Mobility Pricing: Politische Akzeptanz ist erfolgsentscheidend

Philipp Roth

Gabriele D'Achille
Director, Head of
Transportation and Logistics
PwC Schweiz

Sebastian Singler

Ramon Christen
Manager
Government and Public Sector
PwC Schweiz

Lukas Willi

Selina Lehmann
Consultant
Government and Public Sector
PwC Schweiz

Mit der Einführung von Mobility Pricing sollen der Verkehr gleichmässiger verteilt und die Infrastruktur ausgewogener ausgelastet werden. Nicht nur die technische Umsetzung von Mobility Pricing muss durchdacht sein. Auch die politische Akzeptanz des Systems ist erfolgsentscheidend. Hier zeigen wir, welche Anspruchsgruppen überzeugt werden müssen.

Mobility Pricing ist ein planmässiges Gebührensystem über sämtliche Verkehrsarten hinweg, also für öffentlichen Verkehr, Individualverkehr, Güterverkehr und andere. In der Schweiz gibt es bereits seit einigen Jahren Bestrebungen, Komponenten von Mobility Pricing einzuführen. Mittlerweile entschied das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) drei Machbarkeitsstudien in den Kantonen Genf und Thurgau sowie der Stadt Biel zu unterstützen. Zwei weitere Machbarkeitsstudien erarbeitet die SBB einerseits und der Bund in Zusammenarbeit mit den Kantonen Aargau und Zug andererseits.

Ein Schlüsseltreiber für die Einführung von Mobility Pricing sind die versiegenden Einnahmen aus der Mineralölsteuer: Da immer mehr Elektroautos unterwegs sind, werden die Einkünfte des Bundes bis 2030 um voraussichtlich 15% sinken; wie stark die Einnahmen für die Kantone sinken, hängt von deren Ausgestaltung der Motorfahrzeugsteuer ab, welche bei den Kantonen rund 70% der Einnahmen für den Bau und Unterhalt der Strasseninfrastruktur ausmacht. Zudem dürfte die Nachfrage nach Mobilität weiter steigen. So werden Massnahmen zur Verkehrssteuerung immer wichtiger.

In unserer Publikation «Road Pricing: Ideal für die Infrastrukturfinanzierung und Verkehrslenkung in der Schweiz?» diskutieren wir die Aussichten für das Thema Mobility Pricing in der Schweiz. Dabei wird insbesondere deutlich, dass neben den technischen und regulatorischen Herausforderungen die politische Akzeptanz ein zentraler Erfolgsfaktor für eine erfolgreiche Umsetzung ist.

Um das in der Schweiz erforderliche Volks- und Ständemehr zu erreichen, müssen die Gewinner des Mobility Pricing überwiegen. Dazu lohnt es sich, die wesentlichen Anspruchsgruppen und deren unterschiedliche Interessen zu kennen und zu priorisieren.

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Stimmberechtigte gewinnen

Für Mobility Pricing sind grundsätzlich zwei Anspruchsgruppen relevant: Verkehrsteilnehmende und regulierende Behörden. Während erstere ihre Meinung an der Urne kundtun, müssen letztere die Umsetzung vorantreiben.

Die Verkehrsteilnehmenden haben unterschiedliche Interessen. Pendler:innen zum Beispiel sind auf den günstigen Transport aus ländlichen Regionen in die Stadt angewiesen. 2021 reisten 71 Prozent der Arbeitspendler:innen von ihrem Wohnort in eine andere Gemeinde zur Arbeit1. Die städtische Bevölkerung hingegen wünscht sich weniger Verkehrsteilnehmende, etwa durch einen dichter getakteten Fahrplan. Daraus klafft ein typischer Stadt-Land-Graben auf, den die Verantwortlichen mit einer intelligenten Ausgestaltung des Mobility Pricings schliessen müssen. Nicht zu vergessen ist ferner der Gewerbeverkehr. Dieser gehört ebenfalls zu den Verkehrsteilnehmenden. Hier könnte gerade das Kleingewerbe befürchten, dass sein Profit wegen steigender Verkehrspreise und fehlender Ausweichmöglichkeiten sinkt.

Um die Verkehrsteilnehmenden politisch zu überzeugen, müssen die Gewinner des Systems überwiegen. Dabei hilft ein einfaches, nachvollziehbares – wenn auch nicht zu 100% dem ökonomischen Lehrbuch folgendes – System, das möglichst sozialverträglich ausgestaltet wird. Eine Zweckbindung der Einnahmen aus dem Mobility Pricing kann helfen, dass die Stimmberechtigten nicht das Gefühl haben, das Geld «versickere» im Staat, sondern es kommt ihnen anderweitig direkt zugute.

Finanz- und verkehrspolitische Aufgaben adressieren

Die regulierenden Behörden bilden die zweite grosse Anspruchsgruppe, die den politischen Erfolg des Mobility Pricings massgeblich beeinflusst. Auch für die zuständigen Behörden auf Bundes-, Kantons- und Städteebene müssen sich Vorteile aus dem Mobility Pricing ergeben.

Hier kommt ein finanzplanerisches Argument besonders zum Tragen: Einerseits ist grundsätzlich absehbar, dass die Einnahmen aus der Mineralölsteuer den Mittelbedarf für den Unterhalt der Strasseninfrastruktur langfristig nicht mehr decken werden. Mobility Pricing bietet eine Chance, neue Einnahmequellen zu erschliessen, um die Mobilitätsinfrastruktur zu finanzieren. Auf der anderen Seite kann Mobility Pricing der Lenkung der Verkehrsströme dienen.

Wie auch immer die Argumentation aussieht, die Verantwortlichen müssen zuerst ein übergeordnetes Ziel definieren (neue Einnahmequelle vs. Verkehrslenkung) und dieses dann klar kommunizieren. Nur so können sie das Stimmvolk politisch abholen.

 

1Vgl. «Pendlermobilität», Strukturerhebung, Bundesamt für Statistik, 2023


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