, seltener für mehr als drei Jahre, in ein Unternehmen im Ausland entsandt. Bei einer Entsendung bleibt der Arbeitnehmende in der Regel dem Sozialversicherungssystem seines ursprünglichen Wohnsitzstaates unterstellt. Das Weisungsrecht wird – anders als beim Personalverleih – nicht übertragen. Der Mitarbeitende befindet sich in den Diensten seiner Arbeitgeberin im Ausland, wo er auf der Grundlage eines Dienstleistungsvertrages zwischen den beiden Unternehmen eine bestimmte Arbeit verrichtet. Begleitet wird eine Entsendung regelmässig mit einer Entsendevereinbarung zwischen der Arbeitgeberin und dem Arbeitnehmenden, die zu einer Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag wird. Darin sind unterschiedlichste Dinge geregelt wie etwa die Umzugs- und Wohnkosten. Die Entsendung eines Mitarbeitenden von einer ausländischen Konzerngesellschaft in eine schweizerische ist grundsätzlich ohne Bewilligung möglich. Einzuhalten sind selbstverständlich die Vorschriften des Entsendegesetzes, welches die minimalen Arbeits- und Lohnbedingungen regelt.
Bei der konzerninternen Bereitstellung von Mitarbeitenden im internationalen Kontext muss unter Berücksichtigung der arbeitsrechtlichen Vorgaben (wie etwa der Regeln über den konzerninternen Personalverleih und die Entsendung) die geeignete Konzeption gewählt werden. Bei dieser Wahl ist aber nicht nur das schweizerische Arbeitsrecht massgeblich. Es sind auch Vorgaben des ausländischen Arbeitsrechts, des Sozialversicherungsrechts, des Datenschutzes und des Migrationsrechts zu beachten. Zudem sind gegebenenfalls auch spezifische regulatorische Rahmenbedingungen einzuhalten (so z.B. in der Finanzindustrie). Oftmals haben diese Zusammenarbeitsformen auch erhebliche steuerliche Konsequenzen und sind in der Lohnbuchhaltung korrekt umzusetzen.
Als PwC Schweiz verfügen wir über Spezialistinnen und Spezialisten in allen genannten Themenbereichen und können so zusammen mit unserem globalen Netzwerk von PwC-Partnerfirmen massgeschneiderte Lösungen für unsere Kunden entwickeln und umsetzen.
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