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Christophe Bourgoin
Partner, Investor Reporting and Sustainability Platform Leader, PwC Switzerland
Verhalten wir uns nachhaltig? Wer eine ehrliche Antwort auf diese Frage geben möchte, muss eine Reihe von strategischen Schlüsselthemen unter die Lupe nehmen, die in der Summe in einem klimafreundlichen Verhalten und einem konkreten Beitrag zu einer nachhaltig grüneren Wirtschaft resultieren. Dazu gehören:
Unter Dekarbonisierung werden sämtliche Bestrebungen eines Unternehmens zusammengefasst, die Treibhausgasemissionen innerhalb der Wertschöpfungskette auf null zu reduzieren (Netto-Null). Betroffen sind direkte und indirekte Emissionen und solche, die explizit vor- und nachgelagert zum Unternehmen entstehen (genannt «Scope 1, 2 und 3»). Im Hinblick auf die regulatorischen Rahmenbedingungen (vgl. Wandel braucht einen Rahmen, PwC, 2021) stellt die Dekarbonisierung für ein Unternehmen eine strategische Zielsetzung dar und dient als Ankerpunkt für entsprechende Anpassungen auf geschäftsstrategischer und operativer Ebene.
Wer Emissionsneutralität anstrebt, muss seine gesamte Wertschöpfung innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens dekarbonisieren. Dieser Prozess ist an einer klar definierten Absenkkurve ausgerichtet, wobei Ausgleichsmassnahmen Emissionen aus der Atmosphäre aktiv entfernen und nicht nur reduzieren müssen. Da die Dekarbonisierung jedes Glied der Wertschöpfungskette betrifft, muss ein Unternehmen nicht nur sich selber, sondern auch Lieferanten und Kunden an seinen angestrebten Emissionszielen orientieren. Schliesslich gehört zu einem Netto-Null-Engagement, dass das Unternehmen sich an der öffentlichen politischen Diskussion beteiligt, um einen breit angelegten Übergang zu einer grünen Wirtschaft zu beschleunigen. Ein Zusammenspiel aller Akteure ist unbedingt notwendig.
Netto-Null ist ein anspruchsvolles Ziel am Ende eines langen Wegs. Auf diesem gilt es zahlreiche Hindernisse auszuräumen. Wer sein Unternehmen zur Emissionsneutralität transformieren will, sollte sich die nachfolgenden Aspekte vor Augen führen und seine Anspruchsgruppen mit entsprechenden Massnahmen in sein Netto-Null-Engagement einbinden:
Und nun? Diese Frage stellen sich die meisten Entscheidungsträger zu Beginn der Umsetzung eines Netto-Null-Engagements (vgl. Für eine grünere Schweizer Wirtschaft engagiert, PwC, 2020). Wir empfehlen ein Vorgehen in Schritten.
Der erste Schritt besteht in einer Bestandsaufnahme. Eine solche hilft, die Emissionsschwerpunkte entlang der Wertschöpfungskette zu erkennen und gezielt zu adressieren (vgl. Abbildung). Für die meisten Industrien sind nebst direkt oder indirekt kontrollierten Emissionen vor allem jene aus der Beschaffung von Produkten und Dienstleistungen relevant.
Abbildung: Die Errechnung des effektiven Absenkpfads geht von einer Inventarisierung der Ist-Emissionssituation aus.
Der zweite Schritt umfasst das Ausformulieren konkreter Ziele zur Reduktion der Treibhausgasemissionen. Mit einer solchen Absenkkurve kann sich ein Unternehmen auf regulatorische Ambitionen wie die Schweizer Klimastrategie 2050 vorbereiten und ein Signal an seine Dialoggruppen senden. Dabei kann es seine Klimastrategie durch die Science Based Targets Initiative (SBTi) validieren lassen, was heute weltweit schon über 350 Grossunternehmen tun. SBTi ist eine Partnerschaft zwischen der Non-Profit-Organisation CDP, dem Global Compact der Vereinten Nationen, dem World Resources Institute (WRI) und dem World Wide Fund for Nature (WWF). Sie treibt ehrgeizige Klimamassnahmen im privaten Sektor voran, indem sie es Unternehmen ermöglicht, wissenschaftlich fundierte Emissionsreduktionsziele festzulegen und mit dem Ambitionsniveau des Pariser Abkommens abzustimmen.
Bei diesem Schritt gilt es zu analysieren, mit welchen Massnahmen sich die Treibhausgasemissionen kosteneffizient über die ganze Wertschöpfungskette reduzieren lassen. Dabei wird die Effizienz verschiedener Massnahmen miteinander verglichen. Ziel muss es sein, die Massnahmen gegenüber dem zeitlichen Rahmen auszugestalten – nicht möglichst schnell auf Netto-Null zu kommen.
Für die Umsetzung der Massnahmen als vierte Etappe ist es sinnvoll, einen Reduktionsfahrplan anzulegen. Dessen Ausgestaltung hängt wesentlich davon ab, wann welche Lösungen so kosteneffizient wie möglich realisierbar sind. Denn nicht jede Lösung ist schon heute zu attraktiven Preisen verfügbar, kann aber mittel- bis langfristig interessant und zentral werden.
Mit einer öffentlich zugänglichen Berichterstattung zur Nachhaltigkeit oder zu ökologischen, sozialen und Governance-Faktoren (ESG) legt ein Unternehmen unter anderem Informationen zu den hauseigenen Klimaauswirkungen und zu seinem Umgang mit dem Klimawandel gegenüber Dialoggruppen wie Finanzmarktakteuren, Kunden und der interessierten Öffentlichkeit offen. Gängige Berichtsstandards und Rahmenwerke wie die «Global Reporting Initiative» oder das «GHG Protocol» verlangen klimarelevante Informationen in strukturierter Form. Und der in Kraft getretene Gegenvorschlag zur Konzernverantwortungsinitiative (KVI) hat die Offenlegungspflichten weiter verschärft (vgl. Eine einzigartige Chance, zu einem verantwortungsvollen Vorbild für Unternehmen zu werden, PwC, 2020). Um Standards wie diese zu erfüllen, sollte ein Unternehmen ein Reporting von klimarelevanten Kennzahlen, Zielen, Konzepten, Chancen und Risiken schrittweise aufbauen und erweitern. Eine externe Prüfung dieser Offenlegung erhöht deren Glaubwürdigkeit.
Der Klimawandel kennt keine Grenzen, weder für Länder noch für Branchen und schon gar nicht für Menschen. So ist Klimaschutz eine globale Aufgabe, die alle Unternehmen in die Pflicht nimmt. Mit einem Netto-Null-Engagement können Entscheidungsträger ihren Anteil an der Herkulesaufgabe übernehmen. Wichtig dabei ist, dass sie sich der Hindernisse bewusst sind, das firmeneigene Dekarbonisierungsziel systematisch planen und gezielte Massnahmen ergreifen. Das letztlich auch mit dem Blick auf die Chancen, die sich dem Unternehmen durch ein solches Ziel bieten. In dieser Checkliste finden sich neun Schlüsselaktionen, die als Erstes anstehen.
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Partner, Finance Transformation Platform Leader and Sustainability Platform Leader, Zurich, PwC Switzerland
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