Was bedeutet "Netto-Null" für Ihren Abschluss?

Mögliche Auswirkungen auf die Rechnungslegung

Ralf Hofstetter

David Baur
Leiter Corporate Reporting Services
PwC Switzerland

Ralf Hofstetter

Sebastian Gutmann
Senior Manager Corporate Reporting Services 
PwC Switzerland

In jüngerer Vergangenheit hat eine vermehrte Anzahl Unternehmen Netto-Null CO2 Emissionsziele kommuniziert. Dieser Beitrag thematisiert die Auswirkungen solcher Ankündigungen sowie jene von konkreten Massnahmen zum Erreichen der Ziele auf den Jahresabschluss unter IFRS® Accounting Standards, Swiss GAAP FER und Obligationenrecht. 

Im Rahmen des Pariser Klimaabkommens von 2015 hat sich die internationale Staatengemeinschaft darauf geeinigt, die Erderwärmung im Vergleich zur vorindustriellen Zeit auf deutlich unter 2 Grad Celsius zu begrenzen, wobei ein maximaler Temperaturanstieg von 1.5 Grad Celsius angestrebt wird1. Gemäss einhelliger Meinung kann dies nur erreicht werden, wenn die globalen CO2 Emissionen bis 2050 netto-null betragen. Treibhausgasintensive Branchen wie beispielsweise Energieerzeugung oder Raffination unterstehen in Europa und anderen Teilen der Welt bereits seit geraumer Zeit dem so genannten Emissionshandel (im englischen häufig «Emission Trading» oder «Cap and Trade Scheme» bezeichnet). Dieser verfolgt das Ziel, CO2 Emissionszertifikate über Zeit zu verknappen, um einen Wandel hin zu weniger CO2 Ausstoss zu bewirken.

Ein relativ neues Phänomen ist jedoch, dass vermehrt auch Firmen ausserhalb der dem Emissionshandel unterstellten Branchen freiwillige, ambitionierte Klimaziele ausgeben. So mehrten sich in jüngerer Vergangenheit Pressemitteilungen, welche Netto-Null CO2 Emissionsziele bis beispielsweise 2030, 2040 oder 2050 kommunizierten. Notwendige Massnahmen, um ein Netto-Null Emissionsziel zu erreichen, variieren von Unternehmen zu Unternehmen. Sie beinhalten jedoch in aller Regel einen Mix aus Reduktion des CO2 Ausstosses und einer Kompensationsstrategie für unvermeidbare Restemissionen. Letzteres lässt sich beispielsweise durch den Kauf oder die Erzeugung von Emissionszertifikaten bewerkstelligen. Dieser Beitrag befasst sich mit buchhalterischen Auswirkungen für Unternehmen, welche nicht Teil eines «Cap and Trade Schemes» sind, sondern sich freiwillig ein Netto-Null Ziel gesetzt haben.

Rückstellungen für Netto-Null Verpflichtungen? 

Stellen Sie sich folgendes illustratives Beispiel vor: Im Rahmen der Generalversammlung des Geschäftsjahres 2022 im Frühjahr 2023 äussert sich der CEO eines Konzerns, dass der Konzern seine Geschäftstätigkeit per 1. Januar 2030 netto emissionsfrei tätigen wird. Der Konzern legt dieses so genannte Netto-Null Ziel ebenfalls im Nachhaltigkeitsbericht 2022 und auf seiner Website offen und führt darin detailliert aus, welche Massnahmen ergriffen werden, um dieses Ziel zu erreichen. Handelt es sich bei dieser Netto-Null Ankündigung um eine faktische Verpflichtung («Constructive Obligation») im Sinne von IAS 37 «Rückstellungen, Eventualverbindlichkeiten und Eventualforderungen», für die im Jahresabschluss 2023 eine Rückstellung erfasst werden muss?

Gemäss IAS 37 ist eine Rückstellung dann anzusetzen, wenn gegenwärtig eine faktische oder rechtliche Verpflichtung aus einem Ereignis in der Vergangenheit besteht, welche zu einem Abfluss von Ressourcen mit wirtschaftlichem Nutzen führen wird und dessen Höhe verlässlich geschätzt werden kann. Im vorliegenden Fall besteht zwar eine faktische Verpflichtung aufgrund der hinreichend spezifischen Ankündigung des Netto-Null Ziels, welche bei Dritten eine gerechtfertigte Erwartung weckt, dass es dieser Verpflichtung nachkommt. Jedoch ist nach Meinung der Autoren im Jahresabschluss 2022 keine Rückstellung zu erfassen, da keine gegenwärtige Verpflichtung aus einem Ereignis aus der Vergangenheit besteht. Der Konzern hat sich dazu verpflichtet, ab dem Geschäftsjahr 2030 netto emissionsfrei zu operieren. Folglich liegt das verpflichtende Ereignis in der Zukunft; es beginnt mit dem Fortführen der Geschäftstätigkeit ab dem 1. Januar 2030. Diese Logik folgt dem illustrativen Beispiel IE 6 zu IAS 37, das sinngemäss aussagt, dass ein wirtschaftlicher Anreiz bzw. Zwang zur Unternehmensfortführung noch keine gegenwärtige Verpflichtung begründet.

Obige Ausführungen gelten sinngemäss für Abschlüsse nach Swiss GAAP FER und OR. Im handelsrechtlichen Abschluss ist eine frühere Rückstellungserfassung nach Art. 960e Abs. 3 OR möglich, stellt aber die Bildung einer stillen Reserve dar. 

Reverse Factoring - Offenlegungspflichten unter IFRS® Accounting Standards

Für «Lieferantenfinanzierungen» oder auch «Reverse Factoring Arrangements» respektive «Supplier Finance Arrangements» genannt, sind ab 1. Januar 2024 zusätzliche Angaben im IFRS Abschluss offenzulegen. 

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Mögliche Auswirkungen von Massnahmen zum Erreichen von "Netto-Null" auf die Jahresrechnung

Massnahmenpakete zum Erreichen eines Netto-Null Ziels können sehr vielfältig sein. Umfang und Ausgestaltung hängen sehr stark von der betrieblichen Tätigkeit ab. Ein Energieerzeuger beispielsweise hat in aller Regel ein (absolut und relativ) höheres Mass an Einsparmöglichkeiten für CO2 Emissionen als ein Finanzdienstleister. Folglich unterscheiden sich auch die Massnahmenpakete mitunter deutlich. Nachfolgend wird auf einige mögliche Auswirkungen auf die Jahresrechnung eingegangen. Es handelt sich hierbei um keine abschliessende Auflistung, sondern lediglich um eine Auswahl.

Wandel operativer Strukturen

Je nach operativer Tätigkeit ist es denkbar, dass die Herstellung gewisser Produkte in der Zukunft als nicht mehr rentabel angesehen wird. Dies kann beispielsweise daraus resultieren, dass die Produktion sehr emissionsintensiv ist (die Margen jedoch eher gering) oder dass die Produktion aufgrund vorgelagerter Preiserhöhungen in der Lieferkette schlichtweg zu teuer wird. Dies kann Schliessungen oder Restrukturierungen von Produktionsstandorten nach sich ziehen. Sich daraus ergebende Rückstellungen sind entsprechend dem angewandten Rechnungslegungsstandard nach IAS 37 oder FER 23 «Rückstellungen» zu behandeln. Konzeptionell besteht unter diesen beiden Rechnungslegungsstandards kein Unterschied für die Erfassung von Restrukturierungsrückstellungen, es kann jedoch zu zeitlichen Differenzen bei der Erfassung kommen. Unter IAS 37 ist eine Restrukturierungsrückstellung zu erfassen, sobald ein formeller, detaillierter Plan der Restrukturierung vorliegt und dieser den von der Restrukturierung betroffenen Personen mitgeteilt wurde. Im Gegensatz dazu ist die Erfassung einer Restrukturierungsrückstellung unter Swiss GAAP FER in Anlehnung an das Beispiel 8 zum FER 23 bereits zum Zeitpunkt eines Entscheides des Verwaltungsrates vertretbar, sofern deren formelle Kommunikation oder Implementierung noch vor der Freigabe der Jahresrechnung stattgefunden hat.

Zudem ist zu beurteilen, ob das freiwillige Netto-Null Ziel mit den bilanzierten Vermögenswerten erreicht werden kann, oder ob diese kurz- oder mittelfristig ersetzt bzw. stillgelegt werden müssen. Kann das Netto-Null Ziel nicht mit den bilanzierten Vermögenswerten erreicht werden, so müsste eine Neubeurteilung des Buchwertes auf eine Wertberichtigung hin vorgenommen, sowie gegebenenfalls über eine kürzere Restnutzungsdauer abgeschrieben werden.

Angenommen, ein Unternehmen stellt im Jahr 2023 die drei Produkte A, B und C mittels je separaten Produktionslinien her, welche als Sachanlagen bilanziert sind. Um das Netto-Null Ziel zu erreichen, entscheidet die Geschäftsleitung, dass ab dem Geschäftsjahr 2026 nur noch Produkt A hergestellt wird. Die Geschäftsleitung erwartet, dass die Produktionslinie B umgerüstet werden kann, um zukünftig Produkt A zu produzieren, dass Produktionslinie C jedoch stillgelegt werden muss und maximal zum Schrottwert verkauft werden kann. Der Entscheid der Geschäftsleitung stellt einen Wertberichtigungsindikator dar, weshalb Produktionslinien B und C auf einen Wertberichtigungsbedarf hin überprüft werden müssen. Da die Produktionslinien keine eigenständigen Geldflüsse erwirtschaften, wird der Wertberichtigungstest auf der Stufe der kleinsten zahlungsmittelgenerierenden Einheit («CGU») durchgeführt. Der Wertberichtigungstest wird üblicherweise mittels einer «Discounted Cash Flow» («DCF») Methode erstellt. Im vorliegenden Beispiel ist es bedeutsam, dass dieser nicht unter der Annahme der Fortführung aller Produktionslinien basiert. Vielmehr muss der Wertberichtigungstest die Umrüstungskosten für Produktionslinie B beinhalten, sowie entsprechende Mindererträge bzw. Ertragsausfälle für den Zeitraum der Umrüstung widerspiegeln. Zudem sind für Produktionslinie C lediglich Geldflüsse bis Ende Geschäftsjahr 2025, sowie der Erlös aus Verkauf der Anlage zum Schrottwert zu berücksichtigen. 

Kauf von Emissionszertifikaten im freiwilligen Umfeld

Wie bereits eingangs erwähnt, wird ein Netto-Null Ziel für die meisten Unternehmen durch einen Mix aus Reduktion der eigenen Emissionen bzw. jener der Lieferkette und einem Zukauf von Emissionszertifikaten im Umfang der unvermeidbaren Restemissionen angestrebt werden. Ein Emissionszertifikat entspricht in der Regel der Reduktion oder Elimination von einer Tonne CO2 (oder anderem Treibhausgas) aus der Atmosphäre2. Emissionszertifikate sind in der Regel übertragbar oder können teilweise an (internationalen) Märkten gehandelt werden. Sie werden entweder von Behörden oder unabhängigen Zertifizierungsstellen ausgegeben und haben eine eindeutige Seriennummer, die es erlaubt, zu überprüfen, ob die Zertifikate bereits eingelöst worden sind3.

Die vertraglichen Grundlagen für Emissionszertifikate unterscheiden sich mitunter stark voneinander. Übertragbare, noch nicht eingelöste Emissionszertifikate erfüllen in aller Regel die Definition eines Aktivums, da sie bei Verkauf einen Zufluss von wirtschaftlichem Nutzen in Form von Geldzufluss bedeuten. Für nicht-übertragbare Zertifikate wird der Nachweis für einen messbaren zukünftigen wirtschaftlichen Nutzen jedoch schwierig und eine Aktivierung ist in der Regel nicht möglich. Zudem bestehen auch Zertifikate, welche bei Kauf sofort als eingelöst gelten, jedoch weder zertifiziert noch in einem zentralen Register erfasst sind. Diese Zertifikate sind beim Kauf sofort als Aufwand in der Erfolgsrechnung zu erfassen. Zusätzlich stellt sich die Frage, ob diese Zertifikate als Reduktion von eigenen Emissionen im Nachhaltigkeitsbericht berücksichtigt werden können, da es sich um keine, von unabhängiger Stelle, zertifizierten Emissionszertifikate handelt.

Sofern ein Emissionszertifikat als Vermögenswert qualifiziert, erfüllt es in der Regel die Definition eines immateriellen Vermögenswertes unter IAS 38 «Immaterielle Vermögenswerte» bzw. FER 10 «Immaterielle Werte». IAS 38 findet jedoch keine Anwendung, wenn der Vermögenswert in den Geltungsbereich eines anderen Standards fällt, wie dies beispielsweise der Fall ist, wenn das Emissionszertifikat die Definition eines Vorratsbestandteils nach IAS 2 «Vorräte» erfüllt.

Abbildungen 1 und 2 illustrieren die Klassifizierungs- und Bewertungsmöglichkeiten unter IFRS Accounting Standards und Swiss GAAP FER.

Behandlung von Emissionszertifikaten unter IFRS

Abbildung 1: Behandlung von Emissionszertifikaten unter IFRS Accounting Standards

Behandlung von Emissionszertifikaten unter Swiss GAAP FER

Abbildung 2: Behandlung von Emissionszertifikaten unter Swiss GAAP FER 

Unter diesen beiden anerkannten Standards der Rechnungslegung sind Emissionszertifikate entweder als Vorräte oder immaterieller Vermögenswert zu bilanzieren. Die Folgebewertung kann sich jedoch, je nach zu Grunde liegender Gegebenheiten, deutlich unterscheiden, da unter Swiss GAAP FER eine Bilanzierung von Vorräten zum Fair Value oder von immateriellen Vermögenswerten unter dem Neubewertungsmodell nicht möglich ist.

In der OR-Jahresrechnung dürfen alle Aktiven mit beobachtbaren Marktpreisen in einem aktiven Markt zum Fair Value bewertet werden, ungeachtet, ob es sich beim zu Grunde liegenden Vermögenswert um Vorräte oder einen immateriellen Vermögenswert handelt. Die betriebliche Tätigkeit des Unternehmens ist dabei nicht ausschlaggebend. Aufgrund der Möglichkeit der Erfassung einer Wertschwankungsreserve (Art. 960b Abs. 2 OR) besteht für Unternehmen zudem die Möglichkeit, den buchhalterischen Ansatz und die Folgebewertung der Emissionszertifikate im OR an die Verbuchung im anerkannten Standard anzupassen und somit temporäre Differenzen zu vermeiden. 

Behandlung von Emissionszertifikaten unter OR

Abbildung 3: Behandlung von Emissionszertifikaten unter OR 

Unabhängig vom Rechnungslegungsstandard werden Emissionszertifikate über das zentrale Register der Ausgabebehörde eingelöst. Sobald die Einlösung im Register vermerkt ist, sind die Zertifikate nicht mehr handelbar und der Vermögenswert muss zu Lasten der Erfolgsrechnung ausgebucht werden.

Erzeugung von Emissionszertifikaten im freiwilligen Umfeld

Vereinfacht ausgedrückt entstehen Emissionszertifikate im Rahmen eines regulierten Zertifizierungsprozesses, in dem eine unabhängige Behörde entweder bestätigt, dass aufgrund von Prozessoptimierung beim Emittenten weniger Emissionen freigesetzt wurden als bisher («Reduktionsprozess») oder dass Emissionen beseitigt wurden («Beseitigungsprozess»). Derzeit werden Emissionszertifikate überwiegend von s.g. Projektunternehmen generiert. Geläufige Beispiele hierfür sind Unternehmen, welche Wiederaufforstung betreiben oder mittels neuartiger Technologien CO2 in anderen Stoffen binden und anschliessend, vorzugsweise unterirdisch, lagern können. Da diese Projektunternehmen in der Regel bereits CO2 neutral operieren, erzeugen sie die Zertifikate für den Verkauf. Als solches ist für sie je nach Rechnungslegungsstandard IAS 2 bzw. FER 17 «Vorräte» massgebend für die buchhalterische Behandlung. Denkbar wäre auch die Erfassung als immaterieller Vermögenswert, beispielsweise für die konsolidierte Jahresrechnung eines Konzerns, welcher ein Projektunternehmen das Zertifikate erzeugt, kontrolliert und die Zertifikate zum Emissionsausgleich innerhalb des Konzerns nutzt. An dieser Stelle sei erwähnt, dass sowohl IAS 38 als auch FER 10 für selbstgenerierte immaterielle Vermögenswerte strengere Aktivierungsrichtlinien4 vorgeben als für gekaufte.

Die buchhalterische Behandlung von selbsterzeugten Emissionszertifikaten kann mitunter sehr anspruchsvoll sein, da der Entstehung des Zertifikats in aller Regel entweder ein technologischer oder biologischer Prozess vorgelagert ist. Nehmen wir folgendes illustratives Beispiel. Ein Projektunternehmen beschäftigt sich mit der Wiederaufforstung einer definierten Fläche des Regenwaldes. Hierzu wurden im Jahr 2010 Bäume gepflanzt und seither regelmässig Unterhaltsarbeiten vorgenommen, z.B. Massnahmen gegen illegale Abholzung. Im Jahr 2023 sind die Bäume erstmals gross genug, um von einer unabhängigen Behörde im Hinblick auf die Ausgabe von CO2 Emissionszertifikaten beurteilt zu werden. Dem Projektunternehmen werden im Jahr 2023 100 Emissionszertifikate attestiert, welche entsprechend im Register der Zertifizierungsbehörde erfasst werden und am Markt handelbar sind.

Das Projektunternehmen muss sich in den ersten Jahren überlegen, wie die Bäume buchhalterisch zu behandeln sind. Unter IFRS Accounting Standards ist es denkbar, dass Bäume als biologische Vermögenswerte unter IAS 41 «Landwirtschaft» erfasst werden, als fruchttragende Pflanzen («Bearer Plants») unter IAS 16 «Sachanlagen», oder als sonstiges Anlagevermögen ohne Bezug zu einer landwirtschaftlichen Tätigkeit. Die Klassifizierung wird von der beabsichtigten Nutzung bestimmt. Je nach Klassifizierung ergibt sich eine deutlich unterschiedliche Folgebewertung, da biologische Vermögenswerte zum Fair Value bewertet werden, fruchttragende Pflanzen und sonstiges Anlagevermögen jedoch zu fortgeführten Anschaffungskosten. Im vorliegenden Beispiel handelt es sich um ein Wiederaufforstungsprojekt, welches keiner landwirtschaftlichen Tätigkeit zuzuordnen ist. Daher werden die Bäume in diesem Fall nicht zum Fair Value bilanziert. Eine weitere Herausforderung stellt die Bilanzierung der Emissionszertifikate im Jahr 2023 dar. Da das Projektunternehmen die Zertifikate im Rahmen der betrieblichen Tätigkeit verkaufen möchte, qualifizieren diese als Vorräte. Unter IAS 2 müssen die Zertifikate zum tieferen Wert aus Anschaffungs- und Herstellungskosten und dem Netto-Veräusserungswert bilanziert werden. Im vorliegenden Fall lässt sich der Netto-Veräusserungswert einfach ermitteln, da ein aktiver Markt besteht. Allerdings birgt die Ermittlung der Anschaffungs- und Herstellungskosten eine gewisse Komplexität welche auch von der zugrundeliegenden Behandlung der Bäume (zu AHK oder Fair Value) abhängig ist. Zu den Anschaffungs- und Herstellungskosten von Vorräten gehören im Allgemeinen die Erwerbskosten, sowie sonstige Kosten der Herstellung bzw. Weiterverarbeitung. Im vorliegenden Beispiel beinhalten die Herstellungskosten beispielsweise die Kosten für die Zertifizierung und Registrierung der Emissionszertifikate, direkte Personalkosten, sowie gegebenenfalls anteilige Abschreibungen der für diesen Prozess verwendeten Anlagen. Für eine zuverlässige Erfassung und Allokation der Kosten auf die erstellten Zertifikate bedarf es daher eines wirksamen Projektcontrollings.

Diese Überlegungen hinsichtlich der Ermittlung der Anschaffungs- und Herstellungskosten gelten sinngemäss unter Swiss GAAP FER und OR. Allerdings ist eine Erfassung der Bäume als biologischer Vermögenswert mit einer Folgebewertung zum Fair Value nicht zulässig.

Realisierung von Verkaufsgewinnen bei Sale-and-Leaseback Transaktionen

Die Bilanzierung von Sale-and-Leaseback Transaktionen unter IFRS® Accounting Standards hängt davon ab, ob der zugrundeliegende Vermögenswert tatsächlich verkauft wird.

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Fazit

Die möglichen buchhalterischen Auswirkungen zum Erreichen eines Netto-Null Ziels sind vielfältig und hängen sehr stark von der betrieblichen Tätigkeit des Unternehmens sowie von den eingeleiteten Massnahmen ab. Emissionszertifikate spielen für das Erreichen eines Netto-Null Ziels eine zentrale Rolle. Deren buchhalterische Behandlung unterscheidet sich je nach Rechnungslegungsstandard deutlich. Die Erfassung der Emissionszertifikate als Vorräte oder als immaterieller Vermögenswert hängt von der beabsichtigten betrieblichen Nutzung ab. Je nach Faktenlage, bestehen in den IFRS Accounting Standards und im OR Wahlrechte für die Folgebewertung, was die Vergleichbarkeit zwischen Unternehmen erschweren kann. Folglich sind eine aussagekräftige Offenlegung der Rechnungslegungsgrundsätze und weiterführende Angaben im Anhang des Abschlusses von zentraler Bedeutung.

1 Bundesamt für Umwelt: Das Übereinkommen von Paris, https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/klima/fachinformationen/klima--internationales/das-uebereinkommen-von-paris.html, Zugriff am 7. Februar 2023.

2 Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten EDA: Emissionshandel, https://www.eda.admin.ch/europa/de/home/bilaterale-abkommen/ueberblick/bilaterale-abkommen-nach-2004/emissionshandel.html, Zugriff am 7. Februar 2023.

3 PwC: Emission trading systems, https://www.pwc.com/gx/en/emissions-trading-systems/pdf/emissions-trading-systems_ieta.pdf, Zugriff am 7. Februar 2023.

4 IAS 38 Paragraf 51ff. bzw. FER 10 Ziffer 4ff.

Dieser Artikel erschien bereits im Expert Focus im Juni 2023. 


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David Baur

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